Wissenschaft zuerst auf diesen wichtigen Unter- schied aufmerksam gemacht, und ist dadurch die Veranlassung einer ganz neuen Erwägung von dem Wesen des Reichthumes, und auch von dem Wesen der Production, geworden.
Produciren heißt, aus zwei Elemen- ten etwas Drittes erzeugen, zwischen zwei streitenden Dingen vermitteln, und sie nöthigen, daß aus ihrem Streite ein drittes hervorgehe. Der Mensch läßt seine körperlichen Kräfte nach ihren Gesetzen mit ir- gend einem rohen Material, nach Maßgabe der Natur und der Eigenschaften dieses Materials, einen Streit beginnen, den er selbst mit Klug- heit so lenkt, daß ein Drittes, welches wir Product nennen, daraus entstehen muß. Der Mensch benutzt irgend eine Naturkraft, Schwe- re, Feuer, Wasser, Dampf, um, vermit- test ihrer, andre Naturkräfte zu überwinden; d. h. er führt einzelne Eigenheiten der Na- tur mit andern Eigenheiten derselben auf eine klage Weise in einen Streit, woraus das Pro- duct sich entwickeln muß. Die einfachste Hand- arbeit und die erhabenste Geistes- oder Kunst- Production geschehen nach diesem Gesetze: nir- ge[n]ds hat der Mensch ein einzelnes Object aus- schießlich zur Bearbeitung vor sich; auf der
Wiſſenſchaft zuerſt auf dieſen wichtigen Unter- ſchied aufmerkſam gemacht, und iſt dadurch die Veranlaſſung einer ganz neuen Erwaͤgung von dem Weſen des Reichthumes, und auch von dem Weſen der Production, geworden.
Produciren heißt, aus zwei Elemen- ten etwas Drittes erzeugen, zwiſchen zwei ſtreitenden Dingen vermitteln, und ſie noͤthigen, daß aus ihrem Streite ein drittes hervorgehe. Der Menſch laͤßt ſeine koͤrperlichen Kraͤfte nach ihren Geſetzen mit ir- gend einem rohen Material, nach Maßgabe der Natur und der Eigenſchaften dieſes Materials, einen Streit beginnen, den er ſelbſt mit Klug- heit ſo lenkt, daß ein Drittes, welches wir Product nennen, daraus entſtehen muß. Der Menſch benutzt irgend eine Naturkraft, Schwe- re, Feuer, Waſſer, Dampf, um, vermit- teſt ihrer, andre Naturkraͤfte zu uͤberwinden; d. h. er fuͤhrt einzelne Eigenheiten der Na- tur mit andern Eigenheiten derſelben auf eine klage Weiſe in einen Streit, woraus das Pro- duct ſich entwickeln muß. Die einfachſte Hand- arbeit und die erhabenſte Geiſtes- oder Kunſt- Production geſchehen nach dieſem Geſetze: nir- ge[n]ds hat der Menſch ein einzelnes Object aus- ſchießlich zur Bearbeitung vor ſich; auf der
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Wiſſenſchaft zuerſt auf dieſen wichtigen Unter-
ſchied aufmerkſam gemacht, und iſt dadurch die
Veranlaſſung einer ganz neuen Erwaͤgung von
dem Weſen des Reichthumes, und auch von dem
Weſen der Production, geworden.
Produciren heißt, aus zwei Elemen-
ten etwas Drittes erzeugen, zwiſchen
zwei ſtreitenden Dingen vermitteln, und
ſie noͤthigen, daß aus ihrem Streite ein
drittes hervorgehe. Der Menſch laͤßt ſeine
koͤrperlichen Kraͤfte nach ihren Geſetzen mit ir-
gend einem rohen Material, nach Maßgabe der
Natur und der Eigenſchaften dieſes Materials,
einen Streit beginnen, den er ſelbſt mit Klug-
heit ſo lenkt, daß ein Drittes, welches wir
Product nennen, daraus entſtehen muß. Der
Menſch benutzt irgend eine Naturkraft, Schwe-
re, Feuer, Waſſer, Dampf, um, vermit-
teſt ihrer, andre Naturkraͤfte zu uͤberwinden;
d. h. er fuͤhrt einzelne Eigenheiten der Na-
tur mit andern Eigenheiten derſelben auf eine
klage Weiſe in einen Streit, woraus das Pro-
duct ſich entwickeln muß. Die einfachſte Hand-
arbeit und die erhabenſte Geiſtes- oder Kunſt-
Production geſchehen nach dieſem Geſetze: nir-
gends hat der Menſch ein einzelnes Object aus-
ſchießlich zur Bearbeitung vor ſich; auf der
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/257>, abgerufen am 24.11.2024.
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