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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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(der nur gar zu oft einen höhern Organismus zerstört)
zu Veränderungen getrieben wurden. Unter den künst-
lerisch ausgebildeten Dialekten steht aber ohne Zweifel
der Homerische, soviel darin nicht ionisirt ist, jener Ur-
sprache am nächsten, die ehemals im Peloponnes wie
in Thessalien gegolten haben muß, und die im Dorischen,
Jonischen, Attischen auf mannigfache Weise umge-
wandelt ist. So ist z. B. der Genitiv der zweiten
Deklination in der Urform OIO, den der Thessalische
Dialekt (Eust. ad Il. 1, p. 96. R. Etymol. M. und
Gud. plur. loc. Phavorin Ecl. p. 296, 305. Dind.),
auch vielleicht der Böotische (nach einer Stelle der
Korinna) bewahrt hatte, auch noch im Lateinischen I
oder EI erkennbar, während das Dorische O, das Atti-
sche OU diesen Vokal grade verloren haben. Der
Nominativ der Maskulina erster Deklination auf A ist
Lateinisch, Homerisch, Dryopisch, Thessalisch, Böotisch,
Makedonisch, Eleisch -- bei den Doriern wohl nur sel-
ten und mehr zufällig (Maittaire p. 173 St.). Dagegen
ist z. B. das meiste eigentlich Böotische, obgleich Ae-
olisch, durchaus nicht der Ursprache angehörig, wie die
Umwandlung des OI und Oi in U, wo das Latein OE
oder O hat (nur für OI in Fällen I), und das EI für
E, auch wenn dies Verlängerung von A. Andrerseits
muß man sich auch in Acht nehmen, das Lateinische in
Fällen für die Urform zu nehmen, wo zwischen beiden
Sprachen schon ein Uebergang der Vocale statt gefun-
den hat. Auf ein merkwürdiges Beispiel führt folgende
Betrachtung. OPO, davon das Auge oppa Aeolisch
(Gregor. Kor. p. 580. Schäf.), ophthos Eleisch (Hesych
s. v. pemphthoi), optilos Spartanisch; Andre okkos,
daher oktallos Böotisch, Lateinisch oculus, wo sich
P und K eben so verhalten, wie in petures (Aeolisch)
quatuor, pemptos, quintus, poi, quo, pothi, ali-cubi
(wo das Dorische mit dem Latein stimmt). Und ferner
hat das Lateinische auch erstaunend viel Worte durch
die Bildung von den Campanischen und Dorischen
Griechen bekommen, die man von jener Ursprache schei-
den muß. So ist z. B. das Griechische asteios in
der Bedeutung von artig und scurril gewiß kein sehr
altes Wort, und doch hat es das Lateinische, richtig

(der nur gar zu oft einen hoͤhern Organismus zerſtoͤrt)
zu Veraͤnderungen getrieben wurden. Unter den kuͤnſt-
leriſch ausgebildeten Dialekten ſteht aber ohne Zweifel
der Homeriſche, ſoviel darin nicht ioniſirt iſt, jener Ur-
ſprache am naͤchſten, die ehemals im Peloponnes wie
in Theſſalien gegolten haben muß, und die im Doriſchen,
Joniſchen, Attiſchen auf mannigfache Weiſe umge-
wandelt iſt. So iſt z. B. der Genitiv der zweiten
Deklination in der Urform ΟΙΟ, den der Theſſaliſche
Dialekt (Euſt. ad Il. 1, p. 96. R. Etymol. M. und
Gud. plur. loc. Phavorin Ecl. p. 296, 305. Dind.),
auch vielleicht der Boͤotiſche (nach einer Stelle der
Korinna) bewahrt hatte, auch noch im Lateiniſchen Ι
oder ΕΙ erkennbar, waͤhrend das Doriſche Ω, das Atti-
ſche Οϒ dieſen Vokal grade verloren haben. Der
Nominativ der Maskulina erſter Deklination auf Α iſt
Lateiniſch, Homeriſch, Dryopiſch, Theſſaliſch, Boͤotiſch,
Makedoniſch, Eleiſch — bei den Doriern wohl nur ſel-
ten und mehr zufaͤllig (Maittaire p. 173 St.). Dagegen
iſt z. B. das meiſte eigentlich Boͤotiſche, obgleich Ae-
oliſch, durchaus nicht der Urſprache angehoͤrig, wie die
Umwandlung des ΩΙ und Ωι in ϒ, wo das Latein ΟΕ
oder Ο hat (nur fuͤr ΟΙ in Faͤllen Ι), und das ΕΙ fuͤr
Η, auch wenn dies Verlaͤngerung von Α. Andrerſeits
muß man ſich auch in Acht nehmen, das Lateiniſche in
Faͤllen fuͤr die Urform zu nehmen, wo zwiſchen beiden
Sprachen ſchon ein Uebergang der Vocale ſtatt gefun-
den hat. Auf ein merkwuͤrdiges Beiſpiel fuͤhrt folgende
Betrachtung. ΟΠΩ, davon das Auge ὂππα Aeoliſch
(Gregor. Kor. p. 580. Schaͤf.), ὂφϑος Eleiſch (Heſych
s. v. πεμφϑοί), ὂπτιλος Spartaniſch; Andre ὂκκος,
daher ὂκταλλος Boͤotiſch, Lateiniſch oculus, wo ſich
Π und Κ eben ſo verhalten, wie in πέτυρες (Aeoliſch)
quatuor, πέμπτος, quintus, ποῖ, quo, πόθι, ali-cubi
(wo das Doriſche mit dem Latein ſtimmt). Und ferner
hat das Lateiniſche auch erſtaunend viel Worte durch
die Bildung von den Campaniſchen und Doriſchen
Griechen bekommen, die man von jener Urſprache ſchei-
den muß. So iſt z. B. das Griechiſche ἀστεῖος in
der Bedeutung von artig und ſcurril gewiß kein ſehr
altes Wort, und doch hat es das Lateiniſche, richtig

