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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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II. Bildende Kunst. Gegenstände.
Dresdner Kopf, der auf einem neuen Rumpf sitzt, Augusteum ii,
39, zeigt ähnliche jugendliche Formen.

7. So der Torso, der seit Ludwig XIV. in Paris ist (vorher
Mediceisch) M. Napol. i, 3. Bouill. i, 1. Der berühmte,
aber auch bezweifelte, Cameo in der Marcus-Bibl. mit dem Kopfe
des Z. Aegiochos (Schriften von Visconti u. Bianconi, Millin
G. M. ii, 36.) zeigt eine schöne Mischung von Kampflust, Sieg-
stolz und Milde. Einen ähnlichen kühnen Lockenwurf zeigt der
Kopf des Z. strategos von Amastris, Combe Coins of the
Brit. Mus. pl. 9,
9. 10. Ueber Abweichungen in der Haar-
und Bartbildung des Z. Visconti PioCl. vi. p. 1. 2.

350. Die sitzende Stellung der Zeusbilder, bei wel-1
cher das bis auf die Hüften herabgesunkne Himation die
gewöhnliche Bekleidung ist, hängt mit der Vorstellung
von ruhiger Macht, siegreicher Ruhe zusammen; die ste-2
hende, (agalmata ortha), wobei das Himation oft ganz
entfernt ist oder nur die Rückseite bedeckt, führt den
Gedanken von Thätigkeit mit sich, Zeus wird dann als
Schützer, Vorsteher politischer Thätigkeit, oder auch als der
blitzende Gott gedacht; bisweilen findet hier auch eine3
ganz jugendliche Bildung statt, wobei man an den noch
nicht zur Herrschaft der Welt gelangten Zeus denken
muß. Doch ist auch in den stehenden Zeusfiguren immer
noch viel Ruhe; ein heftiges Ausschreiten ist der Bildung
dieses Gottes nicht angemessen. Die Patere als Zei-4
chen des Cultus, der Scepter als Symbol der Herrschaft,
die Siegsgöttin auf der Hand, der Adler, der Bote
des Zeus, und der Blitz, seine Waffe, sind die Haupt-
attribute. Der Kranz des wilden Oelbaums (kotinos)5
unterscheidet den Olympischen Jupiter von dem Dodonäi-
schen, der den Eichenkranz, und auch sonst viel eigen-
thümliches im Haarwurf und der Bildung hat. Dar-6
stellungen, bei welchen die Naturbedeutung, eine mysti-
sche Beziehung oder das Verhältniß zum Weltsystem
hervorgehoben werden, sind verhältnißmäßig selten, meist
erst aus den Zeiten der sinkenden Kunst. Wesentliche7
Abweichungen bieten die barbarischen Gottheiten dar, die
nur als Zeus hellenisirt sind.

II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde.
Dresdner Kopf, der auf einem neuen Rumpf ſitzt, Auguſteum ii,
39, zeigt ähnliche jugendliche Formen.

7. So der Torſo, der ſeit Ludwig XIV. in Paris iſt (vorher
Mediceiſch) M. Napol. i, 3. Bouill. i, 1. Der berühmte,
aber auch bezweifelte, Cameo in der Marcus-Bibl. mit dem Kopfe
des Z. Aegiochos (Schriften von Viſconti u. Bianconi, Millin
G. M. ii, 36.) zeigt eine ſchöne Miſchung von Kampfluſt, Sieg-
ſtolz und Milde. Einen ähnlichen kühnen Lockenwurf zeigt der
Kopf des Ζ. στρατηγὸς von Amaſtris, Combe Coins of the
Brit. Mus. pl. 9,
9. 10. Ueber Abweichungen in der Haar-
und Bartbildung des Z. Viſconti PioCl. vi. p. 1. 2.

350. Die ſitzende Stellung der Zeusbilder, bei wel-1
cher das bis auf die Huͤften herabgeſunkne Himation die
gewoͤhnliche Bekleidung iſt, haͤngt mit der Vorſtellung
von ruhiger Macht, ſiegreicher Ruhe zuſammen; die ſte-2
hende, (ἀγάλματα ὀρϑά), wobei das Himation oft ganz
entfernt iſt oder nur die Ruͤckſeite bedeckt, fuͤhrt den
Gedanken von Thaͤtigkeit mit ſich, Zeus wird dann als
Schuͤtzer, Vorſteher politiſcher Thaͤtigkeit, oder auch als der
blitzende Gott gedacht; bisweilen findet hier auch eine3
ganz jugendliche Bildung ſtatt, wobei man an den noch
nicht zur Herrſchaft der Welt gelangten Zeus denken
muß. Doch iſt auch in den ſtehenden Zeusfiguren immer
noch viel Ruhe; ein heftiges Ausſchreiten iſt der Bildung
dieſes Gottes nicht angemeſſen. Die Patere als Zei-4
chen des Cultus, der Scepter als Symbol der Herrſchaft,
die Siegsgoͤttin auf der Hand, der Adler, der Bote
des Zeus, und der Blitz, ſeine Waffe, ſind die Haupt-
attribute. Der Kranz des wilden Oelbaums (κότινος)5
unterſcheidet den Olympiſchen Jupiter von dem Dodonaͤi-
ſchen, der den Eichenkranz, und auch ſonſt viel eigen-
thuͤmliches im Haarwurf und der Bildung hat. Dar-6
ſtellungen, bei welchen die Naturbedeutung, eine myſti-
ſche Beziehung oder das Verhaͤltniß zum Weltſyſtem
hervorgehoben werden, ſind verhaͤltnißmaͤßig ſelten, meiſt
erſt aus den Zeiten der ſinkenden Kunſt. Weſentliche7
Abweichungen bieten die barbariſchen Gottheiten dar, die
nur als Zeus helleniſirt ſind.

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[443/0465] II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde. Dresdner Kopf, der auf einem neuen Rumpf ſitzt, Auguſteum ii, 39, zeigt ähnliche jugendliche Formen. 7. So der Torſo, der ſeit Ludwig XIV. in Paris iſt (vorher Mediceiſch) M. Napol. i, 3. Bouill. i, 1. Der berühmte, aber auch bezweifelte, Cameo in der Marcus-Bibl. mit dem Kopfe des Z. Aegiochos (Schriften von Viſconti u. Bianconi, Millin G. M. ii, 36.) zeigt eine ſchöne Miſchung von Kampfluſt, Sieg- ſtolz und Milde. Einen ähnlichen kühnen Lockenwurf zeigt der Kopf des Ζ. στρατηγὸς von Amaſtris, Combe Coins of the Brit. Mus. pl. 9, 9. 10. Ueber Abweichungen in der Haar- und Bartbildung des Z. Viſconti PioCl. vi. p. 1. 2. 350. Die ſitzende Stellung der Zeusbilder, bei wel- cher das bis auf die Huͤften herabgeſunkne Himation die gewoͤhnliche Bekleidung iſt, haͤngt mit der Vorſtellung von ruhiger Macht, ſiegreicher Ruhe zuſammen; die ſte- hende, (ἀγάλματα ὀρϑά), wobei das Himation oft ganz entfernt iſt oder nur die Ruͤckſeite bedeckt, fuͤhrt den Gedanken von Thaͤtigkeit mit ſich, Zeus wird dann als Schuͤtzer, Vorſteher politiſcher Thaͤtigkeit, oder auch als der blitzende Gott gedacht; bisweilen findet hier auch eine ganz jugendliche Bildung ſtatt, wobei man an den noch nicht zur Herrſchaft der Welt gelangten Zeus denken muß. Doch iſt auch in den ſtehenden Zeusfiguren immer noch viel Ruhe; ein heftiges Ausſchreiten iſt der Bildung dieſes Gottes nicht angemeſſen. Die Patere als Zei- chen des Cultus, der Scepter als Symbol der Herrſchaft, die Siegsgoͤttin auf der Hand, der Adler, der Bote des Zeus, und der Blitz, ſeine Waffe, ſind die Haupt- attribute. Der Kranz des wilden Oelbaums (κότινος) unterſcheidet den Olympiſchen Jupiter von dem Dodonaͤi- ſchen, der den Eichenkranz, und auch ſonſt viel eigen- thuͤmliches im Haarwurf und der Bildung hat. Dar- ſtellungen, bei welchen die Naturbedeutung, eine myſti- ſche Beziehung oder das Verhaͤltniß zum Weltſyſtem hervorgehoben werden, ſind verhaͤltnißmaͤßig ſelten, meiſt erſt aus den Zeiten der ſinkenden Kunſt. Weſentliche Abweichungen bieten die barbariſchen Gottheiten dar, die nur als Zeus helleniſirt ſind. 1 2 3 4 5 6 7

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/465>, abgerufen am 22.11.2024.