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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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der Missionar sagt: "Wir erziehen eure Kinder umsonst".
Ohne das würden viele Kinder überhaupt keine Schule
besuchen, und manche würden ganz und gar verwahr-
losen. Denn wenn der Schulzwang auch offiziell besteht,
so wird doch seine Durchführung noch nicht sehr strenge
gehandhabt. Es ist also auch hier wieder zunächst ein
rein menschliches Samariterwerk, welches die Mission
thut. Auch unser Verein besitzt eine solche Armenschule,
an welcher ein Lehrer und zwei Lehrerinnen unterrichten 1).
Aber mit dem Unterricht allein ist es nicht gethan.
Die Lehrerin ist zugleich die Mutter der Kinder, und
es ist nicht nur ein Scherz, wenn sie dieselben "meine
Kinder" nennt. Sie macht es wie einst Pestalozzi:
Sie wäscht die Kinder und kämmt sie und reinigt sie
vom Ungeziefer, sie steckt sie in das Bad und flickt ihnen
die Kleider. Es ist also innere Mission, welche hier
getrieben wird.

Die Früchte aus den Sonntagsschulen und Frei-
schulen reifen sehr langsam. In der katholischen Mission
ist man freilich darauf aus, sie um jeden Preis einzu-
heimsen, auch wenn sie noch nicht reif sind: Man tauft
die Kinder in jedem beliebigen Lebensalter. Hier ist
die Taufe eben opus operatum, das als solches, auch
abgesehen vom Glauben, zur Seligkeit dient. Ich hatte
einmal einen jungen Mann, einen Lehrer der deutschen
Sprache, im Bibelunterricht. Derselbe wünschte schließ-
lich in unsere Kirche aufgenommen zu werden. In
seiner Jugend war er ein regelmäßiger Besucher der
griechisch-katholischen Sonntagsschule in seiner Heimat

1) Vergl. Frau Pfarrer Käthe Christliebs lebenswarme
Schilderung, welche in O. Schmiedels Kultur- und Missions-
bildern zum Teil abgedruckt ist. Frau Christlieb ist Leiterin
der Schule.

der Miſſionar ſagt: „Wir erziehen eure Kinder umſonſt“.
Ohne das würden viele Kinder überhaupt keine Schule
beſuchen, und manche würden ganz und gar verwahr-
loſen. Denn wenn der Schulzwang auch offiziell beſteht,
ſo wird doch ſeine Durchführung noch nicht ſehr ſtrenge
gehandhabt. Es iſt alſo auch hier wieder zunächſt ein
rein menſchliches Samariterwerk, welches die Miſſion
thut. Auch unſer Verein beſitzt eine ſolche Armenſchule,
an welcher ein Lehrer und zwei Lehrerinnen unterrichten 1).
Aber mit dem Unterricht allein iſt es nicht gethan.
Die Lehrerin iſt zugleich die Mutter der Kinder, und
es iſt nicht nur ein Scherz, wenn ſie dieſelben „meine
Kinder“ nennt. Sie macht es wie einſt Peſtalozzi:
Sie wäſcht die Kinder und kämmt ſie und reinigt ſie
vom Ungeziefer, ſie ſteckt ſie in das Bad und flickt ihnen
die Kleider. Es iſt alſo innere Miſſion, welche hier
getrieben wird.

Die Früchte aus den Sonntagsſchulen und Frei-
ſchulen reifen ſehr langſam. In der katholiſchen Miſſion
iſt man freilich darauf aus, ſie um jeden Preis einzu-
heimſen, auch wenn ſie noch nicht reif ſind: Man tauft
die Kinder in jedem beliebigen Lebensalter. Hier iſt
die Taufe eben opus operatum, das als ſolches, auch
abgeſehen vom Glauben, zur Seligkeit dient. Ich hatte
einmal einen jungen Mann, einen Lehrer der deutſchen
Sprache, im Bibelunterricht. Derſelbe wünſchte ſchließ-
lich in unſere Kirche aufgenommen zu werden. In
ſeiner Jugend war er ein regelmäßiger Beſucher der
griechiſch-katholiſchen Sonntagsſchule in ſeiner Heimat

1) Vergl. Frau Pfarrer Käthe Chriſtliebs lebenswarme
Schilderung, welche in O. Schmiedels Kultur- und Miſſions-
bildern zum Teil abgedruckt iſt. Frau Chriſtlieb iſt Leiterin
der Schule.
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[331/0345] der Miſſionar ſagt: „Wir erziehen eure Kinder umſonſt“. Ohne das würden viele Kinder überhaupt keine Schule beſuchen, und manche würden ganz und gar verwahr- loſen. Denn wenn der Schulzwang auch offiziell beſteht, ſo wird doch ſeine Durchführung noch nicht ſehr ſtrenge gehandhabt. Es iſt alſo auch hier wieder zunächſt ein rein menſchliches Samariterwerk, welches die Miſſion thut. Auch unſer Verein beſitzt eine ſolche Armenſchule, an welcher ein Lehrer und zwei Lehrerinnen unterrichten 1). Aber mit dem Unterricht allein iſt es nicht gethan. Die Lehrerin iſt zugleich die Mutter der Kinder, und es iſt nicht nur ein Scherz, wenn ſie dieſelben „meine Kinder“ nennt. Sie macht es wie einſt Peſtalozzi: Sie wäſcht die Kinder und kämmt ſie und reinigt ſie vom Ungeziefer, ſie ſteckt ſie in das Bad und flickt ihnen die Kleider. Es iſt alſo innere Miſſion, welche hier getrieben wird. Die Früchte aus den Sonntagsſchulen und Frei- ſchulen reifen ſehr langſam. In der katholiſchen Miſſion iſt man freilich darauf aus, ſie um jeden Preis einzu- heimſen, auch wenn ſie noch nicht reif ſind: Man tauft die Kinder in jedem beliebigen Lebensalter. Hier iſt die Taufe eben opus operatum, das als ſolches, auch abgeſehen vom Glauben, zur Seligkeit dient. Ich hatte einmal einen jungen Mann, einen Lehrer der deutſchen Sprache, im Bibelunterricht. Derſelbe wünſchte ſchließ- lich in unſere Kirche aufgenommen zu werden. In ſeiner Jugend war er ein regelmäßiger Beſucher der griechiſch-katholiſchen Sonntagsſchule in ſeiner Heimat 1) Vergl. Frau Pfarrer Käthe Chriſtliebs lebenswarme Schilderung, welche in O. Schmiedels Kultur- und Miſſions- bildern zum Teil abgedruckt iſt. Frau Chriſtlieb iſt Leiterin der Schule.

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/345>, abgerufen am 22.11.2024.