Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.unsterbliche Seele haben. Jch muß Jhr System an- greifen, Jhre eigne Vernunft kommt mir zu Hülfe, Sie werden überwunden: aber Sie wollen nicht weichen. Die einzige Ursache davon ist diese: Jhre Meynung ist zu tief in Jhrem Herzen eingewurzelt! Sie sind ihr gleichsam dankbar für alle die Be- Vergessen Sie es doch nicht, was ich Jhnen ge- Was
unſterbliche Seele haben. Jch muß Jhr Syſtem an- greifen, Jhre eigne Vernunft kommt mir zu Huͤlfe, Sie werden uͤberwunden: aber Sie wollen nicht weichen. Die einzige Urſache davon iſt dieſe: Jhre Meynung iſt zu tief in Jhrem Herzen eingewurzelt! Sie ſind ihr gleichſam dankbar fuͤr alle die Be- Vergeſſen Sie es doch nicht, was ich Jhnen ge- Was
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="29"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> unſterbliche Seele haben. Jch muß Jhr Syſtem an-<lb/> greifen, Jhre eigne Vernunft kommt mir zu Huͤlfe, Sie<lb/> werden uͤberwunden: aber Sie wollen nicht weichen.<lb/> Die einzige Urſache davon iſt dieſe: Jhre Meynung iſt<lb/> zu tief in Jhrem Herzen eingewurzelt!</p><lb/> <p>Sie ſind ihr gleichſam dankbar fuͤr alle die Be-<lb/> friedigungen der Begierden, die Sie Jhnen verſtattet<lb/> hat. Aber die Hauptſache iſt dieſe: Sie ſehen zum<lb/> Voraus, daß Jhr Gewiſſen auf einmahl aus ſeiner Be-<lb/> taͤubung erwachen, daß eine unzaͤhlige Menge von Suͤn-<lb/> den Jhnen zur Laſt fallen, daß die bitterſten Vorwuͤrfe<lb/> Jhr Herz zerfleiſchen werden, ſo bald Sie anfangen ſich<lb/> fuͤr eine Seele zu halten. Um dieß zu vermeiden halten<lb/> Sie ſo feſt an einem falſchen gefaͤhrlichen Gedanken, be-<lb/> kennen ihn und wollen ihn wider Jhre Ueberzeugung<lb/> glauben. Vielleicht iſt auch die Begierde Recht zu be-<lb/> halten, oder die Schaam nachzugeben, mit Schuld<lb/> daran. Vielleicht haben Sie Jhren Satz andern beyge-<lb/> bracht, und wollen nun nicht gern von Jhren Schuͤlern<lb/> fuͤr einen Lehrer gehalten werden, der ſeiner Sache doch<lb/> nicht gewiß geweſen iſt.</p><lb/> <p>Vergeſſen Sie es doch nicht, was ich Jhnen ge-<lb/> ſagt, und was Sie mir eingeſtanden haben, daß ſelbſt<lb/> der elende Troſt, um welchen es Jhnen itzt ſo ſehr zu<lb/> thun iſt der jammervolle Troſt, ich werde nach der Zer-<lb/> ſtoͤrung meiner Maſchine nicht mehr ſeyn, nicht einmahl<lb/> aus Jhrem Satze folgt, wenn er auch ſo wahr waͤre,<lb/> als dieſer: Es iſt ein Gott! Gott, der die Maſchine ge-<lb/> macht hat, kann ſie auch nach ihrer Zerſtoͤrung wieder<lb/> herſtellen, wenn er will. Sie koͤnnen alſo eine Maſchine<lb/> ſeyn, wenn Sie wollen, aber deswegen ſind Sie nicht<lb/> ſicher, daß Sie nach dieſem Leben nicht wieder leben<lb/> werden.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [29/0041]
unſterbliche Seele haben. Jch muß Jhr Syſtem an-
greifen, Jhre eigne Vernunft kommt mir zu Huͤlfe, Sie
werden uͤberwunden: aber Sie wollen nicht weichen.
Die einzige Urſache davon iſt dieſe: Jhre Meynung iſt
zu tief in Jhrem Herzen eingewurzelt!
Sie ſind ihr gleichſam dankbar fuͤr alle die Be-
friedigungen der Begierden, die Sie Jhnen verſtattet
hat. Aber die Hauptſache iſt dieſe: Sie ſehen zum
Voraus, daß Jhr Gewiſſen auf einmahl aus ſeiner Be-
taͤubung erwachen, daß eine unzaͤhlige Menge von Suͤn-
den Jhnen zur Laſt fallen, daß die bitterſten Vorwuͤrfe
Jhr Herz zerfleiſchen werden, ſo bald Sie anfangen ſich
fuͤr eine Seele zu halten. Um dieß zu vermeiden halten
Sie ſo feſt an einem falſchen gefaͤhrlichen Gedanken, be-
kennen ihn und wollen ihn wider Jhre Ueberzeugung
glauben. Vielleicht iſt auch die Begierde Recht zu be-
halten, oder die Schaam nachzugeben, mit Schuld
daran. Vielleicht haben Sie Jhren Satz andern beyge-
bracht, und wollen nun nicht gern von Jhren Schuͤlern
fuͤr einen Lehrer gehalten werden, der ſeiner Sache doch
nicht gewiß geweſen iſt.
Vergeſſen Sie es doch nicht, was ich Jhnen ge-
ſagt, und was Sie mir eingeſtanden haben, daß ſelbſt
der elende Troſt, um welchen es Jhnen itzt ſo ſehr zu
thun iſt der jammervolle Troſt, ich werde nach der Zer-
ſtoͤrung meiner Maſchine nicht mehr ſeyn, nicht einmahl
aus Jhrem Satze folgt, wenn er auch ſo wahr waͤre,
als dieſer: Es iſt ein Gott! Gott, der die Maſchine ge-
macht hat, kann ſie auch nach ihrer Zerſtoͤrung wieder
herſtellen, wenn er will. Sie koͤnnen alſo eine Maſchine
ſeyn, wenn Sie wollen, aber deswegen ſind Sie nicht
ſicher, daß Sie nach dieſem Leben nicht wieder leben
werden.
Was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |