und Hyporcheme gingen gewiß nie nach hexametrischen Nomen; muß ja doch auch das Päonische Genus wenig- stens älter als Alkman sein, der schon Kretische Hexa- meter hat. In Alkman ist aber überhaupt schon eine große Fülle von Versmaaßen, wovon der Grund darin liegt, daß zu seiner Zeit Terpandros die Hellenische und Asiatische Musik vermittelt hatte; auch hatte jener Sänger selbst seiner Herkunft nach ohne Zweifel eine Hinneigung zur Lydischen Tonart, in der offenbar eine große Anzahl seiner Lieder, in denen das Logaödische vorwaltet, gesetzt waren 1; dazu kennt er Phrygische Melodieen 2. Seine mannigfachen Versmaaße sind aber selbst nur Ausdruck seiner vielseitigen Muse, die bald die Eötter in feierlichen Chören verehrt, bei de- nen er selbst mittanzend die süß und feierlich singen- den Jungfrauen anfleht, sein Alter zu unterstützen, bald an der Thüre des Brautgemachs muthwillige Lie- der voll blühenden Lebensgenusses aufführt, lund üppi- ger noch und schäkernder die Schönheit badender Mäd- chen preist, bald mit jovialer Laune Mahl und Wein besingt -- die allerunwidersprechlichste Widerlegung der einseitigen Vorstellung von düstrer Strenge und An- muthlosigkeit des Lebens in Sparta, wo man ja doch diese Lieder bis in Epaminondas Zeit mit Lust und Liebe sang 3.
1 Z. B. das herrliche Frgm. 10. bei Welck.
2 Frgm. 63.
3 Ein alter erotischer Dichter war auch Ametor von Eleutherna auf Kreta, Athen. 14, 638 b., von dem ein Geschlecht Kitharisten daselbst Ametoridai hieß. Hesych s. v., nach dem Athen. und Etym. M. 83, 15. zu verbessern sind. O tous Eilo- tas pepoiekos (Eupolis wohl nicht, sondern eher ein Dorischer Dichter, wie Athen. 9, 400 c. und besonders Herodian p. mon. lex. 10, 34. vgl. 26, 28. Dind. abnehmen lassen) klaat bei Athen.
und Hyporcheme gingen gewiß nie nach hexametriſchen Nomen; muß ja doch auch das Paͤoniſche Genus wenig- ſtens aͤlter als Alkman ſein, der ſchon Kretiſche Hexa- meter hat. In Alkman iſt aber uͤberhaupt ſchon eine große Fuͤlle von Versmaaßen, wovon der Grund darin liegt, daß zu ſeiner Zeit Terpandros die Helleniſche und Aſiatiſche Muſik vermittelt hatte; auch hatte jener Saͤnger ſelbſt ſeiner Herkunft nach ohne Zweifel eine Hinneigung zur Lydiſchen Tonart, in der offenbar eine große Anzahl ſeiner Lieder, in denen das Logaoͤdiſche vorwaltet, geſetzt waren 1; dazu kennt er Phrygiſche Melodieen 2. Seine mannigfachen Versmaaße ſind aber ſelbſt nur Ausdruck ſeiner vielſeitigen Muſe, die bald die Eoͤtter in feierlichen Choͤren verehrt, bei de- nen er ſelbſt mittanzend die ſuͤß und feierlich ſingen- den Jungfrauen anfleht, ſein Alter zu unterſtuͤtzen, bald an der Thuͤre des Brautgemachs muthwillige Lie- der voll bluͤhenden Lebensgenuſſes auffuͤhrt, lund uͤppi- ger noch und ſchaͤkernder die Schoͤnheit badender Maͤd- chen preist, bald mit jovialer Laune Mahl und Wein beſingt — die allerunwiderſprechlichſte Widerlegung der einſeitigen Vorſtellung von duͤſtrer Strenge und An- muthloſigkeit des Lebens in Sparta, wo man ja doch dieſe Lieder bis in Epaminondas Zeit mit Luſt und Liebe ſang 3.
1 Z. B. das herrliche Frgm. 10. bei Welck.
2 Frgm. 63.
3 Ein alter erotiſcher Dichter war auch Ametor von Eleutherna auf Kreta, Athen. 14, 638 b., von dem ein Geſchlecht Kithariſten daſelbſt Ἀμητοϱίδαι hieß. Heſych s. v., nach dem Athen. und Etym. M. 83, 15. zu verbeſſern ſind. Ὁ τοὺς Εἱλώ- τας πεποιηκὼς (Eupolis wohl nicht, ſondern eher ein Doriſcher Dichter, wie Athen. 9, 400 c. und beſonders Herodian π. μον. λεξ. 10, 34. vgl. 26, 28. Dind. abnehmen laſſen) klaat bei Athen.
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und Hyporcheme gingen gewiß nie nach hexametriſchen
Nomen; muß ja doch auch das Paͤoniſche Genus wenig-
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liegt, daß zu ſeiner Zeit Terpandros die Helleniſche
und Aſiatiſche Muſik vermittelt hatte; auch hatte jener
Saͤnger ſelbſt ſeiner Herkunft nach ohne Zweifel eine
Hinneigung zur Lydiſchen Tonart, in der offenbar eine
große Anzahl ſeiner Lieder, in denen das Logaoͤdiſche
vorwaltet, geſetzt waren 1; dazu kennt er Phrygiſche
Melodieen 2. Seine mannigfachen Versmaaße ſind
aber ſelbſt nur Ausdruck ſeiner vielſeitigen Muſe, die
bald die Eoͤtter in feierlichen Choͤren verehrt, bei de-
nen er ſelbſt mittanzend die ſuͤß und feierlich ſingen-
den Jungfrauen anfleht, ſein Alter zu unterſtuͤtzen,
bald an der Thuͤre des Brautgemachs muthwillige Lie-
der voll bluͤhenden Lebensgenuſſes auffuͤhrt, lund uͤppi-
ger noch und ſchaͤkernder die Schoͤnheit badender Maͤd-
chen preist, bald mit jovialer Laune Mahl und Wein
beſingt — die allerunwiderſprechlichſte Widerlegung der
einſeitigen Vorſtellung von duͤſtrer Strenge und An-
muthloſigkeit des Lebens in Sparta, wo man ja doch
dieſe Lieder bis in Epaminondas Zeit mit Luſt und
Liebe ſang 3.
1 Z. B. das herrliche Frgm. 10. bei Welck.
2 Frgm.
63.
3 Ein alter erotiſcher Dichter war auch Ametor von
Eleutherna auf Kreta, Athen. 14, 638 b., von dem ein Geſchlecht
Kithariſten daſelbſt Ἀμητοϱίδαι hieß. Heſych s. v., nach dem
Athen. und Etym. M. 83, 15. zu verbeſſern ſind. Ὁ τοὺς Εἱλώ-
τας πεποιηκὼς (Eupolis wohl nicht, ſondern eher ein Doriſcher
Dichter, wie Athen. 9, 400 c. und beſonders Herodian π. μον.
λεξ. 10, 34. vgl. 26, 28. Dind. abnehmen laſſen) klaat bei Athen.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/384>, abgerufen am 17.06.2024.
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