Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.Purim. Was meint sie mit dem Aschenkleide An diesem freudenreichen Tag, Wo Alles gern in Sammt und Seide, In Gold und Steinen prangen mag? Es schwimmt das festlich bunte Zimmer In hoher Kerzen Duft und Schein: Sie schleicht sich aus der Freude Schimmer, Und steht am Fenster ganz allein. Da legt sich, wie ein weißer Schleier,
Des Mondes Strahl um ihr Gesicht, Und eine stille, tiefe Feier Aus ihren sel'gen Augen spricht. Purim. Was meint ſie mit dem Aſchenkleide An dieſem freudenreichen Tag, Wo Alles gern in Sammt und Seide, In Gold und Steinen prangen mag? Es ſchwimmt das feſtlich bunte Zimmer In hoher Kerzen Duft und Schein: Sie ſchleicht ſich aus der Freude Schimmer, Und ſteht am Fenſter ganz allein. Da legt ſich, wie ein weißer Schleier,
Des Mondes Strahl um ihr Geſicht, Und eine ſtille, tiefe Feier Aus ihren ſel'gen Augen ſpricht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0071" n="59"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">Purim.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>as meint ſie mit dem Aſchenkleide</l><lb/> <l>An dieſem freudenreichen Tag,</l><lb/> <l>Wo Alles gern in Sammt und Seide,</l><lb/> <l>In Gold und Steinen prangen mag?</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Es ſchwimmt das feſtlich bunte Zimmer</l><lb/> <l>In hoher Kerzen Duft und Schein:</l><lb/> <l>Sie ſchleicht ſich aus der Freude Schimmer,</l><lb/> <l>Und ſteht am Fenſter ganz allein.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Da legt ſich, wie ein weißer Schleier,</l><lb/> <l>Des Mondes Strahl um ihr Geſicht,</l><lb/> <l>Und eine ſtille, tiefe Feier</l><lb/> <l>Aus ihren ſel'gen Augen ſpricht.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0071]
Purim.
Was meint ſie mit dem Aſchenkleide
An dieſem freudenreichen Tag,
Wo Alles gern in Sammt und Seide,
In Gold und Steinen prangen mag?
Es ſchwimmt das feſtlich bunte Zimmer
In hoher Kerzen Duft und Schein:
Sie ſchleicht ſich aus der Freude Schimmer,
Und ſteht am Fenſter ganz allein.
Da legt ſich, wie ein weißer Schleier,
Des Mondes Strahl um ihr Geſicht,
Und eine ſtille, tiefe Feier
Aus ihren ſel'gen Augen ſpricht.
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