Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.rufen, wenn er meiner Mutter etwas zu sagen hat. Was ist es doch für eine elende Gemüthsberuhigung für ein paar Eheleute, die gegen einander aufgebracht sind, wenn sie miteinander eine Zeitlang schmollen; da sie doch zum Voraus sehen, daß sie sich gewiß wieder aussöhnen müssen, wenn sie nicht für ihre übrige Lebenszeit unglücklich seyn wollen. Ich bin versichert, daß mein Vater und seine Gemahlin, ihre Aussöhnung wünschen; aber keines will einen Durchbruch machen, und dem andern das erste gute Wort geben. Ich will von diesen verdrüßlichen Dingen nichts mehr gedenken, mein angefüllter Bogen erinnert mich an etwas angenehmers, dieses bestehet darinne: daß ich die Ehre habe mit einer unverletzlichen Freundschaft gegen Sie zu verharren Dero ergebenste Dienerin Juliane v. W. rufen, wenn er meiner Mutter etwas zu sagen hat. Was ist es doch für eine elende Gemüthsberuhigung für ein paar Eheleute, die gegen einander aufgebracht sind, wenn sie miteinander eine Zeitlang schmollen; da sie doch zum Voraus sehen, daß sie sich gewiß wieder aussöhnen müssen, wenn sie nicht für ihre übrige Lebenszeit unglücklich seyn wollen. Ich bin versichert, daß mein Vater und seine Gemahlin, ihre Aussöhnung wünschen; aber keines will einen Durchbruch machen, und dem andern das erste gute Wort geben. Ich will von diesen verdrüßlichen Dingen nichts mehr gedenken, mein angefüllter Bogen erinnert mich an etwas angenehmers, dieses bestehet darinne: daß ich die Ehre habe mit einer unverletzlichen Freundschaft gegen Sie zu verharren Dero ergebenste Dienerin Juliane v. W. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="82"/> rufen, wenn er meiner Mutter etwas zu sagen hat. Was ist es doch für eine elende Gemüthsberuhigung für ein paar Eheleute, die gegen einander aufgebracht sind, wenn sie miteinander eine Zeitlang schmollen; da sie doch zum Voraus sehen, daß sie sich gewiß wieder aussöhnen müssen, wenn sie nicht für ihre übrige Lebenszeit unglücklich seyn wollen. Ich bin versichert, daß mein Vater und seine Gemahlin, ihre Aussöhnung wünschen; aber keines will einen Durchbruch machen, und dem andern das erste gute Wort geben. Ich will von diesen verdrüßlichen Dingen nichts mehr gedenken, mein angefüllter Bogen erinnert mich an etwas angenehmers, dieses bestehet darinne: daß ich die Ehre habe mit einer unverletzlichen Freundschaft gegen Sie zu verharren</p> <closer> <salute><hi rendition="#fr">Dero</hi><lb/> ergebenste Dienerin<lb/><hi rendition="#fr">Juliane v. W.</hi></salute> </closer> </div> </body> </text> </TEI> [82/0084]
rufen, wenn er meiner Mutter etwas zu sagen hat. Was ist es doch für eine elende Gemüthsberuhigung für ein paar Eheleute, die gegen einander aufgebracht sind, wenn sie miteinander eine Zeitlang schmollen; da sie doch zum Voraus sehen, daß sie sich gewiß wieder aussöhnen müssen, wenn sie nicht für ihre übrige Lebenszeit unglücklich seyn wollen. Ich bin versichert, daß mein Vater und seine Gemahlin, ihre Aussöhnung wünschen; aber keines will einen Durchbruch machen, und dem andern das erste gute Wort geben. Ich will von diesen verdrüßlichen Dingen nichts mehr gedenken, mein angefüllter Bogen erinnert mich an etwas angenehmers, dieses bestehet darinne: daß ich die Ehre habe mit einer unverletzlichen Freundschaft gegen Sie zu verharren
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