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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Von den übrigen Kräuter-Geschmäcken.
und der irrdischen Arth der kleinen Theilen/ mit
denen der lebend Kräuter-Geist belebet und be-
schwert ist.

Der saur Geschmack beisset auf die Zungen oh-
ne Empfindnuß der Wärme/ wegen der in sich
haltenden schneidenden Gestalt/ wie in der Saur-
ampffer/ Zitronen und Erbselen.

Diese Ressigkeit verursachet des Saursaltzes
keilförmige Gestalt/ welche von dem Mangel der
bewegenden und wärmenden Theilen herkommen/
welche sonst durch Abstossung der Ecken an diesen
kleinen Leiberen eine runde Gestalt bekommen/ und
durch die Bewegung sich glatt schleiffen wurden.
Daher können die saltzichte/ ölichte oder gewürtzte
Artzney Mittel alle Säure dämmen und deren
Jast stillen. Dieser Geschmack befindet sich mei-
stens in denen Gewächsen/ welche von der Son-
nen entlegen/ und auf keinen Schweffel-Grün-
den wachsen/ auch dessen wenig in sich haben/ und
sind nur um einen Staffel von dem harben Ge-
schmack underscheiden/ weil sie weniger Feuchtig-
keit als diese in sich haben; daher geschihet/ daß
deren anfänglich holtzichte/ trockne/ und zugleich
harbe Früchte durch zukommende Feuchtigkeit saur
worden.

Die sauren Gewächse haben Krafft abzukühlen/
zusammenzuziehen/ durchzutringen und zu zerthei-
len/ die Flüsse zu hindertreiben und zu bestellen/
alle schärffe zu vertuffen/ das ungeschmak und süß
kräfftig und angenehm zu machen. Weil das saur
die Geister zusammen vereinbahret (concentriert)

und
B 5

Von den uͤbrigen Kraͤuter-Geſchmaͤcken.
und der irꝛdiſchen Arth der kleinen Theilen/ mit
denen der lebend Kraͤuter-Geiſt belebet und be-
ſchwert iſt.

Der ſaur Geſchmack beiſſet auf die Zungen oh-
ne Empfindnuß der Waͤrme/ wegen der in ſich
haltenden ſchneidenden Geſtalt/ wie in der Saur-
ampffer/ Zitronen und Erbſelen.

Dieſe Reſſigkeit verurſachet des Saurſaltzes
keilfoͤrmige Geſtalt/ welche von dem Mangel der
bewegenden und waͤrmenden Theilen herkommen/
welche ſonſt durch Abſtoſſung der Ecken an dieſen
kleinen Leiberen eine runde Geſtalt bekommen/ und
durch die Bewegung ſich glatt ſchleiffen wurden.
Daher koͤnnen die ſaltzichte/ oͤlichte oder gewuͤrtzte
Artzney Mittel alle Saͤure daͤmmen und deren
Jaſt ſtillen. Dieſer Geſchmack befindet ſich mei-
ſtens in denen Gewaͤchſen/ welche von der Son-
nen entlegen/ und auf keinen Schweffel-Gruͤn-
den wachſen/ auch deſſen wenig in ſich haben/ und
ſind nur um einen Staffel von dem harben Ge-
ſchmack underſcheiden/ weil ſie weniger Feuchtig-
keit als dieſe in ſich haben; daher geſchihet/ daß
deren anfaͤnglich holtzichte/ trockne/ und zugleich
harbe Fruͤchte durch zukommende Feuchtigkeit ſaur
worden.

Die ſauren Gewaͤchſe haben Krafft abzukuͤhlen/
zuſammenzuziehen/ durchzutringen und zu zerthei-
len/ die Fluͤſſe zu hindertreiben und zu beſtellen/
alle ſchaͤrffe zu vertuffen/ das ungeſchmak und ſuͤß
kraͤfftig und angenehm zu machen. Weil das ſaur
die Geiſter zuſammen vereinbahret (concentriert)

und
B 5
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[25/0057] Von den uͤbrigen Kraͤuter-Geſchmaͤcken. und der irꝛdiſchen Arth der kleinen Theilen/ mit denen der lebend Kraͤuter-Geiſt belebet und be- ſchwert iſt. Der ſaur Geſchmack beiſſet auf die Zungen oh- ne Empfindnuß der Waͤrme/ wegen der in ſich haltenden ſchneidenden Geſtalt/ wie in der Saur- ampffer/ Zitronen und Erbſelen. Dieſe Reſſigkeit verurſachet des Saurſaltzes keilfoͤrmige Geſtalt/ welche von dem Mangel der bewegenden und waͤrmenden Theilen herkommen/ welche ſonſt durch Abſtoſſung der Ecken an dieſen kleinen Leiberen eine runde Geſtalt bekommen/ und durch die Bewegung ſich glatt ſchleiffen wurden. Daher koͤnnen die ſaltzichte/ oͤlichte oder gewuͤrtzte Artzney Mittel alle Saͤure daͤmmen und deren Jaſt ſtillen. Dieſer Geſchmack befindet ſich mei- ſtens in denen Gewaͤchſen/ welche von der Son- nen entlegen/ und auf keinen Schweffel-Gruͤn- den wachſen/ auch deſſen wenig in ſich haben/ und ſind nur um einen Staffel von dem harben Ge- ſchmack underſcheiden/ weil ſie weniger Feuchtig- keit als dieſe in ſich haben; daher geſchihet/ daß deren anfaͤnglich holtzichte/ trockne/ und zugleich harbe Fruͤchte durch zukommende Feuchtigkeit ſaur worden. Die ſauren Gewaͤchſe haben Krafft abzukuͤhlen/ zuſammenzuziehen/ durchzutringen und zu zerthei- len/ die Fluͤſſe zu hindertreiben und zu beſtellen/ alle ſchaͤrffe zu vertuffen/ das ungeſchmak und ſuͤß kraͤfftig und angenehm zu machen. Weil das ſaur die Geiſter zuſammen vereinbahret (concentriert) und B 5

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/57>, abgerufen am 04.12.2024.