Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.Salmonet. Glauben sie nicht, ehrwürdiger Freund, daß ich sie beleidigen will, entfernt von mir sei eine so tadelhafte Absicht! Ich werde sie vielmehr selbst unter der Last der Sättel hoch schätzen. Ich thue nichts, als was die größten Helden der alten und neuern Zeiten vor mir gethan haben, ich verfahre mit ihnen nach raison de guerre. Ein General, der ein Volk in seiner Gewalt hat, läßt sich von solchem alle Unterstützung und Hülfe zu Erhaltung seines Endzwecks, das ist, zu Beförderung seiner Progressen reichen, die er nur aufbringen kann. Er ist berechtiget mit militärischer Execution diese Hülfleistung zu erzwingen, ohne daß er deswegen ein Feind ist, er kann (bei alledem) sogar ein Freund und Bundsgenosse seyn. Was thue ich anders? Sie sind in meiner Gewalt, ich verlange eine kleine Gefälligkeit von ihnen, die sie mir auch leicht erweisen können, sie verweigern mir solche: ich bediene mich also meiner Macht, die mir die Kriegsgesetze erlauben, meinen Endzweck zu erreichen. Ich bin aber keinesweges ihr Salmonet. Glauben sie nicht, ehrwürdiger Freund, daß ich sie beleidigen will, entfernt von mir sei eine so tadelhafte Absicht! Ich werde sie vielmehr selbst unter der Last der Sättel hoch schätzen. Ich thue nichts, als was die größten Helden der alten und neuern Zeiten vor mir gethan haben, ich verfahre mit ihnen nach raison de guerre. Ein General, der ein Volk in seiner Gewalt hat, läßt sich von solchem alle Unterstützung und Hülfe zu Erhaltung seines Endzwecks, das ist, zu Beförderung seiner Progressen reichen, die er nur aufbringen kann. Er ist berechtiget mit militärischer Execution diese Hülfleistung zu erzwingen, ohne daß er deswegen ein Feind ist, er kann (bei alledem) sogar ein Freund und Bundsgenosse seyn. Was thue ich anders? Sie sind in meiner Gewalt, ich verlange eine kleine Gefälligkeit von ihnen, die sie mir auch leicht erweisen können, sie verweigern mir solche: ich bediene mich also meiner Macht, die mir die Kriegsgesetze erlauben, meinen Endzweck zu erreichen. Ich bin aber keinesweges ihr <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0330" n="328"/> <p><hi rendition="#fr">Salmonet</hi>. Glauben sie nicht, ehrwürdiger Freund, daß ich sie beleidigen will, entfernt von mir sei eine so tadelhafte Absicht! Ich werde sie vielmehr selbst unter der Last der Sättel hoch schätzen. Ich thue nichts, als was die größten Helden der alten und neuern Zeiten vor mir gethan haben, ich verfahre mit ihnen nach <hi rendition="#aq">raison de guerre</hi>. Ein General, der ein Volk in seiner Gewalt hat, läßt sich von solchem alle Unterstützung und Hülfe zu Erhaltung seines Endzwecks, das ist, zu Beförderung seiner Progressen reichen, die er nur aufbringen kann. Er ist berechtiget mit militärischer Execution diese Hülfleistung zu erzwingen, ohne daß er deswegen ein Feind ist, er kann (bei alledem) sogar ein Freund und Bundsgenosse seyn. Was thue ich anders? Sie sind in meiner Gewalt, ich verlange eine kleine Gefälligkeit von ihnen, die sie mir auch leicht erweisen können, sie verweigern mir solche: ich bediene mich also meiner Macht, die mir die Kriegsgesetze erlauben, meinen Endzweck zu erreichen. Ich bin aber keinesweges ihr </p> </div> </body> </text> </TEI> [328/0330]
Salmonet. Glauben sie nicht, ehrwürdiger Freund, daß ich sie beleidigen will, entfernt von mir sei eine so tadelhafte Absicht! Ich werde sie vielmehr selbst unter der Last der Sättel hoch schätzen. Ich thue nichts, als was die größten Helden der alten und neuern Zeiten vor mir gethan haben, ich verfahre mit ihnen nach raison de guerre. Ein General, der ein Volk in seiner Gewalt hat, läßt sich von solchem alle Unterstützung und Hülfe zu Erhaltung seines Endzwecks, das ist, zu Beförderung seiner Progressen reichen, die er nur aufbringen kann. Er ist berechtiget mit militärischer Execution diese Hülfleistung zu erzwingen, ohne daß er deswegen ein Feind ist, er kann (bei alledem) sogar ein Freund und Bundsgenosse seyn. Was thue ich anders? Sie sind in meiner Gewalt, ich verlange eine kleine Gefälligkeit von ihnen, die sie mir auch leicht erweisen können, sie verweigern mir solche: ich bediene mich also meiner Macht, die mir die Kriegsgesetze erlauben, meinen Endzweck zu erreichen. Ich bin aber keinesweges ihr
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