Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.so geschwächt, daß ihm Niemand einen Thaler borget; auch so gar seine Spieler wollen ihm kein Conto mehr geben. Indessen glaubte ich alle Wohlanständigkeit zubeleidigen, wenn ich ihm diese Gefälligkeit versagte, ich zählte ihn die 20 Guineen zu. Er umarmte mich für diese Ritterzehrung einigemal, ich war bei diesen freundschaftlichen Versicherungen ganz kaltsinnig und zweifelte, ob ich mein Geld jemals wieder zu Gesichte bekommen würde: Er trat hierauf mit einer ernsthaften Mine zum Spieltische, holte fünf Guineen aus der Tasche und sezte sich da, ihm Jedermann mit Ehrerbietung Platz machte, auf dem ihm angebothnen Stuhl. Er fing an unter vielen wohlausgesonnen Flüchen sein Glück zu versuchen. Mir wurde in dieser Gesellschaft Zeit und Weile lang. Ich nahm mir vor zum Zeitvertreibe das Koffeehaus, welches ein ansehnliches Gebäude schien, etwas genauer zu besichtigen. Aber hören Sie, wie ich für diese Neugierde büßen mußte. Ich gehe durch so geschwächt, daß ihm Niemand einen Thaler borget; auch so gar seine Spieler wollen ihm kein Conto mehr geben. Indessen glaubte ich alle Wohlanständigkeit zubeleidigen, wenn ich ihm diese Gefälligkeit versagte, ich zählte ihn die 20 Guineen zu. Er umarmte mich für diese Ritterzehrung einigemal, ich war bei diesen freundschaftlichen Versicherungen ganz kaltsinnig und zweifelte, ob ich mein Geld jemals wieder zu Gesichte bekommen würde: Er trat hierauf mit einer ernsthaften Mine zum Spieltische, holte fünf Guineen aus der Tasche und sezte sich da, ihm Jedermann mit Ehrerbietung Platz machte, auf dem ihm angebothnen Stuhl. Er fing an unter vielen wohlausgesonnen Flüchen sein Glück zu versuchen. Mir wurde in dieser Gesellschaft Zeit und Weile lang. Ich nahm mir vor zum Zeitvertreibe das Koffeehaus, welches ein ansehnliches Gebäude schien, etwas genauer zu besichtigen. Aber hören Sie, wie ich für diese Neugierde büßen mußte. Ich gehe durch <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0361" n="346"/> so geschwächt, daß ihm Niemand einen Thaler borget; auch so gar seine Spieler wollen ihm kein Conto mehr geben.</p> <p>Indessen glaubte ich alle Wohlanständigkeit zubeleidigen, wenn ich ihm diese Gefälligkeit versagte, ich zählte ihn die 20 Guineen zu. Er umarmte mich für diese Ritterzehrung einigemal, ich war bei diesen freundschaftlichen Versicherungen ganz kaltsinnig und zweifelte, ob ich mein Geld jemals wieder zu Gesichte bekommen würde: Er trat hierauf mit einer ernsthaften Mine zum Spieltische, holte fünf Guineen aus der Tasche und sezte sich da, ihm Jedermann mit Ehrerbietung Platz machte, auf dem ihm angebothnen Stuhl. Er fing an unter vielen wohlausgesonnen Flüchen sein Glück zu versuchen. Mir wurde in dieser Gesellschaft Zeit und Weile lang. Ich nahm mir vor zum Zeitvertreibe das Koffeehaus, welches ein ansehnliches Gebäude schien, etwas genauer zu besichtigen. Aber hören Sie, wie ich für diese Neugierde büßen mußte. Ich gehe durch </p> </div> </body> </text> </TEI> [346/0361]
so geschwächt, daß ihm Niemand einen Thaler borget; auch so gar seine Spieler wollen ihm kein Conto mehr geben.
Indessen glaubte ich alle Wohlanständigkeit zubeleidigen, wenn ich ihm diese Gefälligkeit versagte, ich zählte ihn die 20 Guineen zu. Er umarmte mich für diese Ritterzehrung einigemal, ich war bei diesen freundschaftlichen Versicherungen ganz kaltsinnig und zweifelte, ob ich mein Geld jemals wieder zu Gesichte bekommen würde: Er trat hierauf mit einer ernsthaften Mine zum Spieltische, holte fünf Guineen aus der Tasche und sezte sich da, ihm Jedermann mit Ehrerbietung Platz machte, auf dem ihm angebothnen Stuhl. Er fing an unter vielen wohlausgesonnen Flüchen sein Glück zu versuchen. Mir wurde in dieser Gesellschaft Zeit und Weile lang. Ich nahm mir vor zum Zeitvertreibe das Koffeehaus, welches ein ansehnliches Gebäude schien, etwas genauer zu besichtigen. Aber hören Sie, wie ich für diese Neugierde büßen mußte. Ich gehe durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |