Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.haben Sie die Geschäffte verwaltet, ohne Kenntniß der Gesetze, der Sprache, des Ganzen, der einzelnen Theile, ohne sich um die Kenntniß aller dieser Dinge zu bemü- hen, ohne sich die nöthige Zeit zu den Geschäfften zu nehmen, und im beständigen Geräusche der Zerstreuun- gen! Jch bitte Sie, Herr Graf, überlegen Sie, wie wichtig an sich selbst die irdische Glückseeligkeit einiger Millionen Menschen ist, wie wichtig sie Gott, dem Va- ter der Menschen, seyn muß! -- Leichtsinnig haben Sie Gesetze gegeben, ohne Leicht-
haben Sie die Geſchaͤffte verwaltet, ohne Kenntniß der Geſetze, der Sprache, des Ganzen, der einzelnen Theile, ohne ſich um die Kenntniß aller dieſer Dinge zu bemuͤ- hen, ohne ſich die noͤthige Zeit zu den Geſchaͤfften zu nehmen, und im beſtaͤndigen Geraͤuſche der Zerſtreuun- gen! Jch bitte Sie, Herr Graf, uͤberlegen Sie, wie wichtig an ſich ſelbſt die irdiſche Gluͤckſeeligkeit einiger Millionen Menſchen iſt, wie wichtig ſie Gott, dem Va- ter der Menſchen, ſeyn muß! — Leichtſinnig haben Sie Geſetze gegeben, ohne Leicht-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="72"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> haben Sie die Geſchaͤffte verwaltet, ohne Kenntniß der<lb/> Geſetze, der Sprache, des Ganzen, der einzelnen Theile,<lb/> ohne ſich um die Kenntniß aller dieſer Dinge zu bemuͤ-<lb/> hen, ohne ſich die noͤthige Zeit zu den Geſchaͤfften zu<lb/> nehmen, und im beſtaͤndigen Geraͤuſche der Zerſtreuun-<lb/> gen! Jch bitte Sie, Herr Graf, uͤberlegen Sie, wie<lb/> wichtig an ſich ſelbſt die irdiſche Gluͤckſeeligkeit einiger<lb/> Millionen Menſchen iſt, wie wichtig ſie Gott, dem Va-<lb/> ter der Menſchen, ſeyn muß! —</p><lb/> <p>Leichtſinnig haben Sie Geſetze gegeben, ohne<lb/> zu unterſuchen, was ſie fuͤr die Nation, der Sie ſie ga-<lb/> ben, fuͤr Folgen haben koͤnnten. — Auf eine bloß eilfer-<lb/> tige Wahrnehmung einiger Maͤngel haben Sie faſt alle<lb/> alten Einrichtungen des Staats umgeſtuͤrzt; nicht uͤber-<lb/> legt, ob ſie nicht ſo feſt ins Ganze eingefugt waͤren, daß<lb/> ſie nicht ohne Gefahr des ganzen Gebaͤudes herausgeriſſen<lb/> werden koͤnnten; nicht bedacht, daß Jhre neuen Einrich-<lb/> tungen noch groͤßere Maͤngel nach ſich ziehen koͤnnten,<lb/> und gewiß mit der Zeit nach ſich ziehen wuͤrden. — Mit<lb/> eilfertiger Entſchließung haben Sie Bediente des Staats<lb/> gewaͤhlt, oft und mehrentheils ohne ſie zu kennen, ohne<lb/> von Jhrer Faͤhigkeit und Treue gewiß zu ſeyn, und zu<lb/> ſehr haben Sie ſich gleichwohl auf ſie verlaſſen. Eben<lb/> ſo unuͤberlegt haben Sie rechtſchaffene, allgemein fuͤr<lb/> ſehr brauchbar erkannte Leute von den Geſchaͤfften ent-<lb/> fernt, um in Jhren Unternehmungen keinen Widerſtand<lb/> von ihnen befuͤrchten zu duͤrfen, oder, weil Sie ihre<lb/> Plaͤtze fuͤr andre Perſonen beſtimmt hatten, die Sie fuͤr<lb/> Jhre Freunde hielten. Oft haben Sie das Ungluͤck der<lb/> Familien, deren Vaͤtern Sie ihre Aemter nahmen,<lb/> in einem Augenblicke entſchieden, und es nicht em-<lb/> pfunden, wie ſehr das dieſe Unſchuldigen betruͤbt ha-<lb/> ben muͤſſe. —</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Leicht-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [72/0084]
haben Sie die Geſchaͤffte verwaltet, ohne Kenntniß der
Geſetze, der Sprache, des Ganzen, der einzelnen Theile,
ohne ſich um die Kenntniß aller dieſer Dinge zu bemuͤ-
hen, ohne ſich die noͤthige Zeit zu den Geſchaͤfften zu
nehmen, und im beſtaͤndigen Geraͤuſche der Zerſtreuun-
gen! Jch bitte Sie, Herr Graf, uͤberlegen Sie, wie
wichtig an ſich ſelbſt die irdiſche Gluͤckſeeligkeit einiger
Millionen Menſchen iſt, wie wichtig ſie Gott, dem Va-
ter der Menſchen, ſeyn muß! —
Leichtſinnig haben Sie Geſetze gegeben, ohne
zu unterſuchen, was ſie fuͤr die Nation, der Sie ſie ga-
ben, fuͤr Folgen haben koͤnnten. — Auf eine bloß eilfer-
tige Wahrnehmung einiger Maͤngel haben Sie faſt alle
alten Einrichtungen des Staats umgeſtuͤrzt; nicht uͤber-
legt, ob ſie nicht ſo feſt ins Ganze eingefugt waͤren, daß
ſie nicht ohne Gefahr des ganzen Gebaͤudes herausgeriſſen
werden koͤnnten; nicht bedacht, daß Jhre neuen Einrich-
tungen noch groͤßere Maͤngel nach ſich ziehen koͤnnten,
und gewiß mit der Zeit nach ſich ziehen wuͤrden. — Mit
eilfertiger Entſchließung haben Sie Bediente des Staats
gewaͤhlt, oft und mehrentheils ohne ſie zu kennen, ohne
von Jhrer Faͤhigkeit und Treue gewiß zu ſeyn, und zu
ſehr haben Sie ſich gleichwohl auf ſie verlaſſen. Eben
ſo unuͤberlegt haben Sie rechtſchaffene, allgemein fuͤr
ſehr brauchbar erkannte Leute von den Geſchaͤfften ent-
fernt, um in Jhren Unternehmungen keinen Widerſtand
von ihnen befuͤrchten zu duͤrfen, oder, weil Sie ihre
Plaͤtze fuͤr andre Perſonen beſtimmt hatten, die Sie fuͤr
Jhre Freunde hielten. Oft haben Sie das Ungluͤck der
Familien, deren Vaͤtern Sie ihre Aemter nahmen,
in einem Augenblicke entſchieden, und es nicht em-
pfunden, wie ſehr das dieſe Unſchuldigen betruͤbt ha-
ben muͤſſe. —
Leicht-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |