Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

seine Aemilia, mich aber, seine Charlotte. Unsere Gäste glaubten anfangs, er wär rasend geworden.

Da ich ihnen aber das Geheimnis entdeckte, so wurde sein Vorhaben bewundert, und er in seiner Thorheit gestärkt. Der Schulmeister sollte mit aller Gewalt Alexanders Gastmahl aufführen: da er nun dieses Singstück nicht einmal den Namen nach kannte: so hieß ihn mein Oncle einen Bärenhäuter, und jagte ihn zur Thür hinaus. Er fieng indessen mit fürchterlicher Stimme an: Reitzend, sanft in Lydischen Thönen etc.

Der Magister trägt das Seinige zu diesen Thorheiten redlich bei. Er will die Person Grandisons in Italien spielen. Des Pfarrers Tochter ist seine Clementine. Er sprach noch heute von ihr mit einer affenmäßigen Entzückung. Kurz darauf wiederhohlte er die Zeilen aus den Milton:

Nie gestand sie die Liebe etc.

Wir hielten darauf folgendes Gespräch.

Amalia. Wissen Sie denn, Herr Magister, daß Hannchen eben die Neigung zu Sie

seine Aemilia, mich aber, seine Charlotte. Unsere Gäste glaubten anfangs, er wär rasend geworden.

Da ich ihnen aber das Geheimnis entdeckte, so wurde sein Vorhaben bewundert, und er in seiner Thorheit gestärkt. Der Schulmeister sollte mit aller Gewalt Alexanders Gastmahl aufführen: da er nun dieses Singstück nicht einmal den Namen nach kannte: so hieß ihn mein Oncle einen Bärenhäuter, und jagte ihn zur Thür hinaus. Er fieng indessen mit fürchterlicher Stimme an: Reitzend, sanft in Lydischen Thönen etc.

Der Magister trägt das Seinige zu diesen Thorheiten redlich bei. Er will die Person Grandisons in Italien spielen. Des Pfarrers Tochter ist seine Clementine. Er sprach noch heute von ihr mit einer affenmäßigen Entzückung. Kurz darauf wiederhohlte er die Zeilen aus den Milton:

Nie gestand sie die Liebe ꝛc.

Wir hielten darauf folgendes Gespräch.

Amalia. Wissen Sie denn, Herr Magister, daß Hannchen eben die Neigung zu Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0140" n="125"/>
seine Aemilia, mich aber, seine Charlotte. Unsere Gäste glaubten anfangs, er wär rasend geworden.</p>
        <p>Da ich ihnen aber das Geheimnis entdeckte, so wurde sein Vorhaben bewundert, und er in seiner Thorheit gestärkt. Der Schulmeister sollte mit aller Gewalt Alexanders Gastmahl aufführen: da er nun dieses Singstück nicht einmal den Namen nach kannte: so hieß ihn mein Oncle einen Bärenhäuter, und jagte ihn zur Thür hinaus. Er fieng indessen mit fürchterlicher Stimme an: Reitzend, sanft in Lydischen Thönen etc.</p>
        <p>Der Magister trägt das Seinige zu diesen Thorheiten redlich bei. Er will die Person Grandisons in Italien spielen. Des Pfarrers Tochter ist seine Clementine. Er sprach noch heute von ihr mit einer affenmäßigen Entzückung. Kurz darauf wiederhohlte er die Zeilen aus den Milton:</p>
        <quote>
          <l>Nie gestand sie die Liebe &#xA75B;c.</l>
        </quote>
        <p>Wir hielten darauf folgendes Gespräch.</p>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="scene">
              <sp>
                <speaker><hi rendition="#fr">Amalia</hi>.</speaker>
                <p>Wissen Sie denn, Herr Magister, daß Hannchen eben die Neigung zu Sie
</p>
              </sp>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0140] seine Aemilia, mich aber, seine Charlotte. Unsere Gäste glaubten anfangs, er wär rasend geworden. Da ich ihnen aber das Geheimnis entdeckte, so wurde sein Vorhaben bewundert, und er in seiner Thorheit gestärkt. Der Schulmeister sollte mit aller Gewalt Alexanders Gastmahl aufführen: da er nun dieses Singstück nicht einmal den Namen nach kannte: so hieß ihn mein Oncle einen Bärenhäuter, und jagte ihn zur Thür hinaus. Er fieng indessen mit fürchterlicher Stimme an: Reitzend, sanft in Lydischen Thönen etc. Der Magister trägt das Seinige zu diesen Thorheiten redlich bei. Er will die Person Grandisons in Italien spielen. Des Pfarrers Tochter ist seine Clementine. Er sprach noch heute von ihr mit einer affenmäßigen Entzückung. Kurz darauf wiederhohlte er die Zeilen aus den Milton: Nie gestand sie die Liebe ꝛc. Wir hielten darauf folgendes Gespräch. Amalia. Wissen Sie denn, Herr Magister, daß Hannchen eben die Neigung zu Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/140
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/140>, abgerufen am 24.11.2024.