so hier in der Betrachtung des Reichthums kommt alles darauf an, daß die falsche Unterscheidung der Personen von den Sachen -- oder des hand- greiflich lebendigen, menschlichen Fleisches von allen übrigen Dingen, die ihr Leben oder ihren lebendigen Einfluß auf die bürgerliche Gesellschaft, wenn auch nicht durch leibhaftiges Umhergehen, Sprechen und Arbeiten, dennoch, jedes in seiner Sprache, vernehmlich genug darthun -- beseitigt werde. Kein Zeitalter hat den größtmöglichen Besitz von Sachen so erstrebt und vergöttert, wie das unsrige; kein Zeitalter hat aber auch, in solchem Widerspruche mit sich selbst, die hei- ligsten und ehrwürdigsten Besitzthümer und über- haupt alle Sachen, in denselben politischen und philosophischen Systemen, mit Einem Munde, in Einer und derselben Periode wieder verachtet, und ihnen alles Leben, alle Freiheit, alle gesell- schaftliche, rechtliche und sittliche Bedeutung ab- gesprochen, wie das unsrige. Jene rohe Distinction, vermöge deren man viele große, erhabene, zur Erhaltung ganzer Staaten unentbehrliche Dinge fahren lassen kann, um ein sogenanntes Men- schenleben zu retten -- jene rohe Distinction, die Quelle unzähliger Irrthümer, haben wir nicht gebrauchen können; wir haben erklärt und be- wiesen, daß jedes Object der Staatskunst,
ſo hier in der Betrachtung des Reichthums kommt alles darauf an, daß die falſche Unterſcheidung der Perſonen von den Sachen — oder des hand- greiflich lebendigen, menſchlichen Fleiſches von allen uͤbrigen Dingen, die ihr Leben oder ihren lebendigen Einfluß auf die buͤrgerliche Geſellſchaft, wenn auch nicht durch leibhaftiges Umhergehen, Sprechen und Arbeiten, dennoch, jedes in ſeiner Sprache, vernehmlich genug darthun — beſeitigt werde. Kein Zeitalter hat den groͤßtmoͤglichen Beſitz von Sachen ſo erſtrebt und vergoͤttert, wie das unſrige; kein Zeitalter hat aber auch, in ſolchem Widerſpruche mit ſich ſelbſt, die hei- ligſten und ehrwuͤrdigſten Beſitzthuͤmer und uͤber- haupt alle Sachen, in denſelben politiſchen und philoſophiſchen Syſtemen, mit Einem Munde, in Einer und derſelben Periode wieder verachtet, und ihnen alles Leben, alle Freiheit, alle geſell- ſchaftliche, rechtliche und ſittliche Bedeutung ab- geſprochen, wie das unſrige. Jene rohe Diſtinction, vermoͤge deren man viele große, erhabene, zur Erhaltung ganzer Staaten unentbehrliche Dinge fahren laſſen kann, um ein ſogenanntes Men- ſchenleben zu retten — jene rohe Diſtinction, die Quelle unzaͤhliger Irrthuͤmer, haben wir nicht gebrauchen koͤnnen; wir haben erklaͤrt und be- wieſen, daß jedes Object der Staatskunſt,
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ſo hier in der Betrachtung des Reichthums kommt
alles darauf an, daß die falſche Unterſcheidung
der Perſonen von den Sachen — oder des hand-
greiflich lebendigen, menſchlichen Fleiſches von
allen uͤbrigen Dingen, die ihr Leben oder ihren
lebendigen Einfluß auf die buͤrgerliche Geſellſchaft,
wenn auch nicht durch leibhaftiges Umhergehen,
Sprechen und Arbeiten, dennoch, jedes in ſeiner
Sprache, vernehmlich genug darthun — beſeitigt
werde. Kein Zeitalter hat den groͤßtmoͤglichen
Beſitz von Sachen ſo erſtrebt und vergoͤttert,
wie das unſrige; kein Zeitalter hat aber auch,
in ſolchem Widerſpruche mit ſich ſelbſt, die hei-
ligſten und ehrwuͤrdigſten Beſitzthuͤmer und uͤber-
haupt alle Sachen, in denſelben politiſchen und
philoſophiſchen Syſtemen, mit Einem Munde,
in Einer und derſelben Periode wieder verachtet,
und ihnen alles Leben, alle Freiheit, alle geſell-
ſchaftliche, rechtliche und ſittliche Bedeutung ab-
geſprochen, wie das unſrige. Jene rohe Diſtinction,
vermoͤge deren man viele große, erhabene, zur
Erhaltung ganzer Staaten unentbehrliche Dinge
fahren laſſen kann, um ein ſogenanntes Men-
ſchenleben zu retten — jene rohe Diſtinction, die
Quelle unzaͤhliger Irrthuͤmer, haben wir nicht
gebrauchen koͤnnen; wir haben erklaͤrt und be-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/199>, abgerufen am 11.12.2024.
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