Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.eine Zeitlang angenommenen Männern nennte. Mich dünkt, wenn Sie doch ja nie Henriette Byron seyn sollen: so würde er eher dem Greville ähnlich seyn; doch wer weiß, wie viele Rollen mein Oncle und der Magister diesem guten Manne aus dem Grandison noch spielen lassen. Ich glaube ganz gewiß, mein Oncle hat einen ungegründeten und recht bösen Verdacht auf den Major geworfen; die Vergleichung des Magisters, bringt mich auf diese Gedanken; er siehet aber die Sache nicht recht ein. Die Gefälligkeiten des Majors gegen die Frau v. W. haben etwas ganz anderes zum Gegenstande. Er hütet sich, die Dame zu beleidigen, damit sie ihm nicht den Zutritt zu ihrer Fräulein Tochter versagen soll. Warum will sich denn der Mann durchaus ein Verdienst bey Ihnen machen? Die täglichen Visiten - die haben etwas mehr als Familienangelegenheiten zu bedeuten, diese würden keine täglichen Conferenzen erfordern; aber der Argwohn meines Oncles ist lächerlich. Geben Sie nur Achtung, mein Kind, ob nicht der Major eine Zeitlang angenommenen Männern nennte. Mich dünkt, wenn Sie doch ja nie Henriette Byron seyn sollen: so würde er eher dem Greville ähnlich seyn; doch wer weiß, wie viele Rollen mein Oncle und der Magister diesem guten Manne aus dem Grandison noch spielen lassen. Ich glaube ganz gewiß, mein Oncle hat einen ungegründeten und recht bösen Verdacht auf den Major geworfen; die Vergleichung des Magisters, bringt mich auf diese Gedanken; er siehet aber die Sache nicht recht ein. Die Gefälligkeiten des Majors gegen die Frau v. W. haben etwas ganz anderes zum Gegenstande. Er hütet sich, die Dame zu beleidigen, damit sie ihm nicht den Zutritt zu ihrer Fräulein Tochter versagen soll. Warum will sich denn der Mann durchaus ein Verdienst bey Ihnen machen? Die täglichen Visiten – die haben etwas mehr als Familienangelegenheiten zu bedeuten, diese würden keine täglichen Conferenzen erfordern; aber der Argwohn meines Oncles ist lächerlich. Geben Sie nur Achtung, mein Kind, ob nicht der Major <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="49"/> eine Zeitlang angenommenen Männern nennte. Mich dünkt, wenn Sie doch ja nie Henriette Byron seyn sollen: so würde er eher dem Greville ähnlich seyn; doch wer weiß, wie viele Rollen mein Oncle und der Magister diesem guten Manne aus dem Grandison noch spielen lassen. Ich glaube ganz gewiß, mein Oncle hat einen ungegründeten und recht bösen Verdacht auf den Major geworfen; die Vergleichung des Magisters, bringt mich auf diese Gedanken; er siehet aber die Sache nicht recht ein. Die Gefälligkeiten des Majors gegen die Frau v. W. haben etwas ganz anderes zum Gegenstande. Er hütet sich, die Dame zu beleidigen, damit sie ihm nicht den Zutritt zu ihrer Fräulein Tochter versagen soll. Warum will sich denn der Mann durchaus ein Verdienst bey Ihnen machen? Die täglichen Visiten – die haben etwas mehr als Familienangelegenheiten zu bedeuten, diese würden keine täglichen Conferenzen erfordern; aber der Argwohn meines Oncles ist lächerlich. Geben Sie nur Achtung, mein Kind, ob nicht der Major </p> </div> </body> </text> </TEI> [49/0051]
eine Zeitlang angenommenen Männern nennte. Mich dünkt, wenn Sie doch ja nie Henriette Byron seyn sollen: so würde er eher dem Greville ähnlich seyn; doch wer weiß, wie viele Rollen mein Oncle und der Magister diesem guten Manne aus dem Grandison noch spielen lassen. Ich glaube ganz gewiß, mein Oncle hat einen ungegründeten und recht bösen Verdacht auf den Major geworfen; die Vergleichung des Magisters, bringt mich auf diese Gedanken; er siehet aber die Sache nicht recht ein. Die Gefälligkeiten des Majors gegen die Frau v. W. haben etwas ganz anderes zum Gegenstande. Er hütet sich, die Dame zu beleidigen, damit sie ihm nicht den Zutritt zu ihrer Fräulein Tochter versagen soll. Warum will sich denn der Mann durchaus ein Verdienst bey Ihnen machen? Die täglichen Visiten – die haben etwas mehr als Familienangelegenheiten zu bedeuten, diese würden keine täglichen Conferenzen erfordern; aber der Argwohn meines Oncles ist lächerlich. Geben Sie nur Achtung, mein Kind, ob nicht der Major
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