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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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Geschlechts auf einen Einzigen, der stark genug ist, sie
zu tragen. Konnte wohl die Veranstaltung, die Gott
machte, einfacher seyn? Und so einfach sie ist, so kann
doch allen dadurch geholfen werden. Alles, was ein
jeder dabey zu thun hat, ist dieses, daß er die angebotene
Wohlthat annehme, das ist, an Jesum glaube, und
sich sorgfältig vor neuen Sünden hüte. Jenes setzt
nichts weiter voraus, als Gefühl des Elendes der Sünde
und Gebrauch der gesunden Vernunft: zu diesem würde
der Mensch verbunden seyn, wenn auch kein Erlöser
wäre. Wie einfach, wie billig, wie weise sind auch
diese Bedingungen! Sagen Sie nicht: die Absicht Got-
tes, daß allen geholfen werden soll, wird doch nicht erreicht.
Gott kann niemand mit Gewalt zwingen glückseelig zu
werden. Es ist die eigne Schuld derer, die das Evan-
gelium haben, wenn sie gleichwohl verloren gehen. Die
es nicht haben, die verdammt die Schrift auch nicht.
Wir können nicht wissen, auf welche uns verborgene Art
sie durch die Gnade Gottes in Christo gleichwohl seelig
werden können. -- Jch schlug ihm hiebey Röm. 1, 19.
auf, erklärte ihm die Stelle, und zeigte ihm daraus,
daß die Heiden nicht deswegen als Sünder beschrieben
würden, die keine Entschuldigung hätten, weil ihnen die
Lehre von der Versöhnung unbekannt wäre, sondern
weil sie die natürliche Erkenntniß von Gott, die sie doch
haben könnten, vernachlässigten, und sich den Begierden
und Lastern überließen. -- Er begriff es auch, daß die
Weisheit Gottes durch die Lehre von der Versöhnung
gepriesen werde. Jch hatte diese Wendung des Vortra-
ges gewählt, weil ich wußte, daß er das Einfache in der
Lebensart, in den Wissenschaften, in den Regierungsfor-
men immer für das Vorzüglichste erklärt hatte.

Jch mußte ihm nun noch zeigen, daß die Lehre von
der Versöhnung auch mit der Heiligkeit und Gerechtigkeit

Gottes



Geſchlechts auf einen Einzigen, der ſtark genug iſt, ſie
zu tragen. Konnte wohl die Veranſtaltung, die Gott
machte, einfacher ſeyn? Und ſo einfach ſie iſt, ſo kann
doch allen dadurch geholfen werden. Alles, was ein
jeder dabey zu thun hat, iſt dieſes, daß er die angebotene
Wohlthat annehme, das iſt, an Jeſum glaube, und
ſich ſorgfaͤltig vor neuen Suͤnden huͤte. Jenes ſetzt
nichts weiter voraus, als Gefuͤhl des Elendes der Suͤnde
und Gebrauch der geſunden Vernunft: zu dieſem wuͤrde
der Menſch verbunden ſeyn, wenn auch kein Erloͤſer
waͤre. Wie einfach, wie billig, wie weiſe ſind auch
dieſe Bedingungen! Sagen Sie nicht: die Abſicht Got-
tes, daß allen geholfen werden ſoll, wird doch nicht erreicht.
Gott kann niemand mit Gewalt zwingen gluͤckſeelig zu
werden. Es iſt die eigne Schuld derer, die das Evan-
gelium haben, wenn ſie gleichwohl verloren gehen. Die
es nicht haben, die verdammt die Schrift auch nicht.
Wir koͤnnen nicht wiſſen, auf welche uns verborgene Art
ſie durch die Gnade Gottes in Chriſto gleichwohl ſeelig
werden koͤnnen. — Jch ſchlug ihm hiebey Roͤm. 1, 19.
auf, erklaͤrte ihm die Stelle, und zeigte ihm daraus,
daß die Heiden nicht deswegen als Suͤnder beſchrieben
wuͤrden, die keine Entſchuldigung haͤtten, weil ihnen die
Lehre von der Verſoͤhnung unbekannt waͤre, ſondern
weil ſie die natuͤrliche Erkenntniß von Gott, die ſie doch
haben koͤnnten, vernachlaͤſſigten, und ſich den Begierden
und Laſtern uͤberließen. — Er begriff es auch, daß die
Weisheit Gottes durch die Lehre von der Verſoͤhnung
geprieſen werde. Jch hatte dieſe Wendung des Vortra-
ges gewaͤhlt, weil ich wußte, daß er das Einfache in der
Lebensart, in den Wiſſenſchaften, in den Regierungsfor-
men immer fuͤr das Vorzuͤglichſte erklaͤrt hatte.

Jch mußte ihm nun noch zeigen, daß die Lehre von
der Verſoͤhnung auch mit der Heiligkeit und Gerechtigkeit

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[112/0124] Geſchlechts auf einen Einzigen, der ſtark genug iſt, ſie zu tragen. Konnte wohl die Veranſtaltung, die Gott machte, einfacher ſeyn? Und ſo einfach ſie iſt, ſo kann doch allen dadurch geholfen werden. Alles, was ein jeder dabey zu thun hat, iſt dieſes, daß er die angebotene Wohlthat annehme, das iſt, an Jeſum glaube, und ſich ſorgfaͤltig vor neuen Suͤnden huͤte. Jenes ſetzt nichts weiter voraus, als Gefuͤhl des Elendes der Suͤnde und Gebrauch der geſunden Vernunft: zu dieſem wuͤrde der Menſch verbunden ſeyn, wenn auch kein Erloͤſer waͤre. Wie einfach, wie billig, wie weiſe ſind auch dieſe Bedingungen! Sagen Sie nicht: die Abſicht Got- tes, daß allen geholfen werden ſoll, wird doch nicht erreicht. Gott kann niemand mit Gewalt zwingen gluͤckſeelig zu werden. Es iſt die eigne Schuld derer, die das Evan- gelium haben, wenn ſie gleichwohl verloren gehen. Die es nicht haben, die verdammt die Schrift auch nicht. Wir koͤnnen nicht wiſſen, auf welche uns verborgene Art ſie durch die Gnade Gottes in Chriſto gleichwohl ſeelig werden koͤnnen. — Jch ſchlug ihm hiebey Roͤm. 1, 19. auf, erklaͤrte ihm die Stelle, und zeigte ihm daraus, daß die Heiden nicht deswegen als Suͤnder beſchrieben wuͤrden, die keine Entſchuldigung haͤtten, weil ihnen die Lehre von der Verſoͤhnung unbekannt waͤre, ſondern weil ſie die natuͤrliche Erkenntniß von Gott, die ſie doch haben koͤnnten, vernachlaͤſſigten, und ſich den Begierden und Laſtern uͤberließen. — Er begriff es auch, daß die Weisheit Gottes durch die Lehre von der Verſoͤhnung geprieſen werde. Jch hatte dieſe Wendung des Vortra- ges gewaͤhlt, weil ich wußte, daß er das Einfache in der Lebensart, in den Wiſſenſchaften, in den Regierungsfor- men immer fuͤr das Vorzuͤglichſte erklaͤrt hatte. Jch mußte ihm nun noch zeigen, daß die Lehre von der Verſoͤhnung auch mit der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/124>, abgerufen am 24.11.2024.