Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

langen nach auswärtigen Producten ist unsinnig,
so unsinnig, als wenn der Eichbaum fragen woll-
te: warum bin ich nicht Palmbaum? und um-
gekehrt; sondern außer der einseitigen Industrie,
von der man bis jetzt allein das Verdrängen der
Englischen Waaren erwartet hatte, die Ausbil-
dung, die Befestigung des bürgerlichen Gemein-
wesens. Ein Staat, der den Einfluß auswärtiger
Industrie zerstören will, die, wie alle wahre
Industrie, auf National-Kraft und National-
Geist gegründet ist, erreicht nichts, außer in so
fern er sich zur Liebe der eigenen Sitten zurück-
führt, indem er seinen inneren Verband befestigt,
durch seine Lebendigkeit wahren National-Stolz er-
weckt, in so fern er selbst durch und durch liebens-
würdig wird. Diese Liebenswürdigkeit der Natio-
nal-Production theilt sich allen einzelnen Produc-
tionen, ja selbst solchen Waaren mit, die von ihr
nur einmal und flüchtig berührt worden sind;
und sie ist es, die, wenn einzelne Eigenschaften
der Waaren, Zweckmäßigkeit, Wohlfeilheit, Dau-
erhaftigkeit nichts bewirken, endlich gewiß die
Käufer zwingt und besiegt. Die Worte: Zweck-
mäßigkeit
und Brauchbarkeit, haben auf
jedem Boden der Erde einen abgesonderten und
eigenthümlichen Sinn; und so hat auch das Be-
dürfniß der einzelnen Völker, wie es sich auch

im

langen nach auswaͤrtigen Producten iſt unſinnig,
ſo unſinnig, als wenn der Eichbaum fragen woll-
te: warum bin ich nicht Palmbaum? und um-
gekehrt; ſondern außer der einſeitigen Induſtrie,
von der man bis jetzt allein das Verdraͤngen der
Engliſchen Waaren erwartet hatte, die Ausbil-
dung, die Befeſtigung des buͤrgerlichen Gemein-
weſens. Ein Staat, der den Einfluß auswaͤrtiger
Induſtrie zerſtoͤren will, die, wie alle wahre
Induſtrie, auf National-Kraft und National-
Geiſt gegruͤndet iſt, erreicht nichts, außer in ſo
fern er ſich zur Liebe der eigenen Sitten zuruͤck-
fuͤhrt, indem er ſeinen inneren Verband befeſtigt,
durch ſeine Lebendigkeit wahren National-Stolz er-
weckt, in ſo fern er ſelbſt durch und durch liebens-
wuͤrdig wird. Dieſe Liebenswuͤrdigkeit der Natio-
nal-Production theilt ſich allen einzelnen Produc-
tionen, ja ſelbſt ſolchen Waaren mit, die von ihr
nur einmal und fluͤchtig beruͤhrt worden ſind;
und ſie iſt es, die, wenn einzelne Eigenſchaften
der Waaren, Zweckmaͤßigkeit, Wohlfeilheit, Dau-
erhaftigkeit nichts bewirken, endlich gewiß die
Kaͤufer zwingt und beſiegt. Die Worte: Zweck-
maͤßigkeit
und Brauchbarkeit, haben auf
jedem Boden der Erde einen abgeſonderten und
eigenthuͤmlichen Sinn; und ſo hat auch das Be-
duͤrfniß der einzelnen Voͤlker, wie es ſich auch

