Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den übrigen Kräuter-Geschmäcken.
zu reinigen (purgiren) der Fäulung zu wehren/
und die Wärme zu töden; Krafft seines harben
Geschmacks aber stopffet und stärcket er. Also
ist es auch mit den Rosen und anderen Gewäch-
sen mehr bekant.

Sind die Geschmäcke so sehr untereinander ver-
mischet/ daß man keinen eigentlichen Unterscheid
machen kan/ so muß die Erfahrung zu hülffe gezo-
gen werden/ deren si[c]herer als der blossen Ver-
nunfft zu trauen/ dann diese erfindet offt etwas
das durch die Erfahrung anderst befunden wird.

Das 4. Capitel.
Von dem Geruche der Gewächsen.

DEr Geruch ist die Außdünstung der geist-
reichen/ schweflichten und flüchtigen/ jedem
Gewächse enthaltenen Materi/ welche dem Rie-
chen der Nassen zum Vorwurffe dienet/ und ver-
mittelst des eingeathmeten Luffts in die Naßlöcher
durchtringet/ und durch dieselben in die Dutten-
förmige Fortsatze des Gehirns getrieben wird/
selbige reitzet und vast wie der Geschmack die Em-
pfindlichkeit würcket.

Der Geruch und Geschmack sind einander
gar enge verwant/ daß man beede für eben ei-
nen Sinn halten möchte/ indem beyde anderst
nicht als durch etwelches Versuchen begriffen
werden/ indem das flüchtig Saltz des Gewäch-
ses/ als der Vorwurff des Geschmacks/ auch der
Nassen zutringet. Jedoch scheinen sie dardurch

unter-
C

Von den uͤbrigen Kraͤuter-Geſchmaͤcken.
zu reinigen (purgiren) der Faͤulung zu wehren/
und die Waͤrme zu toͤden; Krafft ſeines harben
Geſchmacks aber ſtopffet und ſtaͤrcket er. Alſo
iſt es auch mit den Roſen und anderen Gewaͤch-
ſen mehr bekant.

Sind die Geſchmaͤcke ſo ſehr untereinander ver-
miſchet/ daß man keinen eigentlichen Unterſcheid
machen kan/ ſo muß die Erfahrung zu huͤlffe gezo-
gen werden/ deren ſi[c]herer als der bloſſen Ver-
nunfft zu trauen/ dann dieſe erfindet offt etwas
das durch die Erfahrung anderſt befunden wird.

Das 4. Capitel.
Von dem Geruche der Gewaͤchſen.

DEr Geruch iſt die Außduͤnſtung der geiſt-
reichen/ ſchweflichten und fluͤchtigen/ jedem
Gewaͤchſe enthaltenen Materi/ welche dem Rie-
chen der Naſſen zum Vorwurffe dienet/ und ver-
mittelſt des eingeathmeten Luffts in die Naßloͤcher
durchtringet/ und durch dieſelben in die Dutten-
foͤrmige Fortſatze des Gehirns getrieben wird/
ſelbige reitzet und vaſt wie der Geſchmack die Em-
pfindlichkeit wuͤrcket.

Der Geruch und Geſchmack ſind einander
gar enge verwant/ daß man beede fuͤr eben ei-
nen Sinn halten moͤchte/ indem beyde anderſt
nicht als durch etwelches Verſuchen begriffen
werden/ indem das fluͤchtig Saltz des Gewaͤch-
ſes/ als der Vorwurff des Geſchmacks/ auch der
Naſſen zutringet. Jedoch ſcheinen ſie dardurch

