Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn sie ihnen den Beifall nicht versagen kann, so nimmt sie eine so gezwungene lächelnde Mine an, daß ich daraus deutlich abnehmen kann, daß ihre Gesinnungen gegen mich die sind, die sie ehmals waren. Aus allen diesen Umständen kann ich für mich eben nichts vortheilhaftes schließen, und diese Dinge befremden mich um so mehr, je weniger ich mir etwas vorzuwerfen habe, dadurch ich eine Kaltsinnigkeit verdienet hätte. Da Sie mir nun niemals verbothen haben, Ihre Jungfer Tochter zu lieben, so mache ich daraus den sichern Schluß, daß ich hierzu Ihre Einwilligung erhalten habe, denn qui tacet, consentire videtur, ja Sie haben mich einmal öffentlich auf dem Schlosse allhier, da Sie den Wein mit ausproben halfen, den die fremden Truppen bei ihrer Retirade im Stiche gelassen, mit dem Namen eines Sohnes beehret. Sie werden sich noch zu erinnern belieben, daß Sie einmal sagten: Herr Sohn, wir thun des guten zu viel, ein andermal ein mehreres; ich habe zur Gnüge, lieber

wenn sie ihnen den Beifall nicht versagen kann, so nimmt sie eine so gezwungene lächelnde Mine an, daß ich daraus deutlich abnehmen kann, daß ihre Gesinnungen gegen mich die sind, die sie ehmals waren. Aus allen diesen Umständen kann ich für mich eben nichts vortheilhaftes schließen, und diese Dinge befremden mich um so mehr, je weniger ich mir etwas vorzuwerfen habe, dadurch ich eine Kaltsinnigkeit verdienet hätte. Da Sie mir nun niemals verbothen haben, Ihre Jungfer Tochter zu lieben, so mache ich daraus den sichern Schluß, daß ich hierzu Ihre Einwilligung erhalten habe, denn qui tacet, consentire videtur, ja Sie haben mich einmal öffentlich auf dem Schlosse allhier, da Sie den Wein mit ausproben halfen, den die fremden Truppen bei ihrer Retirade im Stiche gelassen, mit dem Namen eines Sohnes beehret. Sie werden sich noch zu erinnern belieben, daß Sie einmal sagten: Herr Sohn, wir thun des guten zu viel, ein andermal ein mehreres; ich habe zur Gnüge, lieber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="248"/>
wenn sie ihnen den Beifall nicht versagen kann, so nimmt sie eine so gezwungene lächelnde Mine an, daß ich daraus deutlich abnehmen kann, daß ihre Gesinnungen gegen mich die sind, die sie ehmals waren. Aus allen diesen Umständen kann ich für mich eben nichts vortheilhaftes schließen, und diese Dinge befremden mich um so mehr, je weniger ich mir etwas vorzuwerfen habe, dadurch ich eine Kaltsinnigkeit verdienet hätte. Da Sie mir nun niemals verbothen haben, Ihre Jungfer Tochter zu lieben, so mache ich daraus den sichern Schluß, daß ich hierzu Ihre Einwilligung erhalten habe, denn <hi rendition="#aq">qui tacet, consentire videtur</hi>, ja Sie haben mich einmal öffentlich auf dem Schlosse allhier, da Sie den Wein mit ausproben halfen, den die fremden Truppen bei ihrer Retirade im Stiche gelassen, mit dem Namen eines Sohnes beehret. Sie werden sich noch zu erinnern belieben, daß Sie einmal sagten: Herr Sohn, wir thun des guten zu viel, ein andermal ein mehreres; ich habe zur Gnüge, lieber
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0250] wenn sie ihnen den Beifall nicht versagen kann, so nimmt sie eine so gezwungene lächelnde Mine an, daß ich daraus