Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

konnte ich es noch weniger, darüber hätte ich mich zu Tode gegrämet. Uebersehen Sie also eine Unternehmung, die an sich nicht strafbar ist, wenn sie sich auch nicht vollkommen rechtfertigen läßt. Ich ergreife die Feder, Ihnen die Empfindungen meines Herzens bekannt zu machen, und meine Zaghaftigkeit verließ mich den Augenblick bey diesem glücklichen Entschlusse. Ich habe zwei Werkzeuge, die ich nie anders als mit dem Vorsatze ergreife, zu siegen oder zu sterben, den Degen gegen die Feinde des Königs und meiner Ehre, und die Feder bei der Liebe. Diese ergreife ich jetzo zum ersten mal in der Absicht, und von ihnen hängt es ab, welches Schicksal ich zu erwarten habe. Der glückliche Tag, den ich, so oft er in Zukunft wieder kommt, als einen Festtag feiern werde, der glückliche Tag, an welchen ich das erste mal Sie zu sehen die Ehre hatte, machte mir alle die Vorzüge sichtbar, in welchen Sie zur Ehre des schönen Geschlechts prangen. Dieser erste Augenblick, der mich gegen Sie in Bewundrung setzte, entzog mir auch meine

konnte ich es noch weniger, darüber hätte ich mich zu Tode gegrämet. Uebersehen Sie also eine Unternehmung, die an sich nicht strafbar ist, wenn sie sich auch nicht vollkommen rechtfertigen läßt. Ich ergreife die Feder, Ihnen die Empfindungen meines Herzens bekannt zu machen, und meine Zaghaftigkeit verließ mich den Augenblick bey diesem glücklichen Entschlusse. Ich habe zwei Werkzeuge, die ich nie anders als mit dem Vorsatze ergreife, zu siegen oder zu sterben, den Degen gegen die Feinde des Königs und meiner Ehre, und die Feder bei der Liebe. Diese ergreife ich jetzo zum ersten mal in der Absicht, und von ihnen hängt es ab, welches Schicksal ich zu erwarten habe. Der glückliche Tag, den ich, so oft er in Zukunft wieder kommt, als einen Festtag feiern werde, der glückliche Tag, an welchen ich das erste mal Sie zu sehen die Ehre hatte, machte mir alle die Vorzüge sichtbar, in welchen Sie zur Ehre des schönen Geschlechts prangen. Dieser erste Augenblick, der mich gegen Sie in Bewundrung setzte, entzog mir auch meine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0261" n="259"/>
konnte ich es noch weniger, darüber hätte ich mich zu Tode gegrämet. Uebersehen Sie also eine Unternehmung, die an sich nicht strafbar ist, wenn sie sich auch nicht vollkommen rechtfertigen läßt. Ich ergreife die Feder, Ihnen die Empfindungen meines Herzens bekannt zu machen, und meine Zaghaftigkeit verließ mich den Augenblick bey diesem glücklichen Entschlusse. Ich habe zwei Werkzeuge, die ich nie anders als mit dem Vorsatze ergreife, zu siegen oder zu sterben, den Degen gegen die Feinde des Königs und meiner Ehre, und die Feder bei der Liebe. Diese ergreife ich jetzo zum ersten mal in der Absicht, und von ihnen hängt es ab, welches Schicksal ich zu erwarten habe. Der glückliche Tag, den ich, so oft er in Zukunft wieder kommt, als einen Festtag feiern werde, der glückliche Tag, an welchen ich das erste mal Sie zu sehen die Ehre hatte, machte mir alle die Vorzüge sichtbar, in welchen Sie zur Ehre des schönen Geschlechts prangen. Dieser erste Augenblick, der mich gegen Sie in Bewundrung setzte, entzog mir auch meine
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0261] konnte ich es noch weniger, darüber hätte ich mich zu Tode gegrämet. Uebersehen Sie also eine Unternehmung, die an sich nicht strafbar ist, wenn sie sich auch nicht vollkommen rechtfertigen läßt. Ich ergreife die Feder, Ihnen die Empfindungen meines Herzens bekannt zu machen, und meine Zaghaftigkeit verließ mich den Augenblick bey diesem glücklichen Entschlusse. Ich habe zwei Werkzeuge, die ich nie anders als mit dem Vorsatze ergreife, zu siegen oder zu sterben, den Degen gegen die Feinde des Königs und meiner Ehre, und die Feder bei der Liebe. Diese ergreife ich jetzo zum ersten mal in der Absicht, und von ihnen hängt es ab, welches Schicksal ich zu erwarten habe. Der glückliche Tag, den ich, so oft er in Zukunft wieder kommt, als einen Festtag feiern werde, der glückliche Tag, an welchen ich das erste mal Sie zu sehen die Ehre hatte, machte mir alle die Vorzüge sichtbar, in welchen Sie zur Ehre des schönen Geschlechts prangen. Dieser erste Augenblick, der mich gegen Sie in Bewundrung setzte, entzog mir auch meine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/261
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/261>, abgerufen am 22.11.2024.