begriffen; indem es sich nach der einfachen und conse- quenten Regelmäßigkeit der Spartiatischen Einrichtun- gen mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen läßt, daß erstens die Phylen besondere Gegenden der Stadt in Besitz genommen, und diese wieder nach den Oben in kleinere Distrikte eingetheilt waren: was vielleicht durch die Notiz bestätigt wird, daß Agiadä ein Ort in Sparta hieß 1; so nannte sich aber die eine königliche Familie, welche sonach als Oba einem Distrikte der Stadt den Namen gegeben zu haben scheint.
Der Oben waren dreißig2, also zehn Hylleische, zehn Dymanatische, zehn Pamphylische. Von den er- sten müssen zwei den Heraklidischen Königshäusern an- gehört haben. Denn da die Geronten sammt den Kö- nigen 30 waren, und diese Zahl ohne Zweifel von der der Oben abhing und ausging: so folgt, daß die bei- den fürstlichen Geschlechter, obgleich von einem Stamm- vater sich ableitend, dessen ungeachtet in zwei verschie- dene Oben geschieden waren, und diese gewissermaßen durch sie vertreten oder repräsentirt wurden. Und fah- ren wir in dieser Weise zu schließen fort: so müssen wir, da es noch Herakliden außer den Königen in der Gerusie gab 3, auch noch mehrere Heraklidische Oben in Sparta annehmen: obgleich ich nicht der Meinung bin, daß etwa alle Hylleischen Geschlechter sich von Herakles selbst abgeleitet u. als Herakliden gegolten hätten.
4.
Was die Wirksamkeit und Bedeutung der Oben in dem Staatsleben anbetrifft: so war diese so groß und größer als die der Phratrien im ältern Athen. Denn erstens wurde die Volksversammlung einer Ly-
1 Hesych und Etym. M. 'Agiadai, wo aber für Sparta Lakonika steht. Wahrscheinlich in Pitana, s. Paus. 3, 14, 2.
2 Rhetra Lykurgs bei Plut. 6.
3 Diod. 11, 50. vgl. auch Plut. Lys. 24.
begriffen; indem es ſich nach der einfachen und conſe- quenten Regelmaͤßigkeit der Spartiatiſchen Einrichtun- gen mit großer Wahrſcheinlichkeit annehmen laͤßt, daß erſtens die Phylen beſondere Gegenden der Stadt in Beſitz genommen, und dieſe wieder nach den Oben in kleinere Diſtrikte eingetheilt waren: was vielleicht durch die Notiz beſtaͤtigt wird, daß Agiadaͤ ein Ort in Sparta hieß 1; ſo nannte ſich aber die eine koͤnigliche Familie, welche ſonach als Oba einem Diſtrikte der Stadt den Namen gegeben zu haben ſcheint.
Der Oben waren dreißig2, alſo zehn Hylleiſche, zehn Dymanatiſche, zehn Pamphyliſche. Von den er- ſten muͤſſen zwei den Heraklidiſchen Koͤnigshaͤuſern an- gehoͤrt haben. Denn da die Geronten ſammt den Koͤ- nigen 30 waren, und dieſe Zahl ohne Zweifel von der der Oben abhing und ausging: ſo folgt, daß die bei- den fuͤrſtlichen Geſchlechter, obgleich von einem Stamm- vater ſich ableitend, deſſen ungeachtet in zwei verſchie- dene Oben geſchieden waren, und dieſe gewiſſermaßen durch ſie vertreten oder repraͤſentirt wurden. Und fah- ren wir in dieſer Weiſe zu ſchließen fort: ſo muͤſſen wir, da es noch Herakliden außer den Koͤnigen in der Geruſie gab 3, auch noch mehrere Heraklidiſche Oben in Sparta annehmen: obgleich ich nicht der Meinung bin, daß etwa alle Hylleiſchen Geſchlechter ſich von Herakles ſelbſt abgeleitet u. als Herakliden gegolten haͤtten.
4.
Was die Wirkſamkeit und Bedeutung der Oben in dem Staatsleben anbetrifft: ſo war dieſe ſo groß und groͤßer als die der Phratrien im aͤltern Athen. Denn erſtens wurde die Volksverſammlung einer Ly-
