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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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aber nicht tausend unnöthige und unbeantwortliche Fra-
gen aufzuwerfen. Z. Ex. Warum denn diese Art der
Versöhnung nothwendig sey? Warum Gott sie nicht
früher veranstaltet habe? u. s. w. Diese Lehre ist keine
Erfindung der Vernunft. Sie hätte ohne Offenbahrung
in keines Menschen Verstand kommen können. Die
Vernunft kann sie sich also auch nicht von allen Seiten
ins Licht setzen, eben so wenig als sie sie hat erfinden
können. Alle solche Fragen sind überflüssig und unbe-
scheiden, wenn einmahl ausgemacht ist: Gott hat die
Sache offenbahrt. Die Vernunft muß dann zufrieden
seyn, wenn ihr nicht zugemuthet wird, Widersprüche für
Wahrheiten zu erkennen. Den ganzen Zusammenhang
zu durchschauen ist sie zu kurzsichtig. Sie ist auch gewohnt
natürliche Wahrheiten ohne eine solche vollkommene Ein-
sicht zu glauben. Und Gott, wenn er sich deutlich offen-
bart, hat das Recht von uns zu fordern, daß wir ihm
allenfalls auf sein Wort glauben sollen. Solche Fragen,
von denen ich rede, sind vorwitzige Fragen eines Kindes.
Der kluge Vater, welcher weiß, daß das Kind die Ant-
worten nicht zu fassen fähig ist, oder aus ihnen Materie
zu tausend andern unnützen Fragen nehmen wird, ver-
weiset es mit Recht zur Gedult, und verlangt, es solle
sich auf seine Versicherung von der Wahrheit der Sache
verlassen. -- Der Graf bezeugte auch hier seinen völli-
gen Beyfall.

Die Lehre von der Versöhnung der Welt durch
Christum ist das wesentliche des christlichen Glaubens.
Wer sie läugnet, der kann ein verständiger, natürlich
guter Mensch seyn, aber ein Christ ist er nicht: und ha-
ben die Christen, als Christen, in der Ewigkeit vorzügliche
Vortheile zu erwarten, so kann er darauf keinen Anspruch
machen. Wer hingegen diese Lehre annimmt, nach der
Anweisung derselben an Jesum glaubt, und seinen Vor-

schriften



aber nicht tauſend unnoͤthige und unbeantwortliche Fra-
gen aufzuwerfen. Z. Ex. Warum denn dieſe Art der
Verſoͤhnung nothwendig ſey? Warum Gott ſie nicht
fruͤher veranſtaltet habe? u. ſ. w. Dieſe Lehre iſt keine
Erfindung der Vernunft. Sie haͤtte ohne Offenbahrung
in keines Menſchen Verſtand kommen koͤnnen. Die
Vernunft kann ſie ſich alſo auch nicht von allen Seiten
ins Licht ſetzen, eben ſo wenig als ſie ſie hat erfinden
koͤnnen. Alle ſolche Fragen ſind uͤberfluͤſſig und unbe-
ſcheiden, wenn einmahl ausgemacht iſt: Gott hat die
Sache offenbahrt. Die Vernunft muß dann zufrieden
ſeyn, wenn ihr nicht zugemuthet wird, Widerſpruͤche fuͤr
Wahrheiten zu erkennen. Den ganzen Zuſammenhang
zu durchſchauen iſt ſie zu kurzſichtig. Sie iſt auch gewohnt
natuͤrliche Wahrheiten ohne eine ſolche vollkommene Ein-
ſicht zu glauben. Und Gott, wenn er ſich deutlich offen-
bart, hat das Recht von uns zu fordern, daß wir ihm
allenfalls auf ſein Wort glauben ſollen. Solche Fragen,
von denen ich rede, ſind vorwitzige Fragen eines Kindes.
Der kluge Vater, welcher weiß, daß das Kind die Ant-
worten nicht zu faſſen faͤhig iſt, oder aus ihnen Materie
zu tauſend andern unnuͤtzen Fragen nehmen wird, ver-
weiſet es mit Recht zur Gedult, und verlangt, es ſolle
ſich auf ſeine Verſicherung von der Wahrheit der Sache
verlaſſen. — Der Graf bezeugte auch hier ſeinen voͤlli-
gen Beyfall.

Die Lehre von der Verſoͤhnung der Welt durch
Chriſtum iſt das weſentliche des chriſtlichen Glaubens.
Wer ſie laͤugnet, der kann ein verſtaͤndiger, natuͤrlich
guter Menſch ſeyn, aber ein Chriſt iſt er nicht: und ha-
ben die Chriſten, als Chriſten, in der Ewigkeit vorzuͤgliche
Vortheile zu erwarten, ſo kann er darauf keinen Anſpruch
machen. Wer hingegen dieſe Lehre annimmt, nach der
Anweiſung derſelben an Jeſum glaubt, und ſeinen Vor-

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[104/0116] aber nicht tauſend unnoͤthige und unbeantwortliche Fra- gen aufzuwerfen. Z. Ex. Warum denn dieſe Art der Verſoͤhnung nothwendig ſey? Warum Gott ſie nicht fruͤher veranſtaltet habe? u. ſ. w. Dieſe Lehre iſt keine Erfindung der Vernunft. Sie haͤtte ohne Offenbahrung in keines Menſchen Verſtand kommen koͤnnen. Die Vernunft kann ſie ſich alſo auch nicht von allen Seiten ins Licht ſetzen, eben ſo wenig als ſie ſie hat erfinden koͤnnen. Alle ſolche Fragen ſind uͤberfluͤſſig und unbe- ſcheiden, wenn einmahl ausgemacht iſt: Gott hat die Sache offenbahrt. Die Vernunft muß dann zufrieden ſeyn, wenn ihr nicht zugemuthet wird, Widerſpruͤche fuͤr Wahrheiten zu erkennen. Den ganzen Zuſammenhang zu durchſchauen iſt ſie zu kurzſichtig. Sie iſt auch gewohnt natuͤrliche Wahrheiten ohne eine ſolche vollkommene Ein- ſicht zu glauben. Und Gott, wenn er ſich deutlich offen- bart, hat das Recht von uns zu fordern, daß wir ihm allenfalls auf ſein Wort glauben ſollen. Solche Fragen, von denen ich rede, ſind vorwitzige Fragen eines Kindes. Der kluge Vater, welcher weiß, daß das Kind die Ant- worten nicht zu faſſen faͤhig iſt, oder aus ihnen Materie zu tauſend andern unnuͤtzen Fragen nehmen wird, ver- weiſet es mit Recht zur Gedult, und verlangt, es ſolle ſich auf ſeine Verſicherung von der Wahrheit der Sache verlaſſen. — Der Graf bezeugte auch hier ſeinen voͤlli- gen Beyfall. Die Lehre von der Verſoͤhnung der Welt durch Chriſtum iſt das weſentliche des chriſtlichen Glaubens. Wer ſie laͤugnet, der kann ein verſtaͤndiger, natuͤrlich guter Menſch ſeyn, aber ein Chriſt iſt er nicht: und ha- ben die Chriſten, als Chriſten, in der Ewigkeit vorzuͤgliche Vortheile zu erwarten, ſo kann er darauf keinen Anſpruch machen. Wer hingegen dieſe Lehre annimmt, nach der Anweiſung derſelben an Jeſum glaubt, und ſeinen Vor- ſchriften

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/116>, abgerufen am 21.11.2024.