Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.Besorgniß bestätigten; aber so starke Worte, und mit einem so wahren Ausdrucke der Selbstverachtung ausgesprochen, daß ich ihnen nicht mehr glauben konnte, was ich meiner Besorgniß zu glauben geneigt gewesen war. "Sie sind gerecht gegen Marianen," erwiederte ich: "aber ungerecht gegen sich selbst. Was Sie für dieselbe empfinden, halten Sie für einen rohen, seines Gegenstandes unwürdigen Sinnentrieb, doch eben darin liegt der Beweis, daß Sie Marianens Gemüth erkannt haben, und daß Ihre Seele das Mädchen eben so heftig liebt, als der Sinn ihrer begehrt." "Das ist wahr!" rief er, die Hand auf der Brust: "das fühl' ich, das weiß ich; aber kann sie es wissen? Kann ich es ihr sagen, kann ich sie schauen lassen in mein Herz? Besorgniß bestätigten; aber so starke Worte, und mit einem so wahren Ausdrucke der Selbstverachtung ausgesprochen, daß ich ihnen nicht mehr glauben konnte, was ich meiner Besorgniß zu glauben geneigt gewesen war. „Sie sind gerecht gegen Marianen,“ erwiederte ich: „aber ungerecht gegen sich selbst. Was Sie für dieselbe empfinden, halten Sie für einen rohen, seines Gegenstandes unwürdigen Sinnentrieb, doch eben darin liegt der Beweis, daß Sie Marianens Gemüth erkannt haben, und daß Ihre Seele das Mädchen eben so heftig liebt, als der Sinn ihrer begehrt.“ „Das ist wahr!“ rief er, die Hand auf der Brust: „das fühl’ ich, das weiß ich; aber kann sie es wissen? Kann ich es ihr sagen, kann ich sie schauen lassen in mein Herz? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0118" n="98"/> Besorgniß bestätigten; aber so <hi rendition="#g">starke</hi> Worte, und mit einem so wahren Ausdrucke der Selbstverachtung ausgesprochen, daß ich ihnen nicht mehr glauben konnte, was ich meiner Besorgniß zu glauben geneigt gewesen war.</p> <p>„Sie sind gerecht gegen Marianen,“ erwiederte ich: „aber ungerecht gegen sich selbst. Was Sie für dieselbe empfinden, halten Sie für einen rohen, seines Gegenstandes unwürdigen Sinnentrieb, doch eben darin liegt der Beweis, daß Sie Marianens <hi rendition="#g">Gemüth</hi> erkannt haben, und daß Ihre Seele das Mädchen eben so heftig <hi rendition="#g">liebt</hi>, als der Sinn ihrer begehrt.“</p> <p>„Das ist wahr!“ rief er, die Hand auf der Brust: „das fühl’ ich, das weiß ich; aber kann <hi rendition="#g">sie</hi> es wissen? Kann ich es ihr sagen, kann ich sie schauen lassen in mein <hi rendition="#g">Herz</hi>? </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0118]
Besorgniß bestätigten; aber so starke Worte, und mit einem so wahren Ausdrucke der Selbstverachtung ausgesprochen, daß ich ihnen nicht mehr glauben konnte, was ich meiner Besorgniß zu glauben geneigt gewesen war.
„Sie sind gerecht gegen Marianen,“ erwiederte ich: „aber ungerecht gegen sich selbst. Was Sie für dieselbe empfinden, halten Sie für einen rohen, seines Gegenstandes unwürdigen Sinnentrieb, doch eben darin liegt der Beweis, daß Sie Marianens Gemüth erkannt haben, und daß Ihre Seele das Mädchen eben so heftig liebt, als der Sinn ihrer begehrt.“
„Das ist wahr!“ rief er, die Hand auf der Brust: „das fühl’ ich, das weiß ich; aber kann sie es wissen? Kann ich es ihr sagen, kann ich sie schauen lassen in mein Herz?
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/118>, abgerufen am 16.02.2025. |