pitäl gleichsam Akanthusblätter von unten. Die sehr natürliche Verzierung des untern Schaftendes mit Akanthus, die in der Natur sich öfter darbieten mußte, läßt nur die orientalisirende Kunst zu, z. B. am T. des August zu Mylasa (welcher nicht mehr steht, s. indeß Chois. Gouff. Voy. pitt. T. i. pl. 83.) und in Antinoe, §. 191. Acanthos est topiaria et urbana herba, elato longoque folio crepidines marginum assurgentium- que pulvinorum toros vestiens. Plin. xxii, 34.
276. Für jede Säulenordnung muß man verschiedne1 Perioden der Entwickelung und Gestaltung unterscheiden. Für die Dorische, 1. die alte stämmige Säule des Peloponnes und Siciliens (§. 53. 80, II. a. b. 109, IV.). 2. die erhaben graciöse des Perikleischen Athen (§. 109, I). 3. die verlängerte und geschwächte der Makedonischen und Römischen Zeit, (§. 109, 11. 153, 3. 190, 1. II). 4. die Versuche ihr einen reicheren Charakter zu geben, besonders an Ehrensäulen. Für2 die Jonische, 1. die in Jonien ausgebildete einfache Form, theils mit gradlinigem, theils mit ausgebogenem Canal (§. 109, III). 2. die reichere und zusammenge- setztere am Tempel der Polias (§. 109, I, 4.), und andre Nebenformen in verschiednen Griechischen Städten. 3. manche in Rom gemachte Versuche, ihr abwechselnde- ren Schmuck von Sculptur zu geben. Für die Korin-3 thische 1. die noch schwankenden oder willkührlich ab- weichenden, zum Theil dem Jonischen Capitäl noch sehr nahe stehenden Formen in Phigalia, am Didymäon, am Thurm des Kyrrhestes, auch in Pompeji (§. 109, 9. 12. 153, 4. 190, 4). 2. die festen Formen der ausgebildeten Ordnung (153. 190 u. 191. an mehrern Stellen). 3. die überladne Nebenform des compositen Capitäls (§. 189, 4). 4. Variationen durch Zufügung von Figuren, z. B. Victorien, Trophäen, Flügelpferden, Delphinen, Adlern: Vorspiele mancher roh phantasti- schen vorgothischen Formen.
2. Der mit Blumenwerk geschmückte Hals der Jon. Säulen am Erechtheion (anthemion in der Inschr.) findet sich ähnlich in
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I. Tektonik. Gebaͤude.
pitäl gleichſam Akanthusblätter von unten. Die ſehr natürliche Verzierung des untern Schaftendes mit Akanthus, die in der Natur ſich öfter darbieten mußte, läßt nur die orientaliſirende Kunſt zu, z. B. am T. des Auguſt zu Mylaſa (welcher nicht mehr ſteht, ſ. indeß Choiſ. Gouff. Voy. pitt. T. i. pl. 83.) und in Antinoe, §. 191. Acanthos est topiaria et urbana herba, elato longoque folio crepidines marginum assurgentium- que pulvinorum toros vestiens. Plin. xxii, 34.
