druck -- zähes Leben, und nichts weiter: das geistreiche, gährende National-Leben zersprengt alle diese todten Bande und Klammern, während die Schranken der wahren Monarchie zugleich mit der Frucht, die sie einschließen, selbst wach- sen und sich ausweiten. Was ist alle Dauer des Gesetzes unter den Händen des gemüthlosen Sophisten, während es in der Person des Mo- narchen umher wandelt, von Jedermann verstan- den, und doch dem Sophisten so unerreichbar, wie das Geheimniß des Lebens selbst; während alles, dessen Freiheit durch die Sprödigkeit des Geset- zes verletzt werden mag, zu seiner Zeit in dem Gemüthe des Monarchen seinen Fürsprecher fin- det! Das bloße Gesetz spricht nur; der Mo- narch aber spricht und hört. Kurz, der Idee des Rechtes ist die monarchische Verfassung gün- stiger, als die republikanische.
In Betreff der republikanischen Ver- fassung erwägen Sie zuerst die kurze Dauer aller Republiken, von denen die Geschichte redet, den Monarchieen der neueren Welt gegenüber, seit- dem diese durch ein Erbfolgegesetz befestigt, d. h. wirklich monarchisch construirt, waren. Rom und Venedig machen keine Ausnahme: jenes durchaus militärisch und auf einen Weltkrieg, dieses durchaus mercantilisch und auf einen Welt-
druck — zaͤhes Leben, und nichts weiter: das geiſtreiche, gaͤhrende National-Leben zerſprengt alle dieſe todten Bande und Klammern, waͤhrend die Schranken der wahren Monarchie zugleich mit der Frucht, die ſie einſchließen, ſelbſt wach- ſen und ſich ausweiten. Was iſt alle Dauer des Geſetzes unter den Haͤnden des gemuͤthloſen Sophiſten, waͤhrend es in der Perſon des Mo- narchen umher wandelt, von Jedermann verſtan- den, und doch dem Sophiſten ſo unerreichbar, wie das Geheimniß des Lebens ſelbſt; waͤhrend alles, deſſen Freiheit durch die Sproͤdigkeit des Geſet- zes verletzt werden mag, zu ſeiner Zeit in dem Gemuͤthe des Monarchen ſeinen Fuͤrſprecher fin- det! Das bloße Geſetz ſpricht nur; der Mo- narch aber ſpricht und hoͤrt. Kurz, der Idee des Rechtes iſt die monarchiſche Verfaſſung guͤn- ſtiger, als die republikaniſche.
In Betreff der republikaniſchen Ver- faſſung erwaͤgen Sie zuerſt die kurze Dauer aller Republiken, von denen die Geſchichte redet, den Monarchieen der neueren Welt gegenuͤber, ſeit- dem dieſe durch ein Erbfolgegeſetz befeſtigt, d. h. wirklich monarchiſch conſtruirt, waren. Rom und Venedig machen keine Ausnahme: jenes durchaus militaͤriſch und auf einen Weltkrieg, dieſes durchaus mercantiliſch und auf einen Welt-
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druck — zaͤhes Leben, und nichts weiter: das
geiſtreiche, gaͤhrende National-Leben zerſprengt
alle dieſe todten Bande und Klammern, waͤhrend
die Schranken der wahren Monarchie zugleich
mit der Frucht, die ſie einſchließen, ſelbſt wach-
ſen und ſich ausweiten. Was iſt alle Dauer
des Geſetzes unter den Haͤnden des gemuͤthloſen
Sophiſten, waͤhrend es in der Perſon des Mo-
narchen umher wandelt, von Jedermann verſtan-
den, und doch dem Sophiſten ſo unerreichbar, wie
das Geheimniß des Lebens ſelbſt; waͤhrend alles,
deſſen Freiheit durch die Sproͤdigkeit des Geſet-
zes verletzt werden mag, zu ſeiner Zeit in dem
Gemuͤthe des Monarchen ſeinen Fuͤrſprecher fin-
det! Das bloße Geſetz ſpricht nur; der Mo-
narch aber ſpricht und hoͤrt. Kurz, der Idee
des Rechtes iſt die monarchiſche Verfaſſung guͤn-
ſtiger, als die republikaniſche.
In Betreff der republikaniſchen Ver-
faſſung erwaͤgen Sie zuerſt die kurze Dauer
aller Republiken, von denen die Geſchichte redet,
den Monarchieen der neueren Welt gegenuͤber, ſeit-
dem dieſe durch ein Erbfolgegeſetz befeſtigt, d. h.
wirklich monarchiſch conſtruirt, waren. Rom
und Venedig machen keine Ausnahme: jenes
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/283>, abgerufen am 22.11.2024.
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