hatte ich vergessen, daß der Herr Pfarr auf der Canzel stund, fing dahero mitten unter der Predigt mir lauter Stimme an den Choral zu singen, bis ich meinen Irrthum, mit großer Bestürzung, inne wurde, und hernach, wegen dieses Naturfehlers vieles ausstehen mußte. Das paßiret mir oftmals, wenn ich gar nicht mit dem Kopfe arbeite, geschweige wenn ich Briefe schreiben oder etwas anders aus dem Kopfe machen soll, wenn ich drei oder vier Zeilen zusammen gesetzt habe, so bin ich so müde, als wenn ich zur Frohne hätte dreschen müssen. Die gemeinen Leute wollen es nicht glauben, daß unser einer auch sein Pfund auf sich hat, und nicht spazieren gehet. Der Kirchvater Kleinmann war neulich bei mir, da sprachen wir eins und das andere, von ungefähr kamen wir auch auf die Schuldiener zu reden. Herr Cantor, sagte der Tölpel, er hat ja wohl seine gute Sache, wenn unser einer auf der Straße liegen und auf der Kriegsvorspanne sich von den Soldaten muß Rippenstöße geben lassen,
hatte ich vergessen, daß der Herr Pfarr auf der Canzel stund, fing dahero mitten unter der Predigt mir lauter Stimme an den Choral zu singen, bis ich meinen Irrthum, mit großer Bestürzung, inne wurde, und hernach, wegen dieses Naturfehlers vieles ausstehen mußte. Das paßiret mir oftmals, wenn ich gar nicht mit dem Kopfe arbeite, geschweige wenn ich Briefe schreiben oder etwas anders aus dem Kopfe machen soll, wenn ich drei oder vier Zeilen zusammen gesetzt habe, so bin ich so müde, als wenn ich zur Frohne hätte dreschen müssen. Die gemeinen Leute wollen es nicht glauben, daß unser einer auch sein Pfund auf sich hat, und nicht spazieren gehet. Der Kirchvater Kleinmann war neulich bei mir, da sprachen wir eins und das andere, von ungefähr kamen wir auch auf die Schuldiener zu reden. Herr Cantor, sagte der Tölpel, er hat ja wohl seine gute Sache, wenn unser einer auf der Straße liegen und auf der Kriegsvorspanne sich von den Soldaten muß Rippenstöße geben lassen,
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0212"n="210"/>
hatte ich vergessen, daß der Herr Pfarr auf der Canzel stund, fing dahero mitten unter der Predigt mir lauter Stimme an den Choral zu singen, bis ich meinen Irrthum, mit großer Bestürzung, inne wurde, und hernach, wegen dieses Naturfehlers vieles ausstehen mußte. Das paßiret mir oftmals, wenn ich gar nicht mit dem Kopfe arbeite, geschweige wenn ich Briefe schreiben oder etwas anders aus dem Kopfe machen soll, wenn ich drei oder vier Zeilen zusammen gesetzt habe, so bin ich so müde, als wenn ich zur Frohne hätte dreschen müssen. Die gemeinen Leute wollen es nicht glauben, daß unser einer auch sein Pfund auf sich hat, und nicht spazieren gehet. Der Kirchvater Kleinmann war neulich bei mir, da sprachen wir eins und das andere, von ungefähr kamen wir auch auf die Schuldiener zu reden. Herr Cantor, sagte der Tölpel, er hat ja wohl seine gute Sache, wenn unser einer auf der Straße liegen und auf der Kriegsvorspanne sich von den Soldaten muß Rippenstöße geben lassen,
</p></div></body></text></TEI>
[210/0212]
hatte ich vergessen, daß der Herr Pfarr auf der Canzel stund, fing dahero mitten unter der Predigt mir lauter Stimme an den Choral zu singen, bis ich meinen Irrthum, mit großer Bestürzung, inne wurde, und hernach, wegen dieses Naturfehlers vieles ausstehen mußte. Das paßiret mir oftmals, wenn ich gar nicht mit dem Kopfe arbeite, geschweige wenn ich Briefe schreiben oder etwas anders aus dem Kopfe machen soll, wenn ich drei oder vier Zeilen zusammen gesetzt habe, so bin ich so müde, als wenn ich zur Frohne hätte dreschen müssen. Die gemeinen Leute wollen es nicht glauben, daß unser einer auch sein Pfund auf sich hat, und nicht spazieren gehet. Der Kirchvater Kleinmann war neulich bei mir, da sprachen wir eins und das andere, von ungefähr kamen wir auch auf die Schuldiener zu reden. Herr Cantor, sagte der Tölpel, er hat ja wohl seine gute Sache, wenn unser einer auf der Straße liegen und auf der Kriegsvorspanne sich von den Soldaten muß Rippenstöße geben lassen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/212>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.