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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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werden, während Burke's freie Abtrünnigkeit
jedem kommenden Geschlechte immer deutlicher
in dem Lichte wahrer Treue erscheint. -- Alles,
was im Staat oder im Leben nach Begriffen
und Grundsätzen erbauet ist, vergeht im be-
wegten Flusse der Zeit. Welche Wirkung ist von
allen gerühmten Maximen des Cardinals
Richelieu
jetzt noch übrig? Die Idee aber
ist ewig; denn sie ist, sie lebt. --

In ähnlicher Abtrünnigkeit von dem Begriffe
zu Ehren der Idee erscheinen -- damit ich noch
einiger bekannten und leichteren Beispiele gedenke
-- der Cardinal-Erzbischof von Wien Migazzi,
in seinem Uebertritte von der Jansenistischen
Parthei zu der Jesuitischen, gerade in dem Au-
genblicke, und nicht eher, als bis die Jesuitische
Parthei allenthalben unterdrückt wurde; -- fer-
ner Johann von Müller in seiner glänzen-
den Jugend, als Er, der in den Sinn jeder
Parthei, also auch der Aufgeklärten, einzu-
gehen wußte, gerade zum Vertheidiger der damals
unterdrückten, der päpstlichen, wurde.

In dem steifen Verharren auf dem Buch-
staben gewisser Begriffe und Grundsätze liegt
das Geheimniß der Treue und der Festigkeit
nicht; wie sich ja überhaupt der erhabene Sinn
weder des menschlichen, noch des politischen

Müllers Elemente. I. [3]

werden, waͤhrend Burke’s freie Abtruͤnnigkeit
jedem kommenden Geſchlechte immer deutlicher
in dem Lichte wahrer Treue erſcheint. — Alles,
was im Staat oder im Leben nach Begriffen
und Grundſaͤtzen erbauet iſt, vergeht im be-
wegten Fluſſe der Zeit. Welche Wirkung iſt von
allen geruͤhmten Maximen des Cardinals
Richelieu
jetzt noch uͤbrig? Die Idee aber
iſt ewig; denn ſie iſt, ſie lebt. —

In aͤhnlicher Abtruͤnnigkeit von dem Begriffe
zu Ehren der Idee erſcheinen — damit ich noch
einiger bekannten und leichteren Beiſpiele gedenke
— der Cardinal-Erzbiſchof von Wien Migazzi,
in ſeinem Uebertritte von der Janſeniſtiſchen
Parthei zu der Jeſuitiſchen, gerade in dem Au-
genblicke, und nicht eher, als bis die Jeſuitiſche
Parthei allenthalben unterdruͤckt wurde; — fer-
ner Johann von Muͤller in ſeiner glaͤnzen-
den Jugend, als Er, der in den Sinn jeder
Parthei, alſo auch der Aufgeklaͤrten, einzu-
gehen wußte, gerade zum Vertheidiger der damals
unterdruͤckten, der paͤpſtlichen, wurde.

In dem ſteifen Verharren auf dem Buch-
ſtaben gewiſſer Begriffe und Grundſaͤtze liegt
das Geheimniß der Treue und der Feſtigkeit
nicht; wie ſich ja uͤberhaupt der erhabene Sinn
weder des menſchlichen, noch des politiſchen

Müllers Elemente. I. [3]
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[33/0067] werden, waͤhrend Burke’s freie Abtruͤnnigkeit jedem kommenden Geſchlechte immer deutlicher in dem Lichte wahrer Treue erſcheint. — Alles, was im Staat oder im Leben nach Begriffen und Grundſaͤtzen erbauet iſt, vergeht im be- wegten Fluſſe der Zeit. Welche Wirkung iſt von allen geruͤhmten Maximen des Cardinals Richelieu jetzt noch uͤbrig? Die Idee aber iſt ewig; denn ſie iſt, ſie lebt. — In aͤhnlicher Abtruͤnnigkeit von dem Begriffe zu Ehren der Idee erſcheinen — damit ich noch einiger bekannten und leichteren Beiſpiele gedenke — der Cardinal-Erzbiſchof von Wien Migazzi, in ſeinem Uebertritte von der Janſeniſtiſchen Parthei zu der Jeſuitiſchen, gerade in dem Au- genblicke, und nicht eher, als bis die Jeſuitiſche Parthei allenthalben unterdruͤckt wurde; — fer- ner Johann von Muͤller in ſeiner glaͤnzen- den Jugend, als Er, der in den Sinn jeder Parthei, alſo auch der Aufgeklaͤrten, einzu- gehen wußte, gerade zum Vertheidiger der damals unterdruͤckten, der paͤpſtlichen, wurde. In dem ſteifen Verharren auf dem Buch- ſtaben gewiſſer Begriffe und Grundſaͤtze liegt das Geheimniß der Treue und der Feſtigkeit nicht; wie ſich ja uͤberhaupt der erhabene Sinn weder des menſchlichen, noch des politiſchen Müllers Elemente. I. [3]

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/67>, abgerufen am 25.11.2024.