Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.

Bild:
<< vorherige Seite

hielt; volle weich abgerundete Arme und Hüften; mit einem Worte Alles, was vermittelst des Auges den sinnlichen Trieb in Bewegung setzen kann, ohne den Schönheitssinn, den sogenannten Geschmack, zu verletzen.

Nachdem der Vater, ein hagerer Mann von freundlicher, aber nicht einnehmender Miene und mit einer ziemlich jüdischen Physiognomie, die gewöhnliche Bitte um Verzeihung vorgebracht, und ich das Gewöhnliche darauf erwiedert hatte, führte ich das reizende Mädchen zur Ottomane, und lud sie mit der Geberde ein, Platz darauf zu nehmen. "Ich bitte, mein Herr!" sagte sie mit einer angenehmen, glockenhellen Stimme, deren Schwingungen deutlich verriethen, daß ihr Gemüth sehr bewegt war. Es war jedoch nicht Schmerz, sondern Beunruhigung, was mich in diesen Tönen anklang; ich fühlte an ihrer Hand ein

hielt; volle weich abgerundete Arme und Hüften; mit einem Worte Alles, was vermittelst des Auges den sinnlichen Trieb in Bewegung setzen kann, ohne den Schönheitssinn, den sogenannten Geschmack, zu verletzen.

Nachdem der Vater, ein hagerer Mann von freundlicher, aber nicht einnehmender Miene und mit einer ziemlich jüdischen Physiognomie, die gewöhnliche Bitte um Verzeihung vorgebracht, und ich das Gewöhnliche darauf erwiedert hatte, führte ich das reizende Mädchen zur Ottomane, und lud sie mit der Geberde ein, Platz darauf zu nehmen. „Ich bitte, mein Herr!“ sagte sie mit einer angenehmen, glockenhellen Stimme, deren Schwingungen deutlich verriethen, daß ihr Gemüth sehr bewegt war. Es war jedoch nicht Schmerz, sondern Beunruhigung, was mich in diesen Tönen anklang; ich fühlte an ihrer Hand ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="36"/>
hielt; volle weich abgerundete Arme und Hüften; mit einem Worte Alles, was vermittelst des Auges den sinnlichen Trieb in Bewegung setzen kann, ohne den Schönheitssinn, den sogenannten Geschmack, zu verletzen.</p>
          <p>Nachdem der Vater, ein hagerer Mann von freundlicher, aber nicht einnehmender Miene und mit einer ziemlich jüdischen Physiognomie, die gewöhnliche Bitte um Verzeihung vorgebracht, und ich das Gewöhnliche darauf erwiedert hatte, führte ich das reizende Mädchen zur Ottomane, und lud sie mit der Geberde ein, Platz darauf zu nehmen. &#x201E;Ich bitte, mein Herr!&#x201C; sagte sie mit einer angenehmen, glockenhellen Stimme, deren Schwingungen deutlich verriethen, daß ihr Gemüth sehr bewegt war. Es war jedoch nicht Schmerz, sondern Beunruhigung, was mich in diesen Tönen anklang; ich fühlte an ihrer Hand ein
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0056] hielt; volle weich abgerundete Arme und Hüften; mit einem Worte Alles, was vermittelst des Auges den sinnlichen Trieb in Bewegung setzen kann, ohne den Schönheitssinn, den sogenannten Geschmack, zu verletzen. Nachdem der Vater, ein hagerer Mann von freundlicher, aber nicht einnehmender Miene und mit einer ziemlich jüdischen Physiognomie, die gewöhnliche Bitte um Verzeihung vorgebracht, und ich das Gewöhnliche darauf erwiedert hatte, führte ich das reizende Mädchen zur Ottomane, und lud sie mit der Geberde ein, Platz darauf zu nehmen. „Ich bitte, mein Herr!“ sagte sie mit einer angenehmen, glockenhellen Stimme, deren Schwingungen deutlich verriethen, daß ihr Gemüth sehr bewegt war. Es war jedoch nicht Schmerz, sondern Beunruhigung, was mich in diesen Tönen anklang; ich fühlte an ihrer Hand ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-02T10:45:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
GDZ Göttingen: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-02T10:45:31Z)
UB Leipzig: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. 38-0-637:15785; Bilder 0107 bis 0110) (2013-01-02T10:45:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-02T10:45:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/56
Zitationshilfe: Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/56>, abgerufen am 21.11.2024.