276. Fuͤr jede Saͤulenordnung muß man verſchiedne1 Perioden der Entwickelung und Geſtaltung unterſcheiden. Fuͤr die Doriſche, 1. die alte ſtaͤmmige Saͤule des Peloponnes und Siciliens (§. 53. 80, II. a. b. 109, IV.). 2. die erhaben gracioͤſe des Perikleiſchen Athen (§. 109, I). 3. die verlaͤngerte und geſchwaͤchte der Makedoniſchen und Roͤmiſchen Zeit, (§. 109, 11. 153, 3. 190, 1. II). 4. die Verſuche ihr einen reicheren Charakter zu geben, beſonders an Ehrenſaͤulen. Fuͤr2 die Joniſche, 1. die in Jonien ausgebildete einfache Form, theils mit gradlinigem, theils mit ausgebogenem Canal (§. 109, III). 2. die reichere und zuſammenge- ſetztere am Tempel der Polias (§. 109, I, 4.), und andre Nebenformen in verſchiednen Griechiſchen Staͤdten. 3. manche in Rom gemachte Verſuche, ihr abwechſelnde- ren Schmuck von Sculptur zu geben. Fuͤr die Korin-3 thiſche 1. die noch ſchwankenden oder willkuͤhrlich ab- weichenden, zum Theil dem Joniſchen Capitaͤl noch ſehr nahe ſtehenden Formen in Phigalia, am Didymaͤon, am Thurm des Kyrrheſtes, auch in Pompeji (§. 109, 9. 12. 153, 4. 190, 4). 2. die feſten Formen der ausgebildeten Ordnung (153. 190 u. 191. an mehrern Stellen). 3. die uͤberladne Nebenform des compoſiten Capitaͤls (§. 189, 4). 4. Variationen durch Zufuͤgung von Figuren, z. B. Victorien, Trophaͤen, Fluͤgelpferden, Delphinen, Adlern: Vorſpiele mancher roh phantaſti- ſchen vorgothiſchen Formen.
2. Der mit Blumenwerk geſchmückte Hals der Jon. Säulen am Erechtheion (ἀνϑέμιον in der Inſchr.) findet ſich ähnlich in
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I. Tektonik. Gebaͤude.
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Natur ſich öfter darbieten mußte, läßt nur die orientaliſirende Kunſt
zu, z. B. am T. des Auguſt zu Mylaſa (welcher nicht mehr ſteht,
ſ. indeß Choiſ. Gouff. Voy. pitt. T. i. pl. 83.) und in
Antinoe, §. 191. Acanthos est topiaria et urbana herba,
elato longoque folio crepidines marginum assurgentium-
que pulvinorum toros vestiens. Plin. xxii, 34.
276. Fuͤr jede Saͤulenordnung muß man verſchiedne
Perioden der Entwickelung und Geſtaltung unterſcheiden.
Fuͤr die Doriſche, 1. die alte ſtaͤmmige Saͤule des
Peloponnes und Siciliens (§. 53. 80, II. a. b. 109,
IV.). 2. die erhaben gracioͤſe des Perikleiſchen Athen
(§. 109, I). 3. die verlaͤngerte und geſchwaͤchte der
Makedoniſchen und Roͤmiſchen Zeit, (§. 109, 11. 153,
3. 190, 1. II). 4. die Verſuche ihr einen reicheren
Charakter zu geben, beſonders an Ehrenſaͤulen. Fuͤr
die Joniſche, 1. die in Jonien ausgebildete einfache
Form, theils mit gradlinigem, theils mit ausgebogenem
Canal (§. 109, III). 2. die reichere und zuſammenge-
ſetztere am Tempel der Polias (§. 109, I, 4.), und
andre Nebenformen in verſchiednen Griechiſchen Staͤdten.
3. manche in Rom gemachte Verſuche, ihr abwechſelnde-
ren Schmuck von Sculptur zu geben. Fuͤr die Korin-
thiſche 1. die noch ſchwankenden oder willkuͤhrlich ab-
weichenden, zum Theil dem Joniſchen Capitaͤl noch ſehr
nahe ſtehenden Formen in Phigalia, am Didymaͤon, am
Thurm des Kyrrheſtes, auch in Pompeji (§. 109, 9.
12. 153, 4. 190, 4). 2. die feſten Formen der
ausgebildeten Ordnung (153. 190 u. 191. an mehrern
Stellen). 3. die uͤberladne Nebenform des compoſiten
Capitaͤls (§. 189, 4). 4. Variationen durch Zufuͤgung
von Figuren, z. B. Victorien, Trophaͤen, Fluͤgelpferden,
Delphinen, Adlern: Vorſpiele mancher roh phantaſti-
ſchen vorgothiſchen Formen.
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am Erechtheion (ἀνϑέμιον in der Inſchr.) findet ſich ähnlich in
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/345>, abgerufen am 23.11.2024.
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