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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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Krieg; da ständen, wie es sich gebühre, viel-
mehr Handel und Handel, Sachen und Sachen,
Geld und Geld einander gegenüber, als Perso-
nen und Personen. Man fragte, was die Preus-
sen ihrem siebenjährigen Kriege für eine Wich-
tigkeit gäben! Der Seekrieg zwischen England
und Frankreich, sagte man, sey die Hauptsache
gewesen, der Preussische Krieg ein unbedeuten-
der Nebenhandel, wie der Hubertsburger-Friede
eine unwichtige Neben-Clausel des Pariser-Frie-
dens. Um den Handel bewege sich die Welt.

Daß diese nichtswürdige Ansicht von den er-
habenen Angelegenheiten unseres Welttheils noch
jetzt die gesammte Menge von Europa gefangen
hält, fühlen wir Alle an dem allgemeinen Ab-
scheu vor der grundlosen Chimäre eines Mono-
pols zum Welthandel. Dies Schreckbild wirkt
auf die Seichtigkeit unsrer Zeiten ungefähr so,
wie der viel gründlichere Teufel auf die Gründ-
lichkeit des Deutschen Alterthums.

Kurz, eine Maschinerie war im Laufe der
letzten Jahrhunderte an die Stelle lebendiger
Vereine, welche lebendigen Menschen einzig an-
gemessen sind, getreten: eine, der Hinfälligkeit
aller mechanischen Veranstaltungen unterworfene
Maschinerie, während die Idee für die Ewigkeit
bauet. Es wurde die Aufgabe aller Staats-

Krieg; da ſtaͤnden, wie es ſich gebuͤhre, viel-
mehr Handel und Handel, Sachen und Sachen,
Geld und Geld einander gegenuͤber, als Perſo-
nen und Perſonen. Man fragte, was die Preuſ-
ſen ihrem ſiebenjaͤhrigen Kriege fuͤr eine Wich-
tigkeit gaͤben! Der Seekrieg zwiſchen England
und Frankreich, ſagte man, ſey die Hauptſache
geweſen, der Preuſſiſche Krieg ein unbedeuten-
der Nebenhandel, wie der Hubertsburger-Friede
eine unwichtige Neben-Clauſel des Pariſer-Frie-
dens. Um den Handel bewege ſich die Welt.

Daß dieſe nichtswuͤrdige Anſicht von den er-
habenen Angelegenheiten unſeres Welttheils noch
jetzt die geſammte Menge von Europa gefangen
haͤlt, fuͤhlen wir Alle an dem allgemeinen Ab-
ſcheu vor der grundloſen Chimaͤre eines Mono-
pols zum Welthandel. Dies Schreckbild wirkt
auf die Seichtigkeit unſrer Zeiten ungefaͤhr ſo,
wie der viel gruͤndlichere Teufel auf die Gruͤnd-
lichkeit des Deutſchen Alterthums.

Kurz, eine Maſchinerie war im Laufe der
letzten Jahrhunderte an die Stelle lebendiger
Vereine, welche lebendigen Menſchen einzig an-
gemeſſen ſind, getreten: eine, der Hinfaͤlligkeit
aller mechaniſchen Veranſtaltungen unterworfene
Maſchinerie, waͤhrend die Idee fuͤr die Ewigkeit
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[210/0218] Krieg; da ſtaͤnden, wie es ſich gebuͤhre, viel- mehr Handel und Handel, Sachen und Sachen, Geld und Geld einander gegenuͤber, als Perſo- nen und Perſonen. Man fragte, was die Preuſ- ſen ihrem ſiebenjaͤhrigen Kriege fuͤr eine Wich- tigkeit gaͤben! Der Seekrieg zwiſchen England und Frankreich, ſagte man, ſey die Hauptſache geweſen, der Preuſſiſche Krieg ein unbedeuten- der Nebenhandel, wie der Hubertsburger-Friede eine unwichtige Neben-Clauſel des Pariſer-Frie- dens. Um den Handel bewege ſich die Welt. Daß dieſe nichtswuͤrdige Anſicht von den er- habenen Angelegenheiten unſeres Welttheils noch jetzt die geſammte Menge von Europa gefangen haͤlt, fuͤhlen wir Alle an dem allgemeinen Ab- ſcheu vor der grundloſen Chimaͤre eines Mono- pols zum Welthandel. Dies Schreckbild wirkt auf die Seichtigkeit unſrer Zeiten ungefaͤhr ſo, wie der viel gruͤndlichere Teufel auf die Gruͤnd- lichkeit des Deutſchen Alterthums. Kurz, eine Maſchinerie war im Laufe der letzten Jahrhunderte an die Stelle lebendiger Vereine, welche lebendigen Menſchen einzig an- gemeſſen ſind, getreten: eine, der Hinfaͤlligkeit aller mechaniſchen Veranſtaltungen unterworfene Maſchinerie, waͤhrend die Idee fuͤr die Ewigkeit bauet. Es wurde die Aufgabe aller Staats-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/218>, abgerufen am 21.11.2024.