Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.natürliche Folgen ihrer Vergehungen empfunden zu ha- ben: sollten diese denn ganz ungestraft hingehen? Wir können endlich selbst durch die Vernunft einsehen, daß die natürlichen Folgen der Sünden noch in der Ewigkeit fort- dauren können und werden, und daß also noch jenseits des Grabes Strafen zu erwarten sind, denn diese Folgen sind ja Strafen. Wer z. Ex. in dieser Welt die Gelegen- heit versäumt Gott und seinen Willen erkennen zu lernen, wird der nicht in die künftige unwissend darüber eintreten, und aller der Vortheile entbehren müssen, die ihm eine richtige und ausgebreitete Erkenntniß würde gewährt haben? Er gab seinen Zweifel auf, und ich legte ihm wer- F 5
natuͤrliche Folgen ihrer Vergehungen empfunden zu ha- ben: ſollten dieſe denn ganz ungeſtraft hingehen? Wir koͤnnen endlich ſelbſt durch die Vernunft einſehen, daß die natuͤrlichen Folgen der Suͤnden noch in der Ewigkeit fort- dauren koͤnnen und werden, und daß alſo noch jenſeits des Grabes Strafen zu erwarten ſind, denn dieſe Folgen ſind ja Strafen. Wer z. Ex. in dieſer Welt die Gelegen- heit verſaͤumt Gott und ſeinen Willen erkennen zu lernen, wird der nicht in die kuͤnftige unwiſſend daruͤber eintreten, und aller der Vortheile entbehren muͤſſen, die ihm eine richtige und ausgebreitete Erkenntniß wuͤrde gewaͤhrt haben? Er gab ſeinen Zweifel auf, und ich legte ihm wer- F 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0101" n="89"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> natuͤrliche Folgen ihrer Vergehungen empfunden zu ha-<lb/> ben: ſollten dieſe denn ganz ungeſtraft hingehen? Wir<lb/> koͤnnen endlich ſelbſt durch die Vernunft einſehen, daß die<lb/> natuͤrlichen Folgen der Suͤnden noch in der Ewigkeit fort-<lb/> dauren koͤnnen und werden, und daß alſo noch jenſeits<lb/> des Grabes Strafen zu erwarten ſind, denn dieſe Folgen<lb/> ſind ja Strafen. Wer z. Ex. in dieſer Welt die Gelegen-<lb/> heit verſaͤumt Gott und ſeinen Willen erkennen zu lernen,<lb/> wird der nicht in die kuͤnftige unwiſſend daruͤber eintreten,<lb/> und aller der Vortheile entbehren muͤſſen, die ihm eine<lb/> richtige und ausgebreitete Erkenntniß wuͤrde gewaͤhrt<lb/> haben?</p><lb/> <p>Er gab ſeinen Zweifel auf, und ich legte ihm<lb/> nun die Gruͤnde vor, weswegen ich uͤberzeugt waͤre, daß<lb/> in der Ewigkeit Strafen ſeyn wuͤrden. — Es iſt der<lb/> Analogie gemaͤß. Viele Suͤnden ziehen ſchon hier in<lb/> ihren Folgen mancherley Elend nach ſich. Was haben<lb/> wir fuͤr Urſache zu glauben, daß Gott dort dieß Verhaͤlt-<lb/> niß zwiſchen Urſache und Wuͤrkung aufheben werde? —<lb/> Die Weisheit und Guͤte Gottes machen in der kuͤnftigen<lb/> Welt die Strafen nothwendig. Weil er weiſe und guͤtig<lb/> iſt, ſo will er ſeine Geſetze, durch die die Abſichten ſei-<lb/> ner Weisheit und Guͤte befoͤrdert werden ſollen, gehalten<lb/> wiſſen. Waͤren nun in der Zukunft keine Strafen der<lb/> Suͤnde zu erwarten, ſo haͤtten die Geſetze Gottes keine<lb/> Kraft, keine Sanction; ihre Abſicht wuͤrde nicht erreicht<lb/> werden, und es waͤre faſt einerley, ob wir ſie hielten<lb/> oder nicht. — Wir verſprechen uns ja in der Ewigkeit<lb/> Belohnungen der Tugend: warum wollen wir denn nicht<lb/> glauben, daß das Laſter dort werde beſtraft werden? —<lb/> Der unbekehrte Suͤnder geht mit allen ſeinen boͤſen Nei-<lb/> gungen und Fertigkeiten aus der Welt. Wird er nicht<lb/> in der kuͤnftigen fortfahren zu ſuͤndigen, und werden<lb/> nicht dadurch ſtrafende Folgen ſeiner Suͤnden erzeugt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0101]
natuͤrliche Folgen ihrer Vergehungen empfunden zu ha-
ben: ſollten dieſe denn ganz ungeſtraft hingehen? Wir
koͤnnen endlich ſelbſt durch die Vernunft einſehen, daß die
natuͤrlichen Folgen der Suͤnden noch in der Ewigkeit fort-
dauren koͤnnen und werden, und daß alſo noch jenſeits
des Grabes Strafen zu erwarten ſind, denn dieſe Folgen
ſind ja Strafen. Wer z. Ex. in dieſer Welt die Gelegen-
heit verſaͤumt Gott und ſeinen Willen erkennen zu lernen,
wird der nicht in die kuͤnftige unwiſſend daruͤber eintreten,
und aller der Vortheile entbehren muͤſſen, die ihm eine
richtige und ausgebreitete Erkenntniß wuͤrde gewaͤhrt
haben?
Er gab ſeinen Zweifel auf, und ich legte ihm
nun die Gruͤnde vor, weswegen ich uͤberzeugt waͤre, daß
in der Ewigkeit Strafen ſeyn wuͤrden. — Es iſt der
Analogie gemaͤß. Viele Suͤnden ziehen ſchon hier in
ihren Folgen mancherley Elend nach ſich. Was haben
wir fuͤr Urſache zu glauben, daß Gott dort dieß Verhaͤlt-
niß zwiſchen Urſache und Wuͤrkung aufheben werde? —
Die Weisheit und Guͤte Gottes machen in der kuͤnftigen
Welt die Strafen nothwendig. Weil er weiſe und guͤtig
iſt, ſo will er ſeine Geſetze, durch die die Abſichten ſei-
ner Weisheit und Guͤte befoͤrdert werden ſollen, gehalten
wiſſen. Waͤren nun in der Zukunft keine Strafen der
Suͤnde zu erwarten, ſo haͤtten die Geſetze Gottes keine
Kraft, keine Sanction; ihre Abſicht wuͤrde nicht erreicht
werden, und es waͤre faſt einerley, ob wir ſie hielten
oder nicht. — Wir verſprechen uns ja in der Ewigkeit
Belohnungen der Tugend: warum wollen wir denn nicht
glauben, daß das Laſter dort werde beſtraft werden? —
Der unbekehrte Suͤnder geht mit allen ſeinen boͤſen Nei-
gungen und Fertigkeiten aus der Welt. Wird er nicht
in der kuͤnftigen fortfahren zu ſuͤndigen, und werden
nicht dadurch ſtrafende Folgen ſeiner Suͤnden erzeugt
wer-
F 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |