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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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in allen Nachbarstaaten aufrecht zu erhalten
weiß. --

Von der Beantwortung dieser Fragen hängt
es ab, ob ein Staat wahrhaft reich und selbst-
ständig zu nennen sey. Sobald aber die Na-
tional-Kraft, oder der gesellschaftliche Geist,
welcher eine Nation zu einem mächtigen Ganzen
verbindet, durch irgend eine wahre Calamität ge-
schwächt wird, stockt auch der wesentliche Verkehr,
welcher allenthalben da zu finden ist, wo wesent-
liche Festigkeit Statt hat. Nun wird augenblick-
lich die Schlechtheit oder der Mangel des Me-
tallgeldes gefühlt; jedermann hält den Suverän
des physischen Lebens, nehmlich das Metallgeld,
so fest, wie er kann, sieht aber bald ein, daß
auch dieser Suverän seine Macht verloren, seit-
dem der bewegende Anstoß des lebendigen Su-
veräns, oder des wahren Geldes, seine Kraft
verloren hat. Wenn auch von der alten vor-
handenen Summe des Geldes nicht ein Thaler
verloren ginge, so würde sich dennoch augenblick-
lich Geschrei über Geldmangel erheben.

Die Summe des in einem Staate vorhan-
denen Geldes wird allenthalben, mehr oder we-
niger, mit der Lebhaftigkeit der Geld-Circula-
tion in umgekehrtem Verhältnisse stehen; oder
je größer die agirende und reagirende Circulation

in allen Nachbarſtaaten aufrecht zu erhalten
weiß. —

Von der Beantwortung dieſer Fragen haͤngt
es ab, ob ein Staat wahrhaft reich und ſelbſt-
ſtaͤndig zu nennen ſey. Sobald aber die Na-
tional-Kraft, oder der geſellſchaftliche Geiſt,
welcher eine Nation zu einem maͤchtigen Ganzen
verbindet, durch irgend eine wahre Calamitaͤt ge-
ſchwaͤcht wird, ſtockt auch der weſentliche Verkehr,
welcher allenthalben da zu finden iſt, wo weſent-
liche Feſtigkeit Statt hat. Nun wird augenblick-
lich die Schlechtheit oder der Mangel des Me-
tallgeldes gefuͤhlt; jedermann haͤlt den Suveraͤn
des phyſiſchen Lebens, nehmlich das Metallgeld,
ſo feſt, wie er kann, ſieht aber bald ein, daß
auch dieſer Suveraͤn ſeine Macht verloren, ſeit-
dem der bewegende Anſtoß des lebendigen Su-
veraͤns, oder des wahren Geldes, ſeine Kraft
verloren hat. Wenn auch von der alten vor-
handenen Summe des Geldes nicht ein Thaler
verloren ginge, ſo wuͤrde ſich dennoch augenblick-
lich Geſchrei uͤber Geldmangel erheben.

Die Summe des in einem Staate vorhan-
denen Geldes wird allenthalben, mehr oder we-
niger, mit der Lebhaftigkeit der Geld-Circula-
tion in umgekehrtem Verhaͤltniſſe ſtehen; oder
je groͤßer die agirende und reagirende Circulation

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[298/0306] in allen Nachbarſtaaten aufrecht zu erhalten weiß. — Von der Beantwortung dieſer Fragen haͤngt es ab, ob ein Staat wahrhaft reich und ſelbſt- ſtaͤndig zu nennen ſey. Sobald aber die Na- tional-Kraft, oder der geſellſchaftliche Geiſt, welcher eine Nation zu einem maͤchtigen Ganzen verbindet, durch irgend eine wahre Calamitaͤt ge- ſchwaͤcht wird, ſtockt auch der weſentliche Verkehr, welcher allenthalben da zu finden iſt, wo weſent- liche Feſtigkeit Statt hat. Nun wird augenblick- lich die Schlechtheit oder der Mangel des Me- tallgeldes gefuͤhlt; jedermann haͤlt den Suveraͤn des phyſiſchen Lebens, nehmlich das Metallgeld, ſo feſt, wie er kann, ſieht aber bald ein, daß auch dieſer Suveraͤn ſeine Macht verloren, ſeit- dem der bewegende Anſtoß des lebendigen Su- veraͤns, oder des wahren Geldes, ſeine Kraft verloren hat. Wenn auch von der alten vor- handenen Summe des Geldes nicht ein Thaler verloren ginge, ſo wuͤrde ſich dennoch augenblick- lich Geſchrei uͤber Geldmangel erheben. Die Summe des in einem Staate vorhan- denen Geldes wird allenthalben, mehr oder we- niger, mit der Lebhaftigkeit der Geld-Circula- tion in umgekehrtem Verhaͤltniſſe ſtehen; oder je groͤßer die agirende und reagirende Circulation

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/306>, abgerufen am 24.11.2024.