den ist. Ich vindicire der Staatswissenschaft, der Deutschen nehmlich -- denn mir ist es wohl erlaubt, am Ende dieser wichtigen Darstellungen des christlichen Alterthums, noch des besonde- ren, des vaterländischen, zu gedenken -- die adelige Poesie der Minnesinger, und die bürger- liche, ganz anders gestaltete, der Meistersänger, die jener, wie die Städte dem Adel, um einige Jahrhunderte später nachfolgte. Die populären Staats-Theorieen mögen diese Vindicationen ver- spotten; in der Idee des Staates, wie in dem Herzen jener dichterischen Ritter und Bürger des Mittelalters, vertragen sich die Poesie und das politische Gemeinwesen sehr wohl mit ein- ander.
In den erwähnten Monumenten der Poesie drückt sich das Leben der Deutschen Stände, und für ein kluges Auge auch ihre Verbindung, am reinsten aus. Etwas scheint allen diesen Dichtern zu fehlen; ein gewisser wehmüthiger, klagender Ton klingt durch alle Melodieen: es ist vor ih- rer Seele eine Fabel von einer besseren, älteren, treueren Zeit, deren Vergangenheit sie bedauern, halb vielleicht auch die Ahndung, daß alle Pracht, alle Gemüthlichkeit, alle Herzlichkeit ihres Le- bens nicht bestehen kann, daß noch ein Feind lebt und sich, wenn auch nur im ersten Erwachen,
den iſt. Ich vindicire der Staatswiſſenſchaft, der Deutſchen nehmlich — denn mir iſt es wohl erlaubt, am Ende dieſer wichtigen Darſtellungen des chriſtlichen Alterthums, noch des beſonde- ren, des vaterlaͤndiſchen, zu gedenken — die adelige Poeſie der Minneſinger, und die buͤrger- liche, ganz anders geſtaltete, der Meiſterſaͤnger, die jener, wie die Staͤdte dem Adel, um einige Jahrhunderte ſpaͤter nachfolgte. Die populaͤren Staats-Theorieen moͤgen dieſe Vindicationen ver- ſpotten; in der Idee des Staates, wie in dem Herzen jener dichteriſchen Ritter und Buͤrger des Mittelalters, vertragen ſich die Poeſie und das politiſche Gemeinweſen ſehr wohl mit ein- ander.
In den erwaͤhnten Monumenten der Poeſie druͤckt ſich das Leben der Deutſchen Staͤnde, und fuͤr ein kluges Auge auch ihre Verbindung, am reinſten aus. Etwas ſcheint allen dieſen Dichtern zu fehlen; ein gewiſſer wehmuͤthiger, klagender Ton klingt durch alle Melodieen: es iſt vor ih- rer Seele eine Fabel von einer beſſeren, aͤlteren, treueren Zeit, deren Vergangenheit ſie bedauern, halb vielleicht auch die Ahndung, daß alle Pracht, alle Gemuͤthlichkeit, alle Herzlichkeit ihres Le- bens nicht beſtehen kann, daß noch ein Feind lebt und ſich, wenn auch nur im erſten Erwachen,
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der Deutſchen nehmlich — denn mir iſt es wohl
erlaubt, am Ende dieſer wichtigen Darſtellungen
des chriſtlichen Alterthums, noch des beſonde-
ren, des vaterlaͤndiſchen, zu gedenken — die
adelige Poeſie der Minneſinger, und die buͤrger-
liche, ganz anders geſtaltete, der Meiſterſaͤnger,
die jener, wie die Staͤdte dem Adel, um einige
Jahrhunderte ſpaͤter nachfolgte. Die populaͤren
Staats-Theorieen moͤgen dieſe Vindicationen ver-
ſpotten; in der Idee des Staates, wie in dem
Herzen jener dichteriſchen Ritter und Buͤrger
des Mittelalters, vertragen ſich die Poeſie und
das politiſche Gemeinweſen ſehr wohl mit ein-
ander.
In den erwaͤhnten Monumenten der Poeſie
druͤckt ſich das Leben der Deutſchen Staͤnde, und
fuͤr ein kluges Auge auch ihre Verbindung, am
reinſten aus. Etwas ſcheint allen dieſen Dichtern
zu fehlen; ein gewiſſer wehmuͤthiger, klagender
Ton klingt durch alle Melodieen: es iſt vor ih-
rer Seele eine Fabel von einer beſſeren, aͤlteren,
treueren Zeit, deren Vergangenheit ſie bedauern,
halb vielleicht auch die Ahndung, daß alle Pracht,
alle Gemuͤthlichkeit, alle Herzlichkeit ihres Le-
bens nicht beſtehen kann, daß noch ein Feind
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/160>, abgerufen am 04.12.2024.
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