len, die befreiet werden sollen, an's Licht tritt, führt er sie vom Wege ab, weiter und weiter in die Wüste hinein, Leiden und Schmerzen al- ler Art entgegen, bis auf der mühseligen, in sich selbst schauerlich verschlungenen Bahn die Ge- müther von allen sklavischen Friedensgedanken und von allen Träumen eines gemächlichen Le- bens allmählich entwöhnt werden, bis sie im Feuer und in der Noth die himmlischen Mächte kennen lernen und deutlich ihre Stimme verneh- men. Ja, da die alten sklavischen Angewöh- nungen der Seele nicht durchaus bezwungen wer- den können, so treibt er seine erhabene Hand- lung noch höher. Vierzig Jahre dauert die Prüfung, bis die ganze leibhaftig befreiete Generation hin- gestorben und keiner mehr übrig ist, der selbst die Sklaverei empfunden hätte. -- Vierzig Jahre hindurch zeigt er unerschütterlich auf den Arm Dessen hin, der sie in den unsäglichsten Schmer- zen aufrecht erhält: der ist euer König! von ihm erwartet Vaterland und Freiheit! --
Nachdem er auf solche Art ein Volk von nahe an drittehalb Millionen Köpfen in Eins geschmiedet, nachdem er es gestählt und bewaff- net, um ein Jahrtausend hindurch zu dauern -- da, im Angesichte des verheißenen Landes, wel- ches er selbst nicht betrat, sicher seines Erfol-
len, die befreiet werden ſollen, an’s Licht tritt, fuͤhrt er ſie vom Wege ab, weiter und weiter in die Wuͤſte hinein, Leiden und Schmerzen al- ler Art entgegen, bis auf der muͤhſeligen, in ſich ſelbſt ſchauerlich verſchlungenen Bahn die Ge- muͤther von allen ſklaviſchen Friedensgedanken und von allen Traͤumen eines gemaͤchlichen Le- bens allmaͤhlich entwoͤhnt werden, bis ſie im Feuer und in der Noth die himmliſchen Maͤchte kennen lernen und deutlich ihre Stimme verneh- men. Ja, da die alten ſklaviſchen Angewoͤh- nungen der Seele nicht durchaus bezwungen wer- den koͤnnen, ſo treibt er ſeine erhabene Hand- lung noch hoͤher. Vierzig Jahre dauert die Pruͤfung, bis die ganze leibhaftig befreiete Generation hin- geſtorben und keiner mehr uͤbrig iſt, der ſelbſt die Sklaverei empfunden haͤtte. — Vierzig Jahre hindurch zeigt er unerſchuͤtterlich auf den Arm Deſſen hin, der ſie in den unſaͤglichſten Schmer- zen aufrecht erhaͤlt: der iſt euer Koͤnig! von ihm erwartet Vaterland und Freiheit! —
Nachdem er auf ſolche Art ein Volk von nahe an drittehalb Millionen Koͤpfen in Eins geſchmiedet, nachdem er es geſtaͤhlt und bewaff- net, um ein Jahrtauſend hindurch zu dauern — da, im Angeſichte des verheißenen Landes, wel- ches er ſelbſt nicht betrat, ſicher ſeines Erfol-
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in die Wuͤſte hinein, Leiden und Schmerzen al-
ler Art entgegen, bis auf der muͤhſeligen, in
ſich ſelbſt ſchauerlich verſchlungenen Bahn die Ge-
muͤther von allen ſklaviſchen Friedensgedanken
und von allen Traͤumen eines gemaͤchlichen Le-
bens allmaͤhlich entwoͤhnt werden, bis ſie im
Feuer und in der Noth die himmliſchen Maͤchte
kennen lernen und deutlich ihre Stimme verneh-
men. Ja, da die alten ſklaviſchen Angewoͤh-
nungen der Seele nicht durchaus bezwungen wer-
den koͤnnen, ſo treibt er ſeine erhabene Hand-
lung noch hoͤher. Vierzig Jahre dauert die Pruͤfung,
bis die ganze leibhaftig befreiete Generation hin-
geſtorben und keiner mehr uͤbrig iſt, der ſelbſt die
Sklaverei empfunden haͤtte. — Vierzig Jahre
hindurch zeigt er unerſchuͤtterlich auf den Arm
Deſſen hin, der ſie in den unſaͤglichſten Schmer-
zen aufrecht erhaͤlt: der iſt euer Koͤnig! von
ihm erwartet Vaterland und Freiheit! —
Nachdem er auf ſolche Art ein Volk von
nahe an drittehalb Millionen Koͤpfen in Eins
geſchmiedet, nachdem er es geſtaͤhlt und bewaff-
net, um ein Jahrtauſend hindurch zu dauern —
da, im Angeſichte des verheißenen Landes, wel-
ches er ſelbſt nicht betrat, ſicher ſeines Erfol-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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