ein Gegensatz, der ganz aus dem Attischen Leben gegriffen war. Vgl. B. Murr "Die Mediceische Venus und Phryne."
6. Fecit et (ex aere) puberem [Apollinem] subrepenti lacertae cominus sagitta insidiantem, quem Sauroctonon vocant, Plin. Martial Epigr. xiv, 172. Daß es kein Apol- lon, behauptet Seitz, Mag. encycloped. 1807. T. v. p. 259. Jetzt sieht man darin eine Andeutung der Eidechsen-Weissagung (Welcker Akad. Kunstmus. zu Bonn S. 71 ff.), aber spielend be- handelt. Nachbildungen, von naiver Anmuth und Lieblichkeit, ein wenig satyrhaft auch in der Stellung der Füße, häufig (Vill. Borgh. St. 2. n. 5. Winckelm. Mon. In. i, n. 40. Musee Royal i, pl. 20. -- PCl. i, tv. 13. -- eine eherne in Villa Albani), auch auf Gemmen (Millin Pierr. grav. pl. 5. und sonst). Auch werden ein Apollon mit Schwester und Mutter; Leto und Artemis mehreremal (Osculum quale Praxiteles habere Dianam credi- dit Petronius), und zahlreiche andre Götterbilder von Prax. er- wähnt. Sillig C. A. p. 387.
28. Ein gleicher Geist der Kunst war in Leocha-1 res lebendig, dessen Ganymedes an Süßigkeit der zum Grunde liegenden Empfindung und reiner Anmuth der Vorstellung zu den vorzüglichsten Werken der Zeit gehörte. Doch ist das Streben nach sinnlichem Reiz nicht zu ver-2 kennen, so wenig wie in der Kunstschöpfung des Herma- phroditen, welche wahrscheinlich dem Polykles (Ol. 102) verdankt wird. Das Streben nach dem Rühren-3 den zeigt besonders Silanions sterbende Jokaste, eine eherne Bildsäule, mit todtblassem Antlitz. Als Zeit-4 und Kunstgenossen des Praxiteles erscheinen auch Timo- theos (§. 125. Anm. 4.) und Bryaxis; beide verzierten mit Skopas und Leochares zusammen das Grabmal des Mausolos, nach Olymp. 106, 4. (§. 149). Von Leo-5 chares und Bryaxis hatte man auch Bildnißstatuen Ma- kedonischer Fürsten und Feldherrn. Alle diese Künstler6 (nur über Timotheos mangeln die Nachrichten) waren Athener; sie bilden mit Skopas und Praxiteles zusam- men die neuere Schule von Athen.
1. Leochares (fecit) aquilam sentientem quid rapiat in Ganymede, et cui ferat, parcentemque unguibus etiam
Griechen. Dritte Periode.
ein Gegenſatz, der ganz aus dem Attiſchen Leben gegriffen war. Vgl. B. Murr „Die Mediceiſche Venus und Phryne.“
6. Fecit et (ex aere) puberem [Apollinem] subrepenti lacertae cominus sagitta insidiantem, quem Sauroctonon vocant, Plin. Martial Epigr. xiv, 172. Daß es kein Apol- lon, behauptet Seitz, Mag. encyclopéd. 1807. T. v. p. 259. Jetzt ſieht man darin eine Andeutung der Eidechſen-Weiſſagung (Welcker Akad. Kunſtmuſ. zu Bonn S. 71 ff.), aber ſpielend be- handelt. Nachbildungen, von naiver Anmuth und Lieblichkeit, ein wenig ſatyrhaft auch in der Stellung der Füße, häufig (Vill. Borgh. St. 2. n. 5. Winckelm. Mon. In. i, n. 40. Musée Royal i, pl. 20. — PCl. i, tv. 13. — eine eherne in Villa Albani), auch auf Gemmen (Millin Pierr. grav. pl. 5. und ſonſt). Auch werden ein Apollon mit Schweſter und Mutter; Leto und Artemis mehreremal (Osculum quale Praxiteles habere Dianam credi- dit Petronius), und zahlreiche andre Götterbilder von Prax. er- wähnt. Sillig C. A. p. 387.
