Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite

sen Wollüsten und Ergötzlichkeiten des Leibes
vor. Welche difficultaeten nur wenige aus de-
nen vorigen Welt- Weisen überstiegen/ und
durch mühsahmes Speculiren die Unsterblichkeit
der Seelen in dem andern Leben ausgesonnen
haben.



Das 3te Capittel.

Von der Religion und dem
Götzendienst der
Ostiacken.

§ 1.

DEr Götzendienst war bey denen Grie-
chen/ Römern und andern civilisirten
Heyden/ eine blosse Erfindung der Ge-
waltigen/ vermittelst welcher sie das ge-
meine Volck desto besser im Zaum hielten/ und
ihre Ausschweiffungen unter dem Mantel des
Aberglaubens bedecken konten. Gestalt sie ih-
nen denn sothanen Dienst nach Beschaffenheit
und dem Interesse ihres Etats formirten. Es ist
nicht zu glauben/ daß so viele kluge Leute denen
albernen Fabeln von denen Göttern/ die bald
wie Mörder/ bald wie Hurer und Ehebrecher
und andere Ubelthäter aufgeführet wurden/
Glauben beygemessen/ und sie als wahrhafftige
Götter erkannt haben. Dem Volcke aber mu-
ste ein Wahn überredet werden/ der sie desto
besser im Zaum hielte. Massen denn der Con-

cept

ſen Wolluͤſten und Ergoͤtzlichkeiten des Leibes
vor. Welche difficultæten nur wenige aus de-
nen vorigen Welt- Weiſen uͤberſtiegen/ und
durch muͤhſahmes Speculiren die Unſterblichkeit
der Seelen in dem andern Leben ausgeſonnen
haben.



Das 3te Capittel.

Von der Religion und dem
Goͤtzendienſt der
Oſtiacken.

§ 1.

DEr Goͤtzendienſt war bey denen Grie-
chen/ Roͤmern und andern civiliſirten
Heyden/ eine bloſſe Erfindung der Ge-
waltigen/ vermittelſt welcher ſie das ge-
meine Volck deſto beſſer im Zaum hielten/ und
ihre Ausſchweiffungen unter dem Mantel des
Aberglaubens bedecken konten. Geſtalt ſie ih-
nen denn ſothanen Dienſt nach Beſchaffenheit
und dem Intereſſe ihres Etats formirten. Es iſt
nicht zu glauben/ daß ſo viele kluge Leute denen
albernen Fabeln von denen Goͤttern/ die bald
wie Moͤrder/ bald wie Hurer und Ehebrecher
und andere Ubelthaͤter aufgefuͤhret wurden/
Glauben beygemeſſen/ und ſie als wahrhafftige
Goͤtter erkannt haben. Dem Volcke aber mu-
ſte ein Wahn uͤberredet werden/ der ſie deſto
beſſer im Zaum hielte. Maſſen denn der Con-

cept
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0059" n="43"/>
&#x017F;en Wollu&#x0364;&#x017F;ten und Ergo&#x0364;tzlichkeiten des Leibes<lb/>
vor. Welche <hi rendition="#aq">difficultæt</hi>en nur wenige aus de-<lb/>
nen vorigen Welt- Wei&#x017F;en u&#x0364;ber&#x017F;tiegen/ und<lb/>
durch mu&#x0364;h&#x017F;ahmes <hi rendition="#aq">Speculir</hi>en die Un&#x017F;terblichkeit<lb/>
der Seelen in dem andern Leben ausge&#x017F;onnen<lb/>
haben.</p>
      </div>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Das 3te Capittel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Von der Religion und dem<lb/>
Go&#x0364;tzendien&#x017F;t der</hi><hi rendition="#aq">O&#x017F;tiacken</hi>.</hi> </p>
        </argument><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">§ 1.</hi> </p><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>Er Go&#x0364;tzendien&#x017F;t war bey denen Grie-<lb/>
chen/ Ro&#x0364;mern und andern <hi rendition="#aq">civili&#x017F;irt</hi>en<lb/>
Heyden/ eine blo&#x017F;&#x017F;e Erfindung der Ge-<lb/>
waltigen/ vermittel&#x017F;t welcher &#x017F;ie das ge-<lb/>
meine Volck de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er im Zaum hielten/ und<lb/>
ihre Aus&#x017F;chweiffungen unter dem Mantel des<lb/>
Aberglaubens bedecken konten. Ge&#x017F;talt &#x017F;ie ih-<lb/>
nen denn &#x017F;othanen Dien&#x017F;t nach Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
und dem <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> ihres <hi rendition="#aq">Etats formirt</hi>en. Es i&#x017F;t<lb/>
nicht zu glauben/ daß &#x017F;o viele kluge Leute denen<lb/>
albernen Fabeln von denen Go&#x0364;ttern/ die bald<lb/>
wie Mo&#x0364;rder/ bald wie Hurer und Ehebrecher<lb/>
und andere Ubeltha&#x0364;ter aufgefu&#x0364;hret wurden/<lb/>
Glauben beygeme&#x017F;&#x017F;en/ und &#x017F;ie als wahrhafftige<lb/>
Go&#x0364;tter erkannt haben. Dem Volcke aber mu-<lb/>
&#x017F;te ein Wahn u&#x0364;berredet werden/ der &#x017F;ie de&#x017F;to<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er im Zaum hielte. Ma&#x017F;&#x017F;en denn der <hi rendition="#aq">Con-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">cept</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0059] ſen Wolluͤſten und Ergoͤtzlichkeiten des Leibes vor. Welche difficultæten nur wenige aus de- nen vorigen Welt- Weiſen uͤberſtiegen/ und durch muͤhſahmes Speculiren die Unſterblichkeit der Seelen in dem andern Leben ausgeſonnen haben. Das 3te Capittel. Von der Religion und dem Goͤtzendienſt der Oſtiacken. § 1. DEr Goͤtzendienſt war bey denen Grie- chen/ Roͤmern und andern civiliſirten Heyden/ eine bloſſe Erfindung der Ge- waltigen/ vermittelſt welcher ſie das ge- meine Volck deſto beſſer im Zaum hielten/ und ihre Ausſchweiffungen unter dem Mantel des Aberglaubens bedecken konten. Geſtalt ſie ih- nen denn ſothanen Dienſt nach Beſchaffenheit und dem Intereſſe ihres Etats formirten. Es iſt nicht zu glauben/ daß ſo viele kluge Leute denen albernen Fabeln von denen Goͤttern/ die bald wie Moͤrder/ bald wie Hurer und Ehebrecher und andere Ubelthaͤter aufgefuͤhret wurden/ Glauben beygemeſſen/ und ſie als wahrhafftige Goͤtter erkannt haben. Dem Volcke aber mu- ſte ein Wahn uͤberredet werden/ der ſie deſto beſſer im Zaum hielte. Maſſen denn der Con- cept

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die erste eigenständi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/59
Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/59>, abgerufen am 27.11.2024.