Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.kahles, armseeliges Nein. Doch ich konnte nicht mehr lügen, konnte die fürchterliche Rolle nicht weiter spielen. Da erhob sie sich vom Boden, wie eine Göttin stand sie vor mir, Strenge und Milde vermählten sich in ihrem Blick." "Ich will um dich weinen, Ferdinand" - sagte sie - "aber auf Erden seh' ich dich nicht wieder." Meine Angst um die Unglückliche fühlte sich erleichtert. "Weiß sie" frug ich: "vor wem Sie jetzt stehen? Kennt sie Ihren Entschluß?" Er besann sich einen Augenblick. "Sie kann nicht in Zweifel darüber seyn," antwortete er: "und ich hab' ihn dem Vater schriftlich zurückgelaßen." "Es ist entsetzlich!" seufzte ich auf im Vorgefühl alle der Seelenleiden, womit die kahles, armseeliges Nein. Doch ich konnte nicht mehr lügen, konnte die fürchterliche Rolle nicht weiter spielen. Da erhob sie sich vom Boden, wie eine Göttin stand sie vor mir, Strenge und Milde vermählten sich in ihrem Blick.“ „Ich will um dich weinen, Ferdinand“ – sagte sie – „aber auf Erden seh’ ich dich nicht wieder.“ Meine Angst um die Unglückliche fühlte sich erleichtert. „Weiß sie“ frug ich: „vor wem Sie jetzt stehen? Kennt sie Ihren Entschluß?“ Er besann sich einen Augenblick. „Sie kann nicht in Zweifel darüber seyn,“ antwortete er: „und ich hab’ ihn dem Vater schriftlich zurückgelaßen.“ „Es ist entsetzlich!“ seufzte ich auf im Vorgefühl alle der Seelenleiden, womit die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0133" n="113"/> kahles, armseeliges <hi rendition="#g">Nein</hi>. Doch ich konnte nicht mehr lügen, konnte die fürchterliche Rolle nicht weiter spielen. Da erhob sie sich vom Boden, wie eine Göttin stand sie vor mir, Strenge und Milde vermählten sich in ihrem Blick.“ „Ich will um dich weinen, Ferdinand“ – sagte sie – „aber auf Erden seh’ ich dich nicht wieder.“</p> <p>Meine Angst um die Unglückliche fühlte sich erleichtert. „Weiß sie“ frug ich: „vor wem Sie jetzt stehen? Kennt sie Ihren Entschluß?“</p> <p>Er besann sich einen Augenblick. „Sie kann nicht in Zweifel darüber seyn,“ antwortete er: „und ich hab’ ihn dem Vater schriftlich zurückgelaßen.“</p> <p>„Es ist entsetzlich!“ seufzte ich auf im Vorgefühl alle der Seelenleiden, womit die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0133]
kahles, armseeliges Nein. Doch ich konnte nicht mehr lügen, konnte die fürchterliche Rolle nicht weiter spielen. Da erhob sie sich vom Boden, wie eine Göttin stand sie vor mir, Strenge und Milde vermählten sich in ihrem Blick.“ „Ich will um dich weinen, Ferdinand“ – sagte sie – „aber auf Erden seh’ ich dich nicht wieder.“
Meine Angst um die Unglückliche fühlte sich erleichtert. „Weiß sie“ frug ich: „vor wem Sie jetzt stehen? Kennt sie Ihren Entschluß?“
Er besann sich einen Augenblick. „Sie kann nicht in Zweifel darüber seyn,“ antwortete er: „und ich hab’ ihn dem Vater schriftlich zurückgelaßen.“
„Es ist entsetzlich!“ seufzte ich auf im Vorgefühl alle der Seelenleiden, womit die
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/133>, abgerufen am 16.02.2025. |