Heraklidischer Fürsten setzte: was denn besonders in Lysandros den Plan, die königliche Verfassung umzu- stürzen, erzeugt, und nebst andern Umständen die tief in seinem Gemüthe liegende Melancholie gezeitigt haben mag, die in seinen letzten Jahren seine starke Seele befallen hatte 1. Ein verwandter Charakter ist Der- kyllidas, ein Mann von ungemeinem praktischen Ta- lent, und dem seine Schlauheit, die indeß mit wackrer Gesinnung wohl bestand, den Zunamen Sisyphos ver- schaffte 2. Aber zur selben Zeit hatte Sparta auch noch Männer von der entgegengesetzten Art, in denen die einfache, wahrhafte, Dorische Sitte der alten Zeit lebendig und kräftig war, wie sich Plutarch von Kallikratidas ausdrückt 3. Wie Kallikratidas gleich im Anfange seiner Laufbahn mit Lysandros Anhang zu kämpfen hatte, und sich dessen Hetärie entschlossen widersetzte 4: so war er auch in seiner Gesinnung entschiedner Gegner derselben. Er verfluchte die Nothwendigkeit an den Thüren der Perser Subsi- dien erflehn zu müssen, handelte mit den Bundes- genossen aufrichtig und gradezu, verschmähte jede Macht und jedes Ansehn, das er nicht vom Staate hatte, wollte nichts durch Privatverbindungen und Freundschaften ausrichten, und erwies sich überall menschenfreundlich, großherzig und heldenmüthig: ein tadelloser Held, wenn man ihm nicht die vielleicht voreilige Selbstaufopferung bei den Arginusen zum Tadel drehen will 5. Aber es läßt sich begreifen, daß die Griechen Asiens die Tugend und Größe des jugend-
1 Plut. Lys. 1.
2 Xen. H. 3, 1, 8.
3 Lys. 5.
4 Vgl. mit Xen. besonders Plut. Lak. Ap. S. 210. sonst Diod. 13, 76. 97. vgl. Manso 2. S. 327 ff.
5 S. Plut. Pe- lop. 2.
Heraklidiſcher Fuͤrſten ſetzte: was denn beſonders in Lyſandros den Plan, die koͤnigliche Verfaſſung umzu- ſtuͤrzen, erzeugt, und nebſt andern Umſtaͤnden die tief in ſeinem Gemuͤthe liegende Melancholie gezeitigt haben mag, die in ſeinen letzten Jahren ſeine ſtarke Seele befallen hatte 1. Ein verwandter Charakter iſt Der- kyllidas, ein Mann von ungemeinem praktiſchen Ta- lent, und dem ſeine Schlauheit, die indeß mit wackrer Geſinnung wohl beſtand, den Zunamen Siſyphos ver- ſchaffte 2. Aber zur ſelben Zeit hatte Sparta auch noch Maͤnner von der entgegengeſetzten Art, in denen die einfache, wahrhafte, Doriſche Sitte der alten Zeit lebendig und kraͤftig war, wie ſich Plutarch von Kallikratidas ausdruͤckt 3. Wie Kallikratidas gleich im Anfange ſeiner Laufbahn mit Lyſandros Anhang zu kaͤmpfen hatte, und ſich deſſen Hetaͤrie entſchloſſen widerſetzte 4: ſo war er auch in ſeiner Geſinnung entſchiedner Gegner derſelben. Er verfluchte die Nothwendigkeit an den Thuͤren der Perſer Subſi- dien erflehn zu muͤſſen, handelte mit den Bundes- genoſſen aufrichtig und gradezu, verſchmaͤhte jede Macht und jedes Anſehn, das er nicht vom Staate hatte, wollte nichts durch Privatverbindungen und Freundſchaften ausrichten, und erwies ſich uͤberall menſchenfreundlich, großherzig und heldenmuͤthig: ein tadelloſer Held, wenn man ihm nicht die vielleicht voreilige Selbſtaufopferung bei den Arginuſen zum Tadel drehen will 5. Aber es laͤßt ſich begreifen, daß die Griechen Aſiens die Tugend und Groͤße des jugend-
1 Plut. Lyſ. 1.
2 Xen. H. 3, 1, 8.
3 Lyſ. 5.
4 Vgl. mit Xen. beſonders Plut. Lak. Ap. S. 210. ſonſt Diod. 13, 76. 97. vgl. Manſo 2. S. 327 ff.
5 S. Plut. Pe- lop. 2.
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Heraklidiſcher Fuͤrſten ſetzte: was denn beſonders in
Lyſandros den Plan, die koͤnigliche Verfaſſung umzu-
ſtuͤrzen, erzeugt, und nebſt andern Umſtaͤnden die tief
in ſeinem Gemuͤthe liegende Melancholie gezeitigt haben
mag, die in ſeinen letzten Jahren ſeine ſtarke Seele
befallen hatte 1. Ein verwandter Charakter iſt Der-
kyllidas, ein Mann von ungemeinem praktiſchen Ta-
lent, und dem ſeine Schlauheit, die indeß mit wackrer
Geſinnung wohl beſtand, den Zunamen Siſyphos ver-
ſchaffte 2. Aber zur ſelben Zeit hatte Sparta auch
noch Maͤnner von der entgegengeſetzten Art, in denen
die einfache, wahrhafte, Doriſche Sitte der alten
Zeit lebendig und kraͤftig war, wie ſich Plutarch von
Kallikratidas ausdruͤckt 3. Wie Kallikratidas
gleich im Anfange ſeiner Laufbahn mit Lyſandros
Anhang zu kaͤmpfen hatte, und ſich deſſen Hetaͤrie
entſchloſſen widerſetzte 4: ſo war er auch in ſeiner
Geſinnung entſchiedner Gegner derſelben. Er verfluchte
die Nothwendigkeit an den Thuͤren der Perſer Subſi-
dien erflehn zu muͤſſen, handelte mit den Bundes-
genoſſen aufrichtig und gradezu, verſchmaͤhte jede
Macht und jedes Anſehn, das er nicht vom Staate
hatte, wollte nichts durch Privatverbindungen und
Freundſchaften ausrichten, und erwies ſich uͤberall
menſchenfreundlich, großherzig und heldenmuͤthig: ein
tadelloſer Held, wenn man ihm nicht die vielleicht
voreilige Selbſtaufopferung bei den Arginuſen zum
Tadel drehen will 5. Aber es laͤßt ſich begreifen, daß
die Griechen Aſiens die Tugend und Groͤße des jugend-
1 Plut. Lyſ. 1.
2 Xen. H. 3, 1, 8.
3 Lyſ. 5.
4 Vgl. mit Xen. beſonders Plut. Lak. Ap. S. 210. ſonſt Diod.
13, 76. 97. vgl. Manſo 2. S. 327 ff.
5 S. Plut. Pe-
lop. 2.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/416>, abgerufen am 24.11.2024.
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