Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.da ich mich noch gar wohl erinnere, daß ich Ihnen bei dem Herrn v. W. erzählte, wie manchen braven Kerl ich das Lebenslicht ausgeblasen habe, und daß ich sogar einen meiner Gegner, der für Schrecken zum Fenster hinaus sprang, zwischen Himmel und Erde, nicht anders als ein Vogel in der Luft, erlegt habe. Ich würde mit Ihnen gewiß auch kurz Federlesen machen, und nicht das geringste Bedenken haben, mich noch einmal herum zu schlagen: wenn ich nicht nach der Zeit verständiger worden wäre, und nunmehro einsähe, daß der Zweikampf eine alte gothische und barbarische Gewohnheit ist, welche man mehr zu unterdrücken als aufrecht zu erhalten verbunden ist. Lesen Sie Herr Gevatter Grandisons Leben; so werden Ihnen die Augen aufgehen, und Sie werden erkennen, daß ein solcher unchristlicher und abentheuerlicher Gebrauch anfängt, aus der Mode zu kommen, seitdem vernünftige Männer einen bessern Weg gefunden haben, ohne Blutvergießen, ihre Händel durch gütliche Vergleiche beizulegen. Mit einem Worte, da ich mich noch gar wohl erinnere, daß ich Ihnen bei dem Herrn v. W. erzählte, wie manchen braven Kerl ich das Lebenslicht ausgeblasen habe, und daß ich sogar einen meiner Gegner, der für Schrecken zum Fenster hinaus sprang, zwischen Himmel und Erde, nicht anders als ein Vogel in der Luft, erlegt habe. Ich würde mit Ihnen gewiß auch kurz Federlesen machen, und nicht das geringste Bedenken haben, mich noch einmal herum zu schlagen: wenn ich nicht nach der Zeit verständiger worden wäre, und nunmehro einsähe, daß der Zweikampf eine alte gothische und barbarische Gewohnheit ist, welche man mehr zu unterdrücken als aufrecht zu erhalten verbunden ist. Lesen Sie Herr Gevatter Grandisons Leben; so werden Ihnen die Augen aufgehen, und Sie werden erkennen, daß ein solcher unchristlicher und abentheuerlicher Gebrauch anfängt, aus der Mode zu kommen, seitdem vernünftige Männer einen bessern Weg gefunden haben, ohne Blutvergießen, ihre Händel durch gütliche Vergleiche beizulegen. Mit einem Worte, <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0068" n="66"/> da ich mich noch gar wohl erinnere, daß ich Ihnen bei dem Herrn v. W. erzählte, wie manchen braven Kerl ich das Lebenslicht ausgeblasen habe, und daß ich sogar einen meiner Gegner, der für Schrecken zum Fenster hinaus sprang, zwischen Himmel und Erde, nicht anders als ein Vogel in der Luft, erlegt habe. Ich würde mit Ihnen gewiß auch kurz Federlesen machen, und nicht das geringste Bedenken haben, mich noch einmal herum zu schlagen: wenn ich nicht nach der Zeit verständiger worden wäre, und nunmehro einsähe, daß der Zweikampf eine alte gothische und barbarische Gewohnheit ist, welche man mehr zu unterdrücken als aufrecht zu erhalten verbunden ist. Lesen Sie Herr Gevatter Grandisons Leben; so werden Ihnen die Augen aufgehen, und Sie werden erkennen, daß ein solcher unchristlicher und abentheuerlicher Gebrauch anfängt, aus der Mode zu kommen, seitdem vernünftige Männer einen bessern Weg gefunden haben, ohne Blutvergießen, ihre Händel durch gütliche Vergleiche beizulegen. Mit einem Worte, </p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0068]
da ich mich noch gar wohl erinnere, daß ich Ihnen bei dem Herrn v. W. erzählte, wie manchen braven Kerl ich das Lebenslicht ausgeblasen habe, und daß ich sogar einen meiner Gegner, der für Schrecken zum Fenster hinaus sprang, zwischen Himmel und Erde, nicht anders als ein Vogel in der Luft, erlegt habe. Ich würde mit Ihnen gewiß auch kurz Federlesen machen, und nicht das geringste Bedenken haben, mich noch einmal herum zu schlagen: wenn ich nicht nach der Zeit verständiger worden wäre, und nunmehro einsähe, daß der Zweikampf eine alte gothische und barbarische Gewohnheit ist, welche man mehr zu unterdrücken als aufrecht zu erhalten verbunden ist. Lesen Sie Herr Gevatter Grandisons Leben; so werden Ihnen die Augen aufgehen, und Sie werden erkennen, daß ein solcher unchristlicher und abentheuerlicher Gebrauch anfängt, aus der Mode zu kommen, seitdem vernünftige Männer einen bessern Weg gefunden haben, ohne Blutvergießen, ihre Händel durch gütliche Vergleiche beizulegen. Mit einem Worte,
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