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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Parliament, im Civil- und Militär-Dienst be-
reits längst so gestellt sind, daß sie, wo es nö-
thig ist, zu Worte kommen können.

Wenn man die Geschichte aller Regierungsfor-
men der Welt durchgeht, so wird man allenthalben
diese beiden Principien in Streit sehen; alle Ge-
setzgeber haben ihr erstes Augenmerk darauf gerich-
tet, sie zu vereinigen, oder eine höchste Gewalt
zu bilden, die weder der Jugend noch dem Alter
ausschließend angehöre, die vielmehr recht männ-
lich an der Schwelle beider Alter stehe, oder die
Bedürfnisse beider in Einem und demselben Wil-
len vereinige.

Alle Gesetzgebung hat danach gestrebt, da
einmal die Ansprüche beider Alter unaufhörlich
gehört werden sollen, nun auch beide so persön-
lich, als möglich, in wirklichen National-For-
men vor sich aufstellen zu lassen. So sind die
Senate, die Patriciate, und endlich der Euro-
päische Adel entstanden, und dem Volke oder
der Bürgerschaft gegenüber gestellt worden. Die
Ansprüche des Alters haben 1) das Recht der
Jahrhunderte, d. h. den ersten Rechtsgrund von
allen (oder die Dauer, da die Zeit der beste
Prüsstein alles Rechtes ist) für sich; 2) sind die
Ansprüche des Alters unsichtbarer, weniger in
die Augen springend, als die Ansprüche der

Parliament, im Civil- und Militaͤr-Dienſt be-
reits laͤngſt ſo geſtellt ſind, daß ſie, wo es noͤ-
thig iſt, zu Worte kommen koͤnnen.

Wenn man die Geſchichte aller Regierungsfor-
men der Welt durchgeht, ſo wird man allenthalben
dieſe beiden Principien in Streit ſehen; alle Ge-
ſetzgeber haben ihr erſtes Augenmerk darauf gerich-
tet, ſie zu vereinigen, oder eine hoͤchſte Gewalt
zu bilden, die weder der Jugend noch dem Alter
ausſchließend angehoͤre, die vielmehr recht maͤnn-
lich an der Schwelle beider Alter ſtehe, oder die
Beduͤrfniſſe beider in Einem und demſelben Wil-
len vereinige.

Alle Geſetzgebung hat danach geſtrebt, da
einmal die Anſpruͤche beider Alter unaufhoͤrlich
gehoͤrt werden ſollen, nun auch beide ſo perſoͤn-
lich, als moͤglich, in wirklichen National-For-
men vor ſich aufſtellen zu laſſen. So ſind die
Senate, die Patriciate, und endlich der Euro-
paͤiſche Adel entſtanden, und dem Volke oder
der Buͤrgerſchaft gegenuͤber geſtellt worden. Die
Anſpruͤche des Alters haben 1) das Recht der
Jahrhunderte, d. h. den erſten Rechtsgrund von
allen (oder die Dauer, da die Zeit der beſte
Pruͤſſtein alles Rechtes iſt) fuͤr ſich; 2) ſind die
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[134/0168] Parliament, im Civil- und Militaͤr-Dienſt be- reits laͤngſt ſo geſtellt ſind, daß ſie, wo es noͤ- thig iſt, zu Worte kommen koͤnnen. Wenn man die Geſchichte aller Regierungsfor- men der Welt durchgeht, ſo wird man allenthalben dieſe beiden Principien in Streit ſehen; alle Ge- ſetzgeber haben ihr erſtes Augenmerk darauf gerich- tet, ſie zu vereinigen, oder eine hoͤchſte Gewalt zu bilden, die weder der Jugend noch dem Alter ausſchließend angehoͤre, die vielmehr recht maͤnn- lich an der Schwelle beider Alter ſtehe, oder die Beduͤrfniſſe beider in Einem und demſelben Wil- len vereinige. Alle Geſetzgebung hat danach geſtrebt, da einmal die Anſpruͤche beider Alter unaufhoͤrlich gehoͤrt werden ſollen, nun auch beide ſo perſoͤn- lich, als moͤglich, in wirklichen National-For- men vor ſich aufſtellen zu laſſen. So ſind die Senate, die Patriciate, und endlich der Euro- paͤiſche Adel entſtanden, und dem Volke oder der Buͤrgerſchaft gegenuͤber geſtellt worden. Die Anſpruͤche des Alters haben 1) das Recht der Jahrhunderte, d. h. den erſten Rechtsgrund von allen (oder die Dauer, da die Zeit der beſte Pruͤſſtein alles Rechtes iſt) fuͤr ſich; 2) ſind die Anſpruͤche des Alters unſichtbarer, weniger in die Augen ſpringend, als die Anſpruͤche der

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/168>, abgerufen am 24.11.2024.