Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Jugend, es ist ehrwürdiger, ja es ist überhaupt vollkommener, als das, was noch jung ist, oder doch noch nicht lange gedauret hat, aus dieser Ursache muß es also billig höher geschätzt werden, als die Jugend. Man siehet unter andern dieses auch an dem alten Gelde, solches stehet in viel größerm Werth als das neue; der alte Wein wird jederzeit dem jungen vorgezogen; die alte Liebe rostet nicht, nach dem bekannten Sprichworte, das ist, sie verlöscht niemals ganz und gar, sondern glimmet immer fort wie das Feuer unter der Asche. Weil nun das Alter so ehrwürdig ist, so darf es niemanden verdacht werden, wenn man diejenigen Dinge, welche alt sind, und von unsern Vorfahren herstammen, besonders hochschätzt, sie oft betrachtet, und ihr Andenken zu erhalten suchet. Da nun das hochadliche Gerichtsdorf Dürrenstein, einen besondern reichen Schatz von alten Ueberbleibseln und merkwürdigen Dingen aufzuweisen hat: so habe ich mir keine Mühe verdrüßen lassen, von allen diesen Dingen genaue Erkundigung

Jugend, es ist ehrwürdiger, ja es ist überhaupt vollkommener, als das, was noch jung ist, oder doch noch nicht lange gedauret hat, aus dieser Ursache muß es also billig höher geschätzt werden, als die Jugend. Man siehet unter andern dieses auch an dem alten Gelde, solches stehet in viel größerm Werth als das neue; der alte Wein wird jederzeit dem jungen vorgezogen; die alte Liebe rostet nicht, nach dem bekannten Sprichworte, das ist, sie verlöscht niemals ganz und gar, sondern glimmet immer fort wie das Feuer unter der Asche. Weil nun das Alter so ehrwürdig ist, so darf es niemanden verdacht werden, wenn man diejenigen Dinge, welche alt sind, und von unsern Vorfahren herstammen, besonders hochschätzt, sie oft betrachtet, und ihr Andenken zu erhalten suchet. Da nun das hochadliche Gerichtsdorf Dürrenstein, einen besondern reichen Schatz von alten Ueberbleibseln und merkwürdigen Dingen aufzuweisen hat: so habe ich mir keine Mühe verdrüßen lassen, von allen diesen Dingen genaue Erkundigung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0233" n="231"/>
Jugend, es ist ehrwürdiger, ja es ist überhaupt vollkommener, als das, was noch jung ist, oder doch noch nicht lange gedauret hat, aus dieser Ursache muß es also billig höher geschätzt werden, als die Jugend. Man siehet unter andern dieses auch an dem alten Gelde, solches stehet in viel größerm Werth als das neue; der alte Wein wird jederzeit dem jungen vorgezogen; die alte Liebe rostet nicht, nach dem bekannten Sprichworte, das ist, sie verlöscht niemals ganz und gar, sondern glimmet immer fort wie das Feuer unter der Asche. Weil nun das Alter so ehrwürdig ist, so darf es niemanden verdacht werden, wenn man diejenigen Dinge, welche alt sind, und von unsern Vorfahren herstammen, besonders hochschätzt, sie oft betrachtet, und ihr Andenken zu erhalten suchet. Da nun das hochadliche Gerichtsdorf Dürrenstein, einen besondern reichen Schatz von alten Ueberbleibseln und merkwürdigen Dingen aufzuweisen hat: so habe ich mir keine Mühe verdrüßen lassen, von allen diesen Dingen genaue Erkundigung
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0233] Jugend, es ist ehrwürdiger, ja es ist überhaupt vollkommener, als das, was noch jung ist, oder doch noch nicht lange gedauret hat, aus dieser Ursache muß es also billig höher geschätzt werden, als die Jugend. Man siehet unter andern dieses auch an dem alten Gelde, solches stehet in viel größerm Werth als das neue; der alte Wein wird jederzeit dem jungen vorgezogen; die alte Liebe rostet nicht, nach dem bekannten Sprichworte, das ist, sie verlöscht niemals ganz und gar, sondern glimmet immer fort wie das Feuer unter der Asche. Weil nun das Alter so ehrwürdig ist, so darf es niemanden verdacht werden, wenn man diejenigen Dinge, welche alt sind, und von unsern Vorfahren herstammen, besonders hochschätzt, sie oft betrachtet, und ihr Andenken zu erhalten suchet. Da nun das hochadliche Gerichtsdorf Dürrenstein, einen besondern reichen Schatz von alten Ueberbleibseln und merkwürdigen Dingen aufzuweisen hat: so habe ich mir keine Mühe verdrüßen lassen, von allen diesen Dingen genaue Erkundigung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/233
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/233>, abgerufen am 07.05.2024.