im
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0248" n="240"/>
langen nach auswa&#x0364;rtigen Producten i&#x017F;t un&#x017F;innig,<lb/>
&#x017F;o un&#x017F;innig, als wenn der Eichbaum fragen woll-<lb/>
te: warum bin ich nicht Palmbaum? und um-<lb/>
gekehrt; &#x017F;ondern außer der ein&#x017F;eitigen Indu&#x017F;trie,<lb/>
von der man bis jetzt allein das Verdra&#x0364;ngen der<lb/>
Engli&#x017F;chen Waaren erwartet hatte, die Ausbil-<lb/>
dung, die Befe&#x017F;tigung des bu&#x0364;rgerlichen Gemein-<lb/>
we&#x017F;ens. Ein Staat, der den Einfluß auswa&#x0364;rtiger<lb/>
Indu&#x017F;trie zer&#x017F;to&#x0364;ren will, die, wie alle wahre<lb/>
Indu&#x017F;trie, auf National-Kraft und National-<lb/>
Gei&#x017F;t gegru&#x0364;ndet i&#x017F;t, erreicht nichts, außer in &#x017F;o<lb/>
fern er &#x017F;ich zur Liebe der eigenen Sitten zuru&#x0364;ck-<lb/>
fu&#x0364;hrt, indem er &#x017F;einen inneren Verband befe&#x017F;tigt,<lb/>
durch &#x017F;eine Lebendigkeit wahren National-Stolz er-<lb/>
weckt, in &#x017F;o fern er &#x017F;elb&#x017F;t durch und durch liebens-<lb/>
wu&#x0364;rdig wird. Die&#x017F;e Liebenswu&#x0364;rdigkeit der Natio-<lb/>
nal-Production theilt &#x017F;ich allen einzelnen Produc-<lb/>
tionen, ja &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;olchen Waaren mit, die von ihr<lb/>
nur einmal und flu&#x0364;chtig beru&#x0364;hrt worden &#x017F;ind;<lb/>
und &#x017F;ie i&#x017F;t es, die, wenn einzelne Eigen&#x017F;chaften<lb/>
der Waaren, Zweckma&#x0364;ßigkeit, Wohlfeilheit, Dau-<lb/>
erhaftigkeit nichts bewirken, endlich gewiß die<lb/>
Ka&#x0364;ufer zwingt und be&#x017F;iegt. Die Worte: <hi rendition="#g">Zweck-<lb/>
ma&#x0364;ßigkeit</hi> und <hi rendition="#g">Brauchbarkeit</hi>, haben auf<lb/>
jedem Boden der Erde einen abge&#x017F;onderten und<lb/>
eigenthu&#x0364;mlichen Sinn; und &#x017F;o hat auch das Be-<lb/>
du&#x0364;rfniß der einzelnen Vo&#x0364;lker, wie es &#x017F;ich auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">im</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0248] langen nach auswaͤrtigen Producten iſt unſinnig, ſo unſinnig, als wenn der Eichbaum fragen woll- te: warum bin ich nicht Palmbaum? und um- gekehrt; ſondern außer der einſeitigen Induſtrie, von der man bis jetzt allein das Verdraͤngen der Engliſchen Waaren erwartet hatte, die Ausbil- dung, die Befeſtigung des buͤrgerlichen Gemein- weſens. Ein Staat, der den Einfluß auswaͤrtiger Induſtrie zerſtoͤren will, die, wie alle wahre Induſtrie, auf National-Kraft und National- Geiſt gegruͤndet iſt, erreicht nichts, außer in ſo fern er ſich zur Liebe der eigenen Sitten zuruͤck- fuͤhrt, indem er ſeinen inneren Verband befeſtigt, durch ſeine Lebendigkeit wahren National-Stolz er- weckt, in ſo fern er ſelbſt durch und durch liebens- wuͤrdig wird. Dieſe Liebenswuͤrdigkeit der Natio- nal-Production theilt ſich allen einzelnen Produc- tionen, ja ſelbſt ſolchen Waaren mit, die von ihr nur einmal und fluͤchtig beruͤhrt worden ſind; und ſie iſt es, die, wenn einzelne Eigenſchaften der Waaren, Zweckmaͤßigkeit, Wohlfeilheit, Dau- erhaftigkeit nichts bewirken, endlich gewiß die Kaͤufer zwingt und beſiegt. Die Worte: Zweck- maͤßigkeit und Brauchbarkeit, haben auf jedem Boden der Erde einen abgeſonderten und eigenthuͤmlichen Sinn; und ſo hat auch das Be- duͤrfniß der einzelnen Voͤlker, wie es ſich auch im

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/248
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/248>, abgerufen am 24.11.2024.