unter-
C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0065" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den u&#x0364;brigen Kra&#x0364;uter-Ge&#x017F;chma&#x0364;cken.</hi></fw><lb/>
zu reinigen (<hi rendition="#aq">purgir</hi>en) der Fa&#x0364;ulung zu wehren/<lb/>
und die Wa&#x0364;rme zu to&#x0364;den; Krafft &#x017F;eines harben<lb/>
Ge&#x017F;chmacks aber &#x017F;topffet und &#x017F;ta&#x0364;rcket er. Al&#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t es auch mit den Ro&#x017F;en und anderen Gewa&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;en mehr bekant.</p><lb/>
        <p>Sind die Ge&#x017F;chma&#x0364;cke &#x017F;o &#x017F;ehr untereinander ver-<lb/>
mi&#x017F;chet/ daß man keinen eigentlichen Unter&#x017F;cheid<lb/>
machen kan/ &#x017F;o muß die Erfahrung zu hu&#x0364;lffe gezo-<lb/>
gen werden/ deren &#x017F;i<supplied>c</supplied>herer als der blo&#x017F;&#x017F;en Ver-<lb/>
nunfft zu trauen/ dann die&#x017F;e erfindet offt etwas<lb/>
das durch die Erfahrung ander&#x017F;t befunden wird.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Das 4. Capitel.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Von dem Geruche der Gewa&#x0364;ch&#x017F;en.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>Er Geruch i&#x017F;t die Außdu&#x0364;n&#x017F;tung der gei&#x017F;t-<lb/>
reichen/ &#x017F;chweflichten und flu&#x0364;chtigen/ jedem<lb/>
Gewa&#x0364;ch&#x017F;e enthaltenen Materi/ welche dem Rie-<lb/>
chen der Na&#x017F;&#x017F;en zum Vorwurffe dienet/ und ver-<lb/>
mittel&#x017F;t des eingeathmeten Luffts in die Naßlo&#x0364;cher<lb/>
durchtringet/ und durch die&#x017F;elben in die Dutten-<lb/>
fo&#x0364;rmige Fort&#x017F;atze des Gehirns getrieben wird/<lb/>
&#x017F;elbige reitzet und va&#x017F;t wie der Ge&#x017F;chmack die Em-<lb/>
pfindlichkeit wu&#x0364;rcket.</p><lb/>
        <p>Der Geruch und Ge&#x017F;chmack &#x017F;ind einander<lb/>
gar enge verwant/ daß man beede fu&#x0364;r eben ei-<lb/>
nen Sinn halten mo&#x0364;chte/ indem beyde ander&#x017F;t<lb/>
nicht als durch etwelches Ver&#x017F;uchen begriffen<lb/>
werden/ indem das flu&#x0364;chtig Saltz des Gewa&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;es/ als der Vorwurff des Ge&#x017F;chmacks/ auch der<lb/>
Na&#x017F;&#x017F;en zutringet. Jedoch &#x017F;cheinen &#x017F;ie dardurch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C</fw><fw place="bottom" type="catch">unter-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0065] Von den uͤbrigen Kraͤuter-Geſchmaͤcken. zu reinigen (purgiren) der Faͤulung zu wehren/ und die Waͤrme zu toͤden; Krafft ſeines harben Geſchmacks aber ſtopffet und ſtaͤrcket er. Alſo iſt es auch mit den Roſen und anderen Gewaͤch- ſen mehr bekant. Sind die Geſchmaͤcke ſo ſehr untereinander ver- miſchet/ daß man keinen eigentlichen Unterſcheid machen kan/ ſo muß die Erfahrung zu huͤlffe gezo- gen werden/ deren ſicherer als der bloſſen Ver- nunfft zu trauen/ dann dieſe erfindet offt etwas das durch die Erfahrung anderſt befunden wird. Das 4. Capitel. Von dem Geruche der Gewaͤchſen. DEr Geruch iſt die Außduͤnſtung der geiſt- reichen/ ſchweflichten und fluͤchtigen/ jedem Gewaͤchſe enthaltenen Materi/ welche dem Rie- chen der Naſſen zum Vorwurffe dienet/ und ver- mittelſt des eingeathmeten Luffts in die Naßloͤcher durchtringet/ und durch dieſelben in die Dutten- foͤrmige Fortſatze des Gehirns getrieben wird/ ſelbige reitzet und vaſt wie der Geſchmack die Em- pfindlichkeit wuͤrcket. Der Geruch und Geſchmack ſind einander gar enge verwant/ daß man beede fuͤr eben ei- nen Sinn halten moͤchte/ indem beyde anderſt nicht als durch etwelches Verſuchen begriffen werden/ indem das fluͤchtig Saltz des Gewaͤch- ſes/ als der Vorwurff des Geſchmacks/ auch der Naſſen zutringet. Jedoch ſcheinen ſie dardurch unter- C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/65
Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/65>, abgerufen am 09.11.2024.