28. Ein gleicher Geiſt der Kunſt war in Leocha-1 res lebendig, deſſen Ganymedes an Suͤßigkeit der zum Grunde liegenden Empfindung und reiner Anmuth der Vorſtellung zu den vorzuͤglichſten Werken der Zeit gehoͤrte. Doch iſt das Streben nach ſinnlichem Reiz nicht zu ver-2 kennen, ſo wenig wie in der Kunſtſchoͤpfung des Herma- phroditen, welche wahrſcheinlich dem Polykles (Ol. 102) verdankt wird. Das Streben nach dem Ruͤhren-3 den zeigt beſonders Silanions ſterbende Jokaſte, eine eherne Bildſaͤule, mit todtblaſſem Antlitz. Als Zeit-4 und Kunſtgenoſſen des Praxiteles erſcheinen auch Timo- theos (§. 125. Anm. 4.) und Bryaxis; beide verzierten mit Skopas und Leochares zuſammen das Grabmal des Mauſolos, nach Olymp. 106, 4. (§. 149). Von Leo-5 chares und Bryaxis hatte man auch Bildnißſtatuen Ma- kedoniſcher Fuͤrſten und Feldherrn. Alle dieſe Kuͤnſtler6 (nur uͤber Timotheos mangeln die Nachrichten) waren Athener; ſie bilden mit Skopas und Praxiteles zuſam- men die neuere Schule von Athen.
1. Leochares (fecit) aquilam sentientem quid rapiat in Ganymede, et cui ferat, parcentemque unguibus etiam
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Griechen. Dritte Periode.
ein Gegenſatz, der ganz aus dem Attiſchen Leben gegriffen war.
Vgl. B. Murr „Die Mediceiſche Venus und Phryne.“
6. Fecit et (ex aere) puberem [Apollinem] subrepenti
lacertae cominus sagitta insidiantem, quem Sauroctonon
vocant, Plin. Martial Epigr. xiv, 172. Daß es kein Apol-
lon, behauptet Seitz, Mag. encyclopéd. 1807. T. v. p. 259.
Jetzt ſieht man darin eine Andeutung der Eidechſen-Weiſſagung
(Welcker Akad. Kunſtmuſ. zu Bonn S. 71 ff.), aber ſpielend be-
handelt. Nachbildungen, von naiver Anmuth und Lieblichkeit, ein
wenig ſatyrhaft auch in der Stellung der Füße, häufig (Vill. Borgh.
St. 2. n. 5. Winckelm. Mon. In. i, n. 40. Musée Royal i,
pl. 20. — PCl. i, tv. 13. — eine eherne in Villa Albani),
auch auf Gemmen (Millin Pierr. grav. pl. 5. und ſonſt). Auch
werden ein Apollon mit Schweſter und Mutter; Leto und Artemis
mehreremal (Osculum quale Praxiteles habere Dianam credi-
dit Petronius), und zahlreiche andre Götterbilder von Prax. er-
wähnt. Sillig C. A. p. 387.
28. Ein gleicher Geiſt der Kunſt war in Leocha-
res lebendig, deſſen Ganymedes an Suͤßigkeit der zum
Grunde liegenden Empfindung und reiner Anmuth der
Vorſtellung zu den vorzuͤglichſten Werken der Zeit gehoͤrte.
Doch iſt das Streben nach ſinnlichem Reiz nicht zu ver-
kennen, ſo wenig wie in der Kunſtſchoͤpfung des Herma-
phroditen, welche wahrſcheinlich dem Polykles (Ol.
102) verdankt wird. Das Streben nach dem Ruͤhren-
den zeigt beſonders Silanions ſterbende Jokaſte, eine
eherne Bildſaͤule, mit todtblaſſem Antlitz. Als Zeit-
und Kunſtgenoſſen des Praxiteles erſcheinen auch Timo-
theos (§. 125. Anm. 4.) und Bryaxis; beide verzierten
mit Skopas und Leochares zuſammen das Grabmal des
Mauſolos, nach Olymp. 106, 4. (§. 149). Von Leo-
chares und Bryaxis hatte man auch Bildnißſtatuen Ma-
kedoniſcher Fuͤrſten und Feldherrn. Alle dieſe Kuͤnſtler
(nur uͤber Timotheos mangeln die Nachrichten) waren
Athener; ſie bilden mit Skopas und Praxiteles zuſam-
men die neuere Schule von Athen.
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in Ganymede, et cui ferat, parcentemque unguibus etiam
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/133>, abgerufen am 23.11.2024.
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