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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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hochgeeignet, auf das Gemüt und das Urteil derselben
bestimmend einzuwirken.

Kritische Missionsfreunde in der Heimat sind frei-
lich mitunter schnell bei der Hand, um an dieser Me-
thode herumzumäkeln. "Sind denn", so meinen sie,
"die Missionare in die Heidenländer gesandt, damit sie
Sprachunterricht erteilen und Litteraturstunden geben?
Ist das nicht eine Vertrödelung ihrer kostbaren Zeit?
Geben wir dazu, von heiliger Begeisterung durchglüht,
unsere Gaben? Widerspricht es nicht geradezu dem
Wortlaut des Evangeliums? Sie sollen das Evan-
gelium predigen aller Kreatur und damit fertig!" Ganz
richtig! Das ist aber eine billige Kritik, und diese
Wahrheiten hat sich jeder Missionar schon hundertmal
selbst gesagt. Die Kritiker haben ja recht, wenn sie
sich auf den Apostel Paulus berufen: Paulus hat es
nicht so gemacht. Und doch hat auch er nicht auf das
Geratewohl gearbeitet. Vielmehr hat er in wohlüber-
legter Weise in den Judenschulen Ausgangspunkte für
seine Arbeit gesucht und gefunden, und wenn er in
Athen öffentlich auf dem Areopag sprach, so war auch
das keine Straßenpredigt im landläufigen Sinne des
Wortes, vielmehr war es, der Landessitte entsprechend,
der geordnete Weg. Das Ziel ist zu allen Zeiten das
gleiche, aber die Wege zum Ziel, die Methoden, sind
keine dogmatischen Axiome. Vielmehr sind sie bedingt
und gestaltet durch örtliche Verhältnisse und zeitliche
Strömungen.

Es lassen sich mit Bezug auf Missionstechnik wohl
allgemeine Grundrichtungen aufstellen, nicht aber bestimmt
vorgezeichnete Wege. Eine spezifisch missionarische Aus-
bildung giebt es nicht. Die Missionsseminare selbst
wissen davon nichts oder wenig. Es ist entweder Un-

hochgeeignet, auf das Gemüt und das Urteil derſelben
beſtimmend einzuwirken.

Kritiſche Miſſionsfreunde in der Heimat ſind frei-
lich mitunter ſchnell bei der Hand, um an dieſer Me-
thode herumzumäkeln. „Sind denn“, ſo meinen ſie,
„die Miſſionare in die Heidenländer geſandt, damit ſie
Sprachunterricht erteilen und Litteraturſtunden geben?
Iſt das nicht eine Vertrödelung ihrer koſtbaren Zeit?
Geben wir dazu, von heiliger Begeiſterung durchglüht,
unſere Gaben? Widerſpricht es nicht geradezu dem
Wortlaut des Evangeliums? Sie ſollen das Evan-
gelium predigen aller Kreatur und damit fertig!“ Ganz
richtig! Das iſt aber eine billige Kritik, und dieſe
Wahrheiten hat ſich jeder Miſſionar ſchon hundertmal
ſelbſt geſagt. Die Kritiker haben ja recht, wenn ſie
ſich auf den Apoſtel Paulus berufen: Paulus hat es
nicht ſo gemacht. Und doch hat auch er nicht auf das
Geratewohl gearbeitet. Vielmehr hat er in wohlüber-
legter Weiſe in den Judenſchulen Ausgangspunkte für
ſeine Arbeit geſucht und gefunden, und wenn er in
Athen öffentlich auf dem Areopag ſprach, ſo war auch
das keine Straßenpredigt im landläufigen Sinne des
Wortes, vielmehr war es, der Landesſitte entſprechend,
der geordnete Weg. Das Ziel iſt zu allen Zeiten das
gleiche, aber die Wege zum Ziel, die Methoden, ſind
keine dogmatiſchen Axiome. Vielmehr ſind ſie bedingt
und geſtaltet durch örtliche Verhältniſſe und zeitliche
Strömungen.

Es laſſen ſich mit Bezug auf Miſſionstechnik wohl
allgemeine Grundrichtungen aufſtellen, nicht aber beſtimmt
vorgezeichnete Wege. Eine ſpezifiſch miſſionariſche Aus-
bildung giebt es nicht. Die Miſſionsſeminare ſelbſt
wiſſen davon nichts oder wenig. Es iſt entweder Un-

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[314/0328] hochgeeignet, auf das Gemüt und das Urteil derſelben beſtimmend einzuwirken. Kritiſche Miſſionsfreunde in der Heimat ſind frei- lich mitunter ſchnell bei der Hand, um an dieſer Me- thode herumzumäkeln. „Sind denn“, ſo meinen ſie, „die Miſſionare in die Heidenländer geſandt, damit ſie Sprachunterricht erteilen und Litteraturſtunden geben? Iſt das nicht eine Vertrödelung ihrer koſtbaren Zeit? Geben wir dazu, von heiliger Begeiſterung durchglüht, unſere Gaben? Widerſpricht es nicht geradezu dem Wortlaut des Evangeliums? Sie ſollen das Evan- gelium predigen aller Kreatur und damit fertig!“ Ganz richtig! Das iſt aber eine billige Kritik, und dieſe Wahrheiten hat ſich jeder Miſſionar ſchon hundertmal ſelbſt geſagt. Die Kritiker haben ja recht, wenn ſie ſich auf den Apoſtel Paulus berufen: Paulus hat es nicht ſo gemacht. Und doch hat auch er nicht auf das Geratewohl gearbeitet. Vielmehr hat er in wohlüber- legter Weiſe in den Judenſchulen Ausgangspunkte für ſeine Arbeit geſucht und gefunden, und wenn er in Athen öffentlich auf dem Areopag ſprach, ſo war auch das keine Straßenpredigt im landläufigen Sinne des Wortes, vielmehr war es, der Landesſitte entſprechend, der geordnete Weg. Das Ziel iſt zu allen Zeiten das gleiche, aber die Wege zum Ziel, die Methoden, ſind keine dogmatiſchen Axiome. Vielmehr ſind ſie bedingt und geſtaltet durch örtliche Verhältniſſe und zeitliche Strömungen. Es laſſen ſich mit Bezug auf Miſſionstechnik wohl allgemeine Grundrichtungen aufſtellen, nicht aber beſtimmt vorgezeichnete Wege. Eine ſpezifiſch miſſionariſche Aus- bildung giebt es nicht. Die Miſſionsſeminare ſelbſt wiſſen davon nichts oder wenig. Es iſt entweder Un-

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/328>, abgerufen am 22.11.2024.