Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.dieses mancherlei Vergnügen. Sie wundern sich ohne Zweifel über meine Ausschweifungen: aber was thut man nicht, um in einer Gesellschaft, wo man sich unter einem gewissen Zwange befindet, die Zeit hinzubringen! Doch ich war nicht die einzige Person aus der Gesellschaft, die nicht frei genug war: die meisten andern ließen aus ihren Bezeigen etwas fremdes und ungewöhnliches hervor blicken. Einige schienen zurückhaltend, sie dachten alles, wie der Papogey, der nicht reden konnte, und spielten stumme Personen. Andere, die sprechen wollten, wogen jedes Wort auf der Goldwaage ab, als wann sie Leib und Lebensgefahr davon zu befürchten hätten. Mich befremdete dieses sonderbare eben nicht; ich hatte es schon vermuthet. Nothwendig mußte das neue Bündniß der Freundschaft zweier der vornehmsten Glieder einer geschwornen Gesellschaft als diese war, die durch einen unglücklichen Zwist bald wäre getrennt worden, wunderbare Erscheinungen hervor bringen. Alle nahmen gewissermaßen Theil daran. Ich bemerkte, daß einige ganz dieses mancherlei Vergnügen. Sie wundern sich ohne Zweifel über meine Ausschweifungen: aber was thut man nicht, um in einer Gesellschaft, wo man sich unter einem gewissen Zwange befindet, die Zeit hinzubringen! Doch ich war nicht die einzige Person aus der Gesellschaft, die nicht frei genug war: die meisten andern ließen aus ihren Bezeigen etwas fremdes und ungewöhnliches hervor blicken. Einige schienen zurückhaltend, sie dachten alles, wie der Papogey, der nicht reden konnte, und spielten stumme Personen. Andere, die sprechen wollten, wogen jedes Wort auf der Goldwaage ab, als wann sie Leib und Lebensgefahr davon zu befürchten hätten. Mich befremdete dieses sonderbare eben nicht; ich hatte es schon vermuthet. Nothwendig mußte das neue Bündniß der Freundschaft zweier der vornehmsten Glieder einer geschwornen Gesellschaft als diese war, die durch einen unglücklichen Zwist bald wäre getrennt worden, wunderbare Erscheinungen hervor bringen. Alle nahmen gewissermaßen Theil daran. Ich bemerkte, daß einige ganz <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0242" n="240"/> dieses mancherlei Vergnügen. Sie wundern sich ohne Zweifel über meine Ausschweifungen: aber was thut man nicht, um in einer Gesellschaft, wo man sich unter einem gewissen Zwange befindet, die Zeit hinzubringen! Doch ich war nicht die einzige Person aus der Gesellschaft, die nicht frei genug war: die meisten andern ließen aus ihren Bezeigen etwas fremdes und ungewöhnliches hervor blicken. Einige schienen zurückhaltend, sie dachten alles, wie der Papogey, der nicht reden konnte, und spielten stumme Personen. Andere, die sprechen wollten, wogen jedes Wort auf der Goldwaage ab, als wann sie Leib und Lebensgefahr davon zu befürchten hätten. Mich befremdete dieses sonderbare eben nicht; ich hatte es schon vermuthet. Nothwendig mußte das neue Bündniß der Freundschaft zweier der vornehmsten Glieder einer geschwornen Gesellschaft als diese war, die durch einen unglücklichen Zwist bald wäre getrennt worden, wunderbare Erscheinungen hervor bringen. Alle nahmen gewissermaßen Theil daran. Ich bemerkte, daß einige ganz </p> </div> </body> </text> </TEI> [240/0242]
dieses mancherlei Vergnügen. Sie wundern sich ohne Zweifel über meine Ausschweifungen: aber was thut man nicht, um in einer Gesellschaft, wo man sich unter einem gewissen Zwange befindet, die Zeit hinzubringen! Doch ich war nicht die einzige Person aus der Gesellschaft, die nicht frei genug war: die meisten andern ließen aus ihren Bezeigen etwas fremdes und ungewöhnliches hervor blicken. Einige schienen zurückhaltend, sie dachten alles, wie der Papogey, der nicht reden konnte, und spielten stumme Personen. Andere, die sprechen wollten, wogen jedes Wort auf der Goldwaage ab, als wann sie Leib und Lebensgefahr davon zu befürchten hätten. Mich befremdete dieses sonderbare eben nicht; ich hatte es schon vermuthet. Nothwendig mußte das neue Bündniß der Freundschaft zweier der vornehmsten Glieder einer geschwornen Gesellschaft als diese war, die durch einen unglücklichen Zwist bald wäre getrennt worden, wunderbare Erscheinungen hervor bringen. Alle nahmen gewissermaßen Theil daran. Ich bemerkte, daß einige ganz
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |