421. Während von den ausgezeichneten Staatsmän-1 nern Athens sich eine Reihe Büsten mit Sicherheit nach- weisen lassen: ist von den im Alterthum so viel gebilde-2 ten und auf allen Stufen idealisirter und gewöhnlicher Menschengestalt (§. 159. 199.) dargestellten Fürsten, den Makedonischen Alexander ausgenommen, sehr wenig in Marmor, Einiges in Kameen erhalten. Dagegen ge-3 ben die Münzen, doch erst von Alexander an, eine reiche Uebersicht der aus Griechischem Stamme hervorgegangenen Dynastieen sowohl, wie der orientalischen, welche sich jenen in ihren Sitten zu nähern suchten. Das Grie-4 chische Costüm fordert zur Bezeichnung des Fürsten das Diadem (§. 340, 4), wozu hin und wieder besondre In- signien, auch Strahlenkränze, treten. In Rom hat5 man die Abbildungen der ersten vier Könige auf Mün- zen nur als Idealbilder, wenn sie auch nach vorhandnen Statuen (§. 181) entworfen waren, zu betrachten; dage- gen die Männer der frühern Republik, welche ihre Nachkommen aus Familienstolz auf Münzen setzten, nach den Wachsbildern im Ahnensaal entworfen sein mögen. Sichre Büsten von einem entschiednen Porträtcharakter scheint man zuerst von Scipio Africanus dem älteren zu haben. Auf die Münzen wurde bei Lebzeiten zuerst Cäsars Bild gesetzt, besonders in Provinzial-Münzen; diesem Beispiel folgen Cäsars Mörder und die Triumvirn. Die Ikonographie der Römischen Kaiserzeit ist als Haupt-6 quelle der Kunstgeschichte der Zeit oben (§. 199 ff.) be- rücksichtigt worden, sie liegt in großer Vollständigkeit vor; während Büsten von Gelehrten der Zeit nur wenige vor-7 handen sind. Wie zahlreiche Ehrenstatuen und wie vor-8 treffliche darunter auch Römische Municipien enthielten, lehren die Herculanischen Entdeckungen.
1. Sichre Porträte von Miltiades (vgl. Paus. x, 10), Themi- stokles (doch ist, was Visconti beibringt, noch zweifelhaft; dagegen auf Stateren von Lampsakos ein bärtiger Kopf mit Schiffermütze und Lorbeerkranz, von individuellen Zügen, ohne Zweifel Themi- stokles, der ehemalige Herr von Lampsakos), Perikles (nach Ktesi-
II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde.
421. Waͤhrend von den ausgezeichneten Staatsmaͤn-1 nern Athens ſich eine Reihe Buͤſten mit Sicherheit nach- weiſen laſſen: iſt von den im Alterthum ſo viel gebilde-2 ten und auf allen Stufen idealiſirter und gewoͤhnlicher Menſchengeſtalt (§. 159. 199.) dargeſtellten Fuͤrſten, den Makedoniſchen Alexander ausgenommen, ſehr wenig in Marmor, Einiges in Kameen erhalten. Dagegen ge-3 ben die Muͤnzen, doch erſt von Alexander an, eine reiche Ueberſicht der aus Griechiſchem Stamme hervorgegangenen Dynaſtieen ſowohl, wie der orientaliſchen, welche ſich jenen in ihren Sitten zu naͤhern ſuchten. Das Grie-4 chiſche Coſtuͤm fordert zur Bezeichnung des Fuͤrſten das Diadem (§. 340, 4), wozu hin und wieder beſondre In- ſignien, auch Strahlenkraͤnze, treten. In Rom hat5 man die Abbildungen der erſten vier Koͤnige auf Muͤn- zen nur als Idealbilder, wenn ſie auch nach vorhandnen Statuen (§. 181) entworfen waren, zu betrachten; dage- gen die Maͤnner der fruͤhern Republik, welche ihre Nachkommen aus Familienſtolz auf Muͤnzen ſetzten, nach den Wachsbildern im Ahnenſaal entworfen ſein moͤgen. Sichre Buͤſten von einem entſchiednen Portraͤtcharakter ſcheint man zuerſt von Scipio Africanus dem aͤlteren zu haben. Auf die Muͤnzen wurde bei Lebzeiten zuerſt Caͤſars Bild geſetzt, beſonders in Provinzial-Muͤnzen; dieſem Beiſpiel folgen Caͤſars Moͤrder und die Triumvirn. Die Ikonographie der Roͤmiſchen Kaiſerzeit iſt als Haupt-6 quelle der Kunſtgeſchichte der Zeit oben (§. 199 ff.) be- ruͤckſichtigt worden, ſie liegt in großer Vollſtaͤndigkeit vor; waͤhrend Buͤſten von Gelehrten der Zeit nur wenige vor-7 handen ſind. Wie zahlreiche Ehrenſtatuen und wie vor-8 treffliche darunter auch Roͤmiſche Municipien enthielten, lehren die Herculaniſchen Entdeckungen.
1. Sichre Porträte von Miltiades (vgl. Pauſ. x, 10), Themi- ſtokles (doch iſt, was Viſconti beibringt, noch zweifelhaft; dagegen auf Stateren von Lampſakos ein bärtiger Kopf mit Schiffermütze und Lorbeerkranz, von individuellen Zügen, ohne Zweifel Themi- ſtokles, der ehemalige Herr von Lampſakos), Perikles (nach Kteſi-
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II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde.
421. Waͤhrend von den ausgezeichneten Staatsmaͤn-
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weiſen laſſen: iſt von den im Alterthum ſo viel gebilde-
ten und auf allen Stufen idealiſirter und gewoͤhnlicher
Menſchengeſtalt (§. 159. 199.) dargeſtellten Fuͤrſten, den
Makedoniſchen Alexander ausgenommen, ſehr wenig in
Marmor, Einiges in Kameen erhalten. Dagegen ge-
ben die Muͤnzen, doch erſt von Alexander an, eine reiche
Ueberſicht der aus Griechiſchem Stamme hervorgegangenen
Dynaſtieen ſowohl, wie der orientaliſchen, welche ſich
jenen in ihren Sitten zu naͤhern ſuchten. Das Grie-
chiſche Coſtuͤm fordert zur Bezeichnung des Fuͤrſten das
Diadem (§. 340, 4), wozu hin und wieder beſondre In-
ſignien, auch Strahlenkraͤnze, treten. In Rom hat
man die Abbildungen der erſten vier Koͤnige auf Muͤn-
zen nur als Idealbilder, wenn ſie auch nach vorhandnen
Statuen (§. 181) entworfen waren, zu betrachten; dage-
gen die Maͤnner der fruͤhern Republik, welche ihre
Nachkommen aus Familienſtolz auf Muͤnzen ſetzten, nach
den Wachsbildern im Ahnenſaal entworfen ſein moͤgen.
Sichre Buͤſten von einem entſchiednen Portraͤtcharakter
ſcheint man zuerſt von Scipio Africanus dem aͤlteren zu
haben. Auf die Muͤnzen wurde bei Lebzeiten zuerſt
Caͤſars Bild geſetzt, beſonders in Provinzial-Muͤnzen;
dieſem Beiſpiel folgen Caͤſars Moͤrder und die Triumvirn.
Die Ikonographie der Roͤmiſchen Kaiſerzeit iſt als Haupt-
quelle der Kunſtgeſchichte der Zeit oben (§. 199 ff.) be-
ruͤckſichtigt worden, ſie liegt in großer Vollſtaͤndigkeit vor;
waͤhrend Buͤſten von Gelehrten der Zeit nur wenige vor-
handen ſind. Wie zahlreiche Ehrenſtatuen und wie vor-
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lehren die Herculaniſchen Entdeckungen.
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auf Stateren von Lampſakos ein bärtiger Kopf mit Schiffermütze
und Lorbeerkranz, von individuellen Zügen, ohne Zweifel Themi-
ſtokles, der ehemalige Herr von Lampſakos), Perikles (nach Kteſi-
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/609>, abgerufen am 23.11.2024.
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