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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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stämme, welche von Osten her über das Römi-
sche Reich fielen, läßt sich nicht verkennen. Es
ist hier nicht der Ort, zu untersuchen, in wie fern
unter den Asiatischen Gesetzgebungen ein wirklich
genealogischer Zusammenhang Statt finden möch-
te; genug, diese Einrichtung ist die natürlichste
und ursprünglichste, besonders seitdem ein gemein-
schaftlicher Glaube unter den sogenannten Bar-
baren des Mittelalters die Idee eines unsichtba-
ren obersten Lehnsherrn festgestellt hatte, und
demnach der sichtbare Süzerän, als der Stell-
vertreter jenes unsichtbaren, anerkannt war. --
Wie weit man davon entfernt war, dem obersten
Lehnsherrn ein unbedingtes Eigenthum über die
Landschaften, welche er verlieh, zuzugestehen, ist
jedem Kenner des Mittelalters wohl bekannt. --

Man sollte doch nie übersehen, daß der
Grundgedanke des gesammten Lehns-Systems
eigentlich der ist: Es giebt nur Nießbrauch,
aber keinen unbedingten Besitz. Und da man
dem zu Folge dem Grundeigenthum etwas Per-
sönliches, Unveräußerliches, Heiliges zugestand,
so war der Tausch: Besitz gegen Dienste,
keinesweges unnatürlich, wie ihn gegenwärtig
die dürre Weisheit und die haushälterische Hu-
manität unsres Jahrhunderts findet, nachdem
sie zu der tiefen Einsicht gekommen ist, daß die

ſtaͤmme, welche von Oſten her uͤber das Roͤmi-
ſche Reich fielen, laͤßt ſich nicht verkennen. Es
iſt hier nicht der Ort, zu unterſuchen, in wie fern
unter den Aſiatiſchen Geſetzgebungen ein wirklich
genealogiſcher Zuſammenhang Statt finden moͤch-
te; genug, dieſe Einrichtung iſt die natuͤrlichſte
und urſpruͤnglichſte, beſonders ſeitdem ein gemein-
ſchaftlicher Glaube unter den ſogenannten Bar-
baren des Mittelalters die Idee eines unſichtba-
ren oberſten Lehnsherrn feſtgeſtellt hatte, und
demnach der ſichtbare Suͤzeraͤn, als der Stell-
vertreter jenes unſichtbaren, anerkannt war. —
Wie weit man davon entfernt war, dem oberſten
Lehnsherrn ein unbedingtes Eigenthum uͤber die
Landſchaften, welche er verlieh, zuzugeſtehen, iſt
jedem Kenner des Mittelalters wohl bekannt. —

Man ſollte doch nie uͤberſehen, daß der
Grundgedanke des geſammten Lehns-Syſtems
eigentlich der iſt: Es giebt nur Nießbrauch,
aber keinen unbedingten Beſitz. Und da man
dem zu Folge dem Grundeigenthum etwas Per-
ſoͤnliches, Unveraͤußerliches, Heiliges zugeſtand,
ſo war der Tauſch: Beſitz gegen Dienſte,
keinesweges unnatuͤrlich, wie ihn gegenwaͤrtig
die duͤrre Weisheit und die haushaͤlteriſche Hu-
manitaͤt unſres Jahrhunderts findet, nachdem
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[79/0087] ſtaͤmme, welche von Oſten her uͤber das Roͤmi- ſche Reich fielen, laͤßt ſich nicht verkennen. Es iſt hier nicht der Ort, zu unterſuchen, in wie fern unter den Aſiatiſchen Geſetzgebungen ein wirklich genealogiſcher Zuſammenhang Statt finden moͤch- te; genug, dieſe Einrichtung iſt die natuͤrlichſte und urſpruͤnglichſte, beſonders ſeitdem ein gemein- ſchaftlicher Glaube unter den ſogenannten Bar- baren des Mittelalters die Idee eines unſichtba- ren oberſten Lehnsherrn feſtgeſtellt hatte, und demnach der ſichtbare Suͤzeraͤn, als der Stell- vertreter jenes unſichtbaren, anerkannt war. — Wie weit man davon entfernt war, dem oberſten Lehnsherrn ein unbedingtes Eigenthum uͤber die Landſchaften, welche er verlieh, zuzugeſtehen, iſt jedem Kenner des Mittelalters wohl bekannt. — Man ſollte doch nie uͤberſehen, daß der Grundgedanke des geſammten Lehns-Syſtems eigentlich der iſt: Es giebt nur Nießbrauch, aber keinen unbedingten Beſitz. Und da man dem zu Folge dem Grundeigenthum etwas Per- ſoͤnliches, Unveraͤußerliches, Heiliges zugeſtand, ſo war der Tauſch: Beſitz gegen Dienſte, keinesweges unnatuͤrlich, wie ihn gegenwaͤrtig die duͤrre Weisheit und die haushaͤlteriſche Hu- manitaͤt unſres Jahrhunderts findet, nachdem ſie zu der tiefen Einſicht gekommen iſt, daß die

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/87>, abgerufen am 23.11.2024.