Was nun die Gesetze selbst betrifft, die Zaleu- kos (um Olymp. 29.) 1 dieser Stadt gegeben, so ist Ephoros Zeugniß besonders zu beachten, daß ihnen Kreta's, Sparta's und die Areopagitischen Institute zu Grunde lagen, die letzten im Criminalrecht 2. Des- wegen wird auch Zaleukos mit Thaletas, dem Kretischen Sühnpriester, in Verbindung gebracht, und der Geist seiner Gesetze sagte den Pythagoreern zu, welche von denselben Dorischen Sitten und Maximen ausgingen, wie später dem Pindar 3 und Platon 4. Aecht Do- risch, daher auch Spartiatisch 5, ist darin das strenge Verbot an alle Bürger, das Vaterland zu verlassen und in fremden Städten sich aufzuhalten 6, welches die andere Seite der Xenelasie bildet. Aechtdorisch ferner die Standhaftigkeit, mit der die Gesetzgebung behaup- tet und jede Aenderung erschwert wird 7. Sie arbei- tete auch sonst auf allen Wegen dem Jonischen Neote- rismus entgegen; und cum grano salis verstanden mag es wahr sein, daß man zu Lokri jeden Ankommenden strafte, der nach Neuigkeiten fragte 8. In Dorischem Geiste sind die Maaßregeln, die Güter möglichst un- veräußerlich zu machen 9. Denselben Charakter trägt die strenge Sittenordnung 10 und die Sittenaufsicht, wel- che die Nomophylaken übten, befugt zum Beispiel den
1 nach Euseb. vgl. Bentlei's Phalar. p. 340.
2 bei Str. 6, 260. n. 47. p. 150 Marx.
3 O. 10, 17.
4 Ti- mäos p. 20.
5 s. oben S. 224. Dasselbe Gesetz (poenaque mors posita est patriam mutare volenti) erwähnt Ovid. M. 15, 29. in der Gründungssage von Kroton; das Lokal scheint dort nach V. 19. Argos, aber vielleicht nur durch einen Mißverstand; ur- sprünglich glaube ich war es Sparta.
6 bei Stob. Serm. 42. p. 280.
7 Heyne p. 30.
8 Plut. de curios. p. 138.
9 oben S. 200.
10 z. B. das Verbot reinen Wein zu trin- ken, Aelian V. G. 2, 37. Vgl. Bd. 2. S. 449.
7.
Was nun die Geſetze ſelbſt betrifft, die Zaleu- kos (um Olymp. 29.) 1 dieſer Stadt gegeben, ſo iſt Ephoros Zeugniß beſonders zu beachten, daß ihnen Kreta’s, Sparta’s und die Areopagitiſchen Inſtitute zu Grunde lagen, die letzten im Criminalrecht 2. Des- wegen wird auch Zaleukos mit Thaletas, dem Kretiſchen Suͤhnprieſter, in Verbindung gebracht, und der Geiſt ſeiner Geſetze ſagte den Pythagoreern zu, welche von denſelben Doriſchen Sitten und Maximen ausgingen, wie ſpaͤter dem Pindar 3 und Platon 4. Aecht Do- riſch, daher auch Spartiatiſch 5, iſt darin das ſtrenge Verbot an alle Buͤrger, das Vaterland zu verlaſſen und in fremden Staͤdten ſich aufzuhalten 6, welches die andere Seite der Xenelaſie bildet. Aechtdoriſch ferner die Standhaftigkeit, mit der die Geſetzgebung behaup- tet und jede Aenderung erſchwert wird 7. Sie arbei- tete auch ſonſt auf allen Wegen dem Joniſchen Neote- rismus entgegen; und cum grano salis verſtanden mag es wahr ſein, daß man zu Lokri jeden Ankommenden ſtrafte, der nach Neuigkeiten fragte 8. In Doriſchem Geiſte ſind die Maaßregeln, die Guͤter moͤglichſt un- veraͤußerlich zu machen 9. Denſelben Charakter traͤgt die ſtrenge Sittenordnung 10 und die Sittenaufſicht, wel- che die Nomophylaken uͤbten, befugt zum Beiſpiel den
1 nach Euſeb. vgl. Bentlei’s Phalar. p. 340.
2 bei Str. 6, 260. n. 47. p. 150 Marx.
3 O. 10, 17.
4 Ti- maͤos p. 20.
5 ſ. oben S. 224. Daſſelbe Geſetz (poenaque mors posita est patriam mutare volenti) erwaͤhnt Ovid. M. 15, 29. in der Gruͤndungsſage von Kroton; das Lokal ſcheint dort nach V. 19. Argos, aber vielleicht nur durch einen Mißverſtand; ur- ſpruͤnglich glaube ich war es Sparta.
6 bei Stob. Serm. 42. p. 280.
7 Heyne p. 30.
8 Plut. de curios. p. 138.
9 oben S. 200.
10 z. B. das Verbot reinen Wein zu trin- ken, Aelian V. G. 2, 37. Vgl. Bd. 2. S. 449.
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Was nun die Geſetze ſelbſt betrifft, die Zaleu-
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Ephoros Zeugniß beſonders zu beachten, daß ihnen
Kreta’s, Sparta’s und die Areopagitiſchen Inſtitute
zu Grunde lagen, die letzten im Criminalrecht 2. Des-
wegen wird auch Zaleukos mit Thaletas, dem Kretiſchen
Suͤhnprieſter, in Verbindung gebracht, und der Geiſt
ſeiner Geſetze ſagte den Pythagoreern zu, welche von
denſelben Doriſchen Sitten und Maximen ausgingen,
wie ſpaͤter dem Pindar 3 und Platon 4. Aecht Do-
riſch, daher auch Spartiatiſch 5, iſt darin das ſtrenge
Verbot an alle Buͤrger, das Vaterland zu verlaſſen
und in fremden Staͤdten ſich aufzuhalten 6, welches die
andere Seite der Xenelaſie bildet. Aechtdoriſch ferner
die Standhaftigkeit, mit der die Geſetzgebung behaup-
tet und jede Aenderung erſchwert wird 7. Sie arbei-
tete auch ſonſt auf allen Wegen dem Joniſchen Neote-
rismus entgegen; und cum grano salis verſtanden mag
es wahr ſein, daß man zu Lokri jeden Ankommenden
ſtrafte, der nach Neuigkeiten fragte 8. In Doriſchem
Geiſte ſind die Maaßregeln, die Guͤter moͤglichſt un-
veraͤußerlich zu machen 9. Denſelben Charakter traͤgt
die ſtrenge Sittenordnung 10 und die Sittenaufſicht, wel-
che die Nomophylaken uͤbten, befugt zum Beiſpiel den
1 nach Euſeb. vgl. Bentlei’s Phalar. p. 340.
2 bei
Str. 6, 260. n. 47. p. 150 Marx.
3 O. 10, 17.
4 Ti-
maͤos p. 20.
5 ſ. oben S. 224. Daſſelbe Geſetz (poenaque
mors posita est patriam mutare volenti) erwaͤhnt Ovid. M.
15, 29. in der Gruͤndungsſage von Kroton; das Lokal ſcheint dort
nach V. 19. Argos, aber vielleicht nur durch einen Mißverſtand; ur-
ſpruͤnglich glaube ich war es Sparta.
6 bei Stob. Serm. 42.
p. 280.
7 Heyne p. 30.
8 Plut. de curios. p. 138.
9 oben S. 200.
10 z. B. das Verbot reinen Wein zu trin-
ken, Aelian V. G. 2, 37. Vgl. Bd. 2. S. 449.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/235>, abgerufen am 16.02.2025.
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