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[512/0518] (der nur gar zu oft einen hoͤhern Organismus zerſtoͤrt) zu Veraͤnderungen getrieben wurden. Unter den kuͤnſt- leriſch ausgebildeten Dialekten ſteht aber ohne Zweifel der Homeriſche, ſoviel darin nicht ioniſirt iſt, jener Ur- ſprache am naͤchſten, die ehemals im Peloponnes wie in Theſſalien gegolten haben muß, und die im Doriſchen, Joniſchen, Attiſchen auf mannigfache Weiſe umge- wandelt iſt. So iſt z. B. der Genitiv der zweiten Deklination in der Urform ΟΙΟ, den der Theſſaliſche Dialekt (Euſt. ad Il. 1, p. 96. R. Etymol. M. und Gud. plur. loc. Phavorin Ecl. p. 296, 305. Dind.), auch vielleicht der Boͤotiſche (nach einer Stelle der Korinna) bewahrt hatte, auch noch im Lateiniſchen Ι oder ΕΙ erkennbar, waͤhrend das Doriſche Ω, das Atti- ſche Οϒ dieſen Vokal grade verloren haben. Der Nominativ der Maskulina erſter Deklination auf Α iſt Lateiniſch, Homeriſch, Dryopiſch, Theſſaliſch, Boͤotiſch, Makedoniſch, Eleiſch — bei den Doriern wohl nur ſel- ten und mehr zufaͤllig (Maittaire p. 173 St.). Dagegen iſt z. B. das meiſte eigentlich Boͤotiſche, obgleich Ae- oliſch, durchaus nicht der Urſprache angehoͤrig, wie die Umwandlung des ΩΙ und Ωι in ϒ, wo das Latein ΟΕ oder Ο hat (nur fuͤr ΟΙ in Faͤllen Ι), und das ΕΙ fuͤr Η, auch wenn dies Verlaͤngerung von Α. Andrerſeits muß man ſich auch in Acht nehmen, das Lateiniſche in Faͤllen fuͤr die Urform zu nehmen, wo zwiſchen beiden Sprachen ſchon ein Uebergang der Vocale ſtatt gefun- den hat. Auf ein merkwuͤrdiges Beiſpiel fuͤhrt folgende Betrachtung. ΟΠΩ, davon das Auge ὂππα Aeoliſch (Gregor. Kor. p. 580. Schaͤf.), ὂφϑος Eleiſch (Heſych s. v. πεμφϑοί), ὂπτιλος Spartaniſch; Andre ὂκκος, daher ὂκταλλος Boͤotiſch, Lateiniſch oculus, wo ſich Π und Κ eben ſo verhalten, wie in πέτυρες (Aeoliſch) quatuor, πέμπτος, quintus, ποῖ, quo, πόθι, ali-cubi (wo das Doriſche mit dem Latein ſtimmt). Und ferner hat das Lateiniſche auch erſtaunend viel Worte durch die Bildung von den Campaniſchen und Doriſchen Griechen bekommen, die man von jener Urſprache ſchei- den muß. So iſt z. B. das Griechiſche ἀστεῖος in der Bedeutung von artig und ſcurril gewiß kein ſehr altes Wort, und doch hat es das Lateiniſche, richtig

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/518>, abgerufen am 22.11.2024.