Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.das wesentliche seyn, was unsern künftigen Zustand mit dem gegenwärtigen in Verbindung erhalten wird. Wie sollte ich das Andenken der Vorwürfe auslöschen, die mich itzt quälten, und meinen Gesinnungen die erforderliche re- gelmäßige Ordnung geben? Alles erneuerte das Andenken von jenen, und die Richtung, an welche diese gewöhnt, ist vielleicht noch schwerer zu verändern, als eine körperliche Gewohnheit zu unterlassen. Jch fand es bey mir selbst, mit aller Ueberzeugung des Verstandes dachte, zweifelte, entschuldigte ich mich, und sah die Möglichkeit mich nicht geirrt zu haben. Die Wiederhohlung der Reihe von Be- griffen, so mir meinen Jrrthum gezeigt, brachte mich zur Wahrheit zurück; jedoch konnte ich wegen des Zustandes in jenem Leben und der Folgen meiner Vergehungen in Ab- sicht Gottes zu keiner Gewißheit kommen. Die Erinnerung der Wahrheiten der geoffenbahrten Religion machte noch keinen Eindruck auf mich. Sie gaben mir die Geschichte der drey letzten Jahre Erzie-
das weſentliche ſeyn, was unſern kuͤnftigen Zuſtand mit dem gegenwaͤrtigen in Verbindung erhalten wird. Wie ſollte ich das Andenken der Vorwuͤrfe ausloͤſchen, die mich itzt quaͤlten, und meinen Geſinnungen die erforderliche re- gelmaͤßige Ordnung geben? Alles erneuerte das Andenken von jenen, und die Richtung, an welche dieſe gewoͤhnt, iſt vielleicht noch ſchwerer zu veraͤndern, als eine koͤrperliche Gewohnheit zu unterlaſſen. Jch fand es bey mir ſelbſt, mit aller Ueberzeugung des Verſtandes dachte, zweifelte, entſchuldigte ich mich, und ſah die Moͤglichkeit mich nicht geirrt zu haben. Die Wiederhohlung der Reihe von Be- griffen, ſo mir meinen Jrrthum gezeigt, brachte mich zur Wahrheit zuruͤck; jedoch konnte ich wegen des Zuſtandes in jenem Leben und der Folgen meiner Vergehungen in Ab- ſicht Gottes zu keiner Gewißheit kommen. Die Erinnerung der Wahrheiten der geoffenbahrten Religion machte noch keinen Eindruck auf mich. Sie gaben mir die Geſchichte der drey letzten Jahre Erzie-
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das weſentliche ſeyn, was unſern kuͤnftigen Zuſtand mit
dem gegenwaͤrtigen in Verbindung erhalten wird. Wie
ſollte ich das Andenken der Vorwuͤrfe ausloͤſchen, die mich
itzt quaͤlten, und meinen Geſinnungen die erforderliche re-
gelmaͤßige Ordnung geben? Alles erneuerte das Andenken
von jenen, und die Richtung, an welche dieſe gewoͤhnt, iſt
vielleicht noch ſchwerer zu veraͤndern, als eine koͤrperliche
Gewohnheit zu unterlaſſen. Jch fand es bey mir ſelbſt,
mit aller Ueberzeugung des Verſtandes dachte, zweifelte,
entſchuldigte ich mich, und ſah die Moͤglichkeit mich nicht
geirrt zu haben. Die Wiederhohlung der Reihe von Be-
griffen, ſo mir meinen Jrrthum gezeigt, brachte mich zur
Wahrheit zuruͤck; jedoch konnte ich wegen des Zuſtandes
in jenem Leben und der Folgen meiner Vergehungen in Ab-
ſicht Gottes zu keiner Gewißheit kommen. Die Erinnerung
der Wahrheiten der geoffenbahrten Religion machte noch
keinen Eindruck auf mich.
Sie gaben mir die Geſchichte der drey letzten Jahre
Jeſu zu leſen. Wie vortrefflich fand ich nicht die darin ent-
haltenen Lehren? Jhre moraliſchen Saͤtze ſind einfach,
deutlich und auf alle Faͤlle paſſend. Wer da weiß, wie ſchwer
es ſey eine Wiſſenſchaft auf allgemeine Grundſaͤtze zu brin-
gen, der wird dieß nicht ohne Bewunderung bemerken,
wenn er Chriſtum bloß als einen Menſchen betrachtet. Es
gereichte zu meiner Beſchaͤmung hier wieder zu finden, was
ich vorhin vergeſſen, und nachher der Leſung unendlich vie-
ler moraliſchen Schriftſteller zu danken haben glaubte. Daß
die Empfindung der Rache ein Uebel ſey, hatte ich mir be-
wieſen, und nicht dabey gedacht, daß es Chriſtus gelehrt
habe. Die Liebe ſeiner Feinde war vorhin niemand in den
Sinn gekommen, und ſie ſchien mir jederzeit der menſchli-
chen Natur widerſprechend. Jch wuͤnſchte nicht allein hier-
von, ſondern von allen uͤbrigen Grundſaͤtzen der Lehre
Chriſti, die einen lebhaften Eindruck auf mich machten,
uͤberzeugt zu werden. Die Zweifel, ſo aus ſeiner Herkunft,
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