Staat gebunden wird. Das Welt- oder Me- tallgeld erhält dem einzelnen Besitzer die große unmittelbare Quelle alles Reichthums und alles Eigenthums nicht so gegenwärtig, wie das Pa- piergeld; es bestärkt den Besitzer in dem unglück- lichen Wahn, daß er mit seinem individuellen Interesse und seinem Privatnutzen überhaupt, nur von den Strömungen des Welthandels, nicht aber viel unmittelbarer und näher und na- türlicher von dem künstlichen Verkehr des Bin- nenhandels und von seiner einzigen Garantie, nehmlich der Staatsverfassung und dem Suve- rän, abhange.
Warum hat sich die Furcht vor dem Han- dels-Momopol der Britten für jetzt fast allge- mein in ganz Europa verbreitet? Weil die Völ- ker des Continents den leichtesten Nachtheil, der aus einer Weltbegenheit für ihre Privat-Existenz erwächst, für den eigentlich großen Verlust halten.
Dennoch wird nur den Individuen, dem interet de tous, geschmeichelt, oder man sagt: daß alles Glück des Lebens in der physischen Privat-Industrie und in der geistigen Privat- Industrie (vulgo "Aufklärung" genannt), daß aller National-Wohlstand in dem baaren Gelde, welches so leicht zu nehmen ist, bestehe,
Staat gebunden wird. Das Welt- oder Me- tallgeld erhaͤlt dem einzelnen Beſitzer die große unmittelbare Quelle alles Reichthums und alles Eigenthums nicht ſo gegenwaͤrtig, wie das Pa- piergeld; es beſtaͤrkt den Beſitzer in dem ungluͤck- lichen Wahn, daß er mit ſeinem individuellen Intereſſe und ſeinem Privatnutzen uͤberhaupt, nur von den Stroͤmungen des Welthandels, nicht aber viel unmittelbarer und naͤher und na- tuͤrlicher von dem kuͤnſtlichen Verkehr des Bin- nenhandels und von ſeiner einzigen Garantie, nehmlich der Staatsverfaſſung und dem Suve- raͤn, abhange.
Warum hat ſich die Furcht vor dem Han- dels-Momopol der Britten fuͤr jetzt faſt allge- mein in ganz Europa verbreitet? Weil die Voͤl- ker des Continents den leichteſten Nachtheil, der aus einer Weltbegenheit fuͤr ihre Privat-Exiſtenz erwaͤchſt, fuͤr den eigentlich großen Verluſt halten.
Dennoch wird nur den Individuen, dem interêt de tous, geſchmeichelt, oder man ſagt: daß alles Gluͤck des Lebens in der phyſiſchen Privat-Induſtrie und in der geiſtigen Privat- Induſtrie (vulgo „Aufklaͤrung” genannt), daß aller National-Wohlſtand in dem baaren Gelde, welches ſo leicht zu nehmen iſt, beſtehe,
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Staat gebunden wird. Das Welt- oder Me-
tallgeld erhaͤlt dem einzelnen Beſitzer die große
unmittelbare Quelle alles Reichthums und alles
Eigenthums nicht ſo gegenwaͤrtig, wie das Pa-
piergeld; es beſtaͤrkt den Beſitzer in dem ungluͤck-
lichen Wahn, daß er mit ſeinem individuellen
Intereſſe und ſeinem Privatnutzen uͤberhaupt,
nur von den Stroͤmungen des Welthandels,
nicht aber viel unmittelbarer und naͤher und na-
tuͤrlicher von dem kuͤnſtlichen Verkehr des Bin-
nenhandels und von ſeiner einzigen Garantie,
nehmlich der Staatsverfaſſung und dem Suve-
raͤn, abhange.
Warum hat ſich die Furcht vor dem Han-
dels-Momopol der Britten fuͤr jetzt faſt allge-
mein in ganz Europa verbreitet? Weil die Voͤl-
ker des Continents den leichteſten Nachtheil, der
aus einer Weltbegenheit fuͤr ihre Privat-Exiſtenz
erwaͤchſt, fuͤr den eigentlich großen Verluſt
halten.
Dennoch wird nur den Individuen, dem
interêt de tous, geſchmeichelt, oder man ſagt:
daß alles Gluͤck des Lebens in der phyſiſchen
Privat-Induſtrie und in der geiſtigen Privat-
Induſtrie (vulgo „Aufklaͤrung” genannt),
daß aller National-Wohlſtand in dem baaren
Gelde, welches ſo leicht zu nehmen iſt, beſtehe,
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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