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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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Angelegenheiten. Jch habe mir Zeit genommen, ich
bin ins Detail darüber gegangen, ich habe den Quellen
nachgespürt. Jch will Jhnen das Resultat meiner Un-
tersuchung nicht verheelen. Glauben Sie mir nun auf
meine Versicherung: ich habe nicht die Absicht gehabt,
Unglück anzurichten. Aber Wollust und Eitelkeit sind
die Triebfedern meiner Unternehmungen gewesen. Bey
den übertriebenen Vorstellungen, die ich mir von meinen
Fähigkeiten machte, und welche von andern in meiner
Seele unterhalten wurden, habe ich mir seit meiner An-
kunft in Dännemark vorgenommen gehabt, eine große
Rolle zu spielen. Jch kann zwar nicht sagen, daß ich
gleich an die dachte, die ich gespielt habe, aber Sie
wissen, wie man durch Gelegenheit und Umstände weiter
geführt werden kann, als man gehen wollte. Ein Schritt
zieht den andern nach sich. Schließen Sie hieraus,
daß ich die ganze Kette meiner Unternehmungen vor
Gott und meinem Gewissen nothwendig verwerflich finden
muß. -- Daß ich aber überhaupt kein Feind von dem
gewesen bin, was man in der großen Welt Tugend und
Ehrlichkeit nennt, das bin [ich] mir auch bewußt. Jch
sage Jhnen das nicht um mich zu rühmen. Jch weiß,
das ist nicht mein Werk, sondern die Folge meiner
natürlichen Denkungsart gewesen, und alle Menschen
haben auch eine gewisse allgemeine Tugendliebe. Daß
ich meines Ziels verfehlte, das war meine eigne Schuld.
Jch habe das Gute gesucht, aber nicht gefunden, weil
ich mich nicht durch Vernunft und Religion sondern durch
meine Begierden leiten ließ.

Spaldings Buch vom Wehrt der Gefühle im
Christenthum hatte er nun durchgelesen, und dankte
mir, daß ich es ihm gegeben hätte. Meine Vorstellun-
gen, sagte er, von der Veränderung, die durch die Be-
kehrung in dem Menschen gewürkt werden muß, sind

durch



Angelegenheiten. Jch habe mir Zeit genommen, ich
bin ins Detail daruͤber gegangen, ich habe den Quellen
nachgeſpuͤrt. Jch will Jhnen das Reſultat meiner Un-
terſuchung nicht verheelen. Glauben Sie mir nun auf
meine Verſicherung: ich habe nicht die Abſicht gehabt,
Ungluͤck anzurichten. Aber Wolluſt und Eitelkeit ſind
die Triebfedern meiner Unternehmungen geweſen. Bey
den uͤbertriebenen Vorſtellungen, die ich mir von meinen
Faͤhigkeiten machte, und welche von andern in meiner
Seele unterhalten wurden, habe ich mir ſeit meiner An-
kunft in Daͤnnemark vorgenommen gehabt, eine große
Rolle zu ſpielen. Jch kann zwar nicht ſagen, daß ich
gleich an die dachte, die ich geſpielt habe, aber Sie
wiſſen, wie man durch Gelegenheit und Umſtaͤnde weiter
gefuͤhrt werden kann, als man gehen wollte. Ein Schritt
zieht den andern nach ſich. Schließen Sie hieraus,
daß ich die ganze Kette meiner Unternehmungen vor
Gott und meinem Gewiſſen nothwendig verwerflich finden
muß. — Daß ich aber uͤberhaupt kein Feind von dem
geweſen bin, was man in der großen Welt Tugend und
Ehrlichkeit nennt, das bin [ich] mir auch bewußt. Jch
ſage Jhnen das nicht um mich zu ruͤhmen. Jch weiß,
das iſt nicht mein Werk, ſondern die Folge meiner
natuͤrlichen Denkungsart geweſen, und alle Menſchen
haben auch eine gewiſſe allgemeine Tugendliebe. Daß
ich meines Ziels verfehlte, das war meine eigne Schuld.
Jch habe das Gute geſucht, aber nicht gefunden, weil
ich mich nicht durch Vernunft und Religion ſondern durch
meine Begierden leiten ließ.

Spaldings Buch vom Wehrt der Gefuͤhle im
Chriſtenthum hatte er nun durchgeleſen, und dankte
mir, daß ich es ihm gegeben haͤtte. Meine Vorſtellun-
gen, ſagte er, von der Veraͤnderung, die durch die Be-
kehrung in dem Menſchen gewuͤrkt werden muß, ſind

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[173/0185] Angelegenheiten. Jch habe mir Zeit genommen, ich bin ins Detail daruͤber gegangen, ich habe den Quellen nachgeſpuͤrt. Jch will Jhnen das Reſultat meiner Un- terſuchung nicht verheelen. Glauben Sie mir nun auf meine Verſicherung: ich habe nicht die Abſicht gehabt, Ungluͤck anzurichten. Aber Wolluſt und Eitelkeit ſind die Triebfedern meiner Unternehmungen geweſen. Bey den uͤbertriebenen Vorſtellungen, die ich mir von meinen Faͤhigkeiten machte, und welche von andern in meiner Seele unterhalten wurden, habe ich mir ſeit meiner An- kunft in Daͤnnemark vorgenommen gehabt, eine große Rolle zu ſpielen. Jch kann zwar nicht ſagen, daß ich gleich an die dachte, die ich geſpielt habe, aber Sie wiſſen, wie man durch Gelegenheit und Umſtaͤnde weiter gefuͤhrt werden kann, als man gehen wollte. Ein Schritt zieht den andern nach ſich. Schließen Sie hieraus, daß ich die ganze Kette meiner Unternehmungen vor Gott und meinem Gewiſſen nothwendig verwerflich finden muß. — Daß ich aber uͤberhaupt kein Feind von dem geweſen bin, was man in der großen Welt Tugend und Ehrlichkeit nennt, das bin ich mir auch bewußt. Jch ſage Jhnen das nicht um mich zu ruͤhmen. Jch weiß, das iſt nicht mein Werk, ſondern die Folge meiner natuͤrlichen Denkungsart geweſen, und alle Menſchen haben auch eine gewiſſe allgemeine Tugendliebe. Daß ich meines Ziels verfehlte, das war meine eigne Schuld. Jch habe das Gute geſucht, aber nicht gefunden, weil ich mich nicht durch Vernunft und Religion ſondern durch meine Begierden leiten ließ. Spaldings Buch vom Wehrt der Gefuͤhle im Chriſtenthum hatte er nun durchgeleſen, und dankte mir, daß ich es ihm gegeben haͤtte. Meine Vorſtellun- gen, ſagte er, von der Veraͤnderung, die durch die Be- kehrung in dem Menſchen gewuͤrkt werden muß, ſind durch

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/185>, abgerufen am 18.12.2024.