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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Das 1: Capitel.
steifferen und dickeren/ in der Mitten des Nabels
hafftenden stylum oder Steffzen umgeben.

Diese Fädemlein oder stamina sind entweders
Saamen Fädemlein/ die einen kleinen Saamen/
gleich Gluffen-Knöpffen auf sich tragen/ wie wir
an den Tulipanen und Gilgen sehen; Oder sie sind
Blust-Fädemlein/ die mit artigen Löckleinen pran-
gen/ wie an der Ringel-Blume und Rheinfahren
zu beobachten.

Diese beyderley Blumen-Fäden nehren die
Bienen/ indem sie den Honigseim darauß saugen/
und dienen zugleich zur Zierd und zur Underschei-
dung der Blumen.

Die Frucht ist entweders ein bloß-ligender/ oder
mit Fleische zu seiner Erhaltung bedeckter Saa-
me/ der Leuthen und Viehe zur Nahrung gedeyet.

Es ist aber die Frucht eine neue Geburt der Ge-
wächsen/ voller Safft und Krafft/ der wahrhafft
Saamen-Gehalter/ wie die Bieren/ Apffel und
Zwetschgen/ u. a. m beweisen. Sie besitzet aber
den Ursprung ihrer Benennung nicht von dem La-
teinischen fruendo, von dem geniessen/ sonder von
dem alt-deutschen frut/ woher unser noch bräuch-
liches Wort frutig abstammet: dann die frutige
Arbeit bringet die Frucht herfür/ welches von al-
len Feld-Früchten zu verstehen. Eigentlich zu re-
den aber bemercken wir unter diesem Nammen das
jährlich Wachßtum einer Pflantzen/ das an dem
Blust hanget/ und darauf folget/ das von sich
selbst abfallet/ und von der Erden/ oder einer an-

deren

Das 1: Capitel.
ſteifferen und dickeren/ in der Mitten des Nabels
hafftenden ſtylum oder Steffzen umgeben.

Dieſe Faͤdemlein oder ſtamina ſind entweders
Saamen Faͤdemlein/ die einen kleinen Saamen/
gleich Gluffen-Knoͤpffen auf ſich tragen/ wie wir
an den Tulipanen und Gilgen ſehen; Oder ſie ſind
Bluſt-Faͤdemlein/ die mit artigen Loͤckleinen pran-
gen/ wie an der Ringel-Blume und Rheinfahren
zu beobachten.

Dieſe beyderley Blumen-Faͤden nehren die
Bienen/ indem ſie den Honigſeim darauß ſaugen/
und dienen zugleich zur Zierd und zur Underſchei-
dung der Blumen.

Die Frucht iſt entweders ein bloß-ligender/ oder
mit Fleiſche zu ſeiner Erhaltung bedeckter Saa-
me/ der Leuthen und Viehe zur Nahrung gedeyet.

Es iſt aber die Frucht eine neue Geburt der Ge-
waͤchſen/ voller Safft und Krafft/ der wahrhafft
Saamen-Gehalter/ wie die Bieren/ Apffel und
Zwetſchgen/ u. a. m beweiſen. Sie beſitzet aber
den Urſprung ihrer Benennung nicht von dem La-
teiniſchen fruendo, von dem genieſſen/ ſonder von
dem alt-deutſchen frut/ woher unſer noch braͤuch-
liches Wort frutig abſtammet: dann die frutige
Arbeit bringet die Frucht herfuͤr/ welches von al-
len Feld-Fruͤchten zu verſtehen. Eigentlich zu re-
den aber bemercken wir unter dieſem Nam̃en das
jaͤhrlich Wachßtum einer Pflantzen/ das an dem
Bluſt hanget/ und darauf folget/ das von ſich
ſelbſt abfallet/ und von der Erden/ oder einer an-

deren
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[12/0044] Das 1: Capitel. ſteifferen und dickeren/ in der Mitten des Nabels hafftenden ſtylum oder Steffzen umgeben. Dieſe Faͤdemlein oder ſtamina ſind entweders Saamen Faͤdemlein/ die einen kleinen Saamen/ gleich Gluffen-Knoͤpffen auf ſich tragen/ wie wir an den Tulipanen und Gilgen ſehen; Oder ſie ſind Bluſt-Faͤdemlein/ die mit artigen Loͤckleinen pran- gen/ wie an der Ringel-Blume und Rheinfahren zu beobachten. Dieſe beyderley Blumen-Faͤden nehren die Bienen/ indem ſie den Honigſeim darauß ſaugen/ und dienen zugleich zur Zierd und zur Underſchei- dung der Blumen. Die Frucht iſt entweders ein bloß-ligender/ oder mit Fleiſche zu ſeiner Erhaltung bedeckter Saa- me/ der Leuthen und Viehe zur Nahrung gedeyet. Es iſt aber die Frucht eine neue Geburt der Ge- waͤchſen/ voller Safft und Krafft/ der wahrhafft Saamen-Gehalter/ wie die Bieren/ Apffel und Zwetſchgen/ u. a. m beweiſen. Sie beſitzet aber den Urſprung ihrer Benennung nicht von dem La- teiniſchen fruendo, von dem genieſſen/ ſonder von dem alt-deutſchen frut/ woher unſer noch braͤuch- liches Wort frutig abſtammet: dann die frutige Arbeit bringet die Frucht herfuͤr/ welches von al- len Feld-Fruͤchten zu verſtehen. Eigentlich zu re- den aber bemercken wir unter dieſem Nam̃en das jaͤhrlich Wachßtum einer Pflantzen/ das an dem Bluſt hanget/ und darauf folget/ das von ſich ſelbſt abfallet/ und von der Erden/ oder einer an- deren

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/44>, abgerufen am 04.12.2024.