1 Heſych und Etym. M. ᾽Αγιάδαι, wo aber fuͤr Sparta Lakonika ſteht. Wahrſcheinlich in Pitana, ſ. Pauſ. 3, 14, 2.
2 Rhetra Lykurgs bei Plut. 6.
3 Diod. 11, 50. vgl. auch Plut. Lyſ. 24.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0085"n="79"/>
begriffen; indem es ſich nach der einfachen und conſe-<lb/>
quenten Regelmaͤßigkeit der Spartiatiſchen Einrichtun-<lb/>
gen mit großer Wahrſcheinlichkeit annehmen laͤßt, daß<lb/>
erſtens die Phylen beſondere Gegenden der Stadt in<lb/>
Beſitz genommen, und dieſe wieder nach den Oben in<lb/>
kleinere Diſtrikte eingetheilt waren: was vielleicht durch<lb/>
die Notiz beſtaͤtigt wird, daß Agiadaͤ ein Ort in Sparta<lb/>
hieß <noteplace="foot"n="1">Heſych und <hirendition="#aq">Etym. M.</hi>᾽Αγιάδαι, wo aber fuͤr Sparta<lb/>
Lakonika ſteht. Wahrſcheinlich in Pitana, ſ. Pauſ. 3, 14, 2.</note>; ſo nannte ſich aber die eine koͤnigliche Familie,<lb/>
welche ſonach als Oba einem Diſtrikte der Stadt den<lb/>
Namen gegeben zu haben ſcheint.</p><lb/><p>Der Oben waren <hirendition="#g">dreißig</hi><noteplace="foot"n="2">Rhetra Lykurgs bei Plut. 6.</note>, alſo zehn Hylleiſche,<lb/>
zehn Dymanatiſche, zehn Pamphyliſche. Von den er-<lb/>ſten muͤſſen zwei den Heraklidiſchen Koͤnigshaͤuſern an-<lb/>
gehoͤrt haben. Denn da die Geronten ſammt den Koͤ-<lb/>
nigen 30 waren, und dieſe Zahl ohne Zweifel von der<lb/>
der Oben abhing und ausging: ſo folgt, daß die bei-<lb/>
den fuͤrſtlichen Geſchlechter, obgleich von einem Stamm-<lb/>
vater ſich ableitend, deſſen ungeachtet in zwei verſchie-<lb/>
dene Oben geſchieden waren, und dieſe gewiſſermaßen<lb/>
durch ſie vertreten oder repraͤſentirt wurden. Und fah-<lb/>
ren wir in dieſer Weiſe zu ſchließen fort: ſo muͤſſen<lb/>
wir, da es noch Herakliden außer den Koͤnigen in der<lb/>
Geruſie gab <noteplace="foot"n="3">Diod. 11, 50. vgl. auch<lb/>
Plut. Lyſ. 24.</note>, auch noch mehrere Heraklidiſche Oben<lb/>
in Sparta annehmen: obgleich ich nicht der Meinung<lb/>
bin, daß etwa <hirendition="#g">alle</hi> Hylleiſchen Geſchlechter ſich von<lb/>
Herakles ſelbſt abgeleitet u. als Herakliden gegolten haͤtten.</p></div><lb/><divn="3"><head>4.</head><lb/><p>Was die Wirkſamkeit und Bedeutung der Oben<lb/>
in dem Staatsleben anbetrifft: ſo war dieſe ſo groß<lb/>
und groͤßer als die der Phratrien im aͤltern Athen.<lb/>
Denn erſtens wurde die Volksverſammlung einer Ly-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[79/0085]
begriffen; indem es ſich nach der einfachen und conſe-
quenten Regelmaͤßigkeit der Spartiatiſchen Einrichtun-
gen mit großer Wahrſcheinlichkeit annehmen laͤßt, daß
erſtens die Phylen beſondere Gegenden der Stadt in
Beſitz genommen, und dieſe wieder nach den Oben in
kleinere Diſtrikte eingetheilt waren: was vielleicht durch
die Notiz beſtaͤtigt wird, daß Agiadaͤ ein Ort in Sparta
hieß 1; ſo nannte ſich aber die eine koͤnigliche Familie,
welche ſonach als Oba einem Diſtrikte der Stadt den
Namen gegeben zu haben ſcheint.
Der Oben waren dreißig 2, alſo zehn Hylleiſche,
zehn Dymanatiſche, zehn Pamphyliſche. Von den er-
ſten muͤſſen zwei den Heraklidiſchen Koͤnigshaͤuſern an-
gehoͤrt haben. Denn da die Geronten ſammt den Koͤ-
nigen 30 waren, und dieſe Zahl ohne Zweifel von der
der Oben abhing und ausging: ſo folgt, daß die bei-
den fuͤrſtlichen Geſchlechter, obgleich von einem Stamm-
vater ſich ableitend, deſſen ungeachtet in zwei verſchie-
dene Oben geſchieden waren, und dieſe gewiſſermaßen
durch ſie vertreten oder repraͤſentirt wurden. Und fah-
ren wir in dieſer Weiſe zu ſchließen fort: ſo muͤſſen
wir, da es noch Herakliden außer den Koͤnigen in der
Geruſie gab 3, auch noch mehrere Heraklidiſche Oben
in Sparta annehmen: obgleich ich nicht der Meinung
bin, daß etwa alle Hylleiſchen Geſchlechter ſich von
Herakles ſelbſt abgeleitet u. als Herakliden gegolten haͤtten.
4.
Was die Wirkſamkeit und Bedeutung der Oben
in dem Staatsleben anbetrifft: ſo war dieſe ſo groß
und groͤßer als die der Phratrien im aͤltern Athen.
Denn erſtens wurde die Volksverſammlung einer Ly-
1 Heſych und Etym. M. ᾽Αγιάδαι, wo aber fuͤr Sparta
Lakonika ſteht. Wahrſcheinlich in Pitana, ſ. Pauſ. 3, 14, 2.
2 Rhetra Lykurgs bei Plut. 6.
3 Diod. 11, 50. vgl. auch
Plut. Lyſ. 24.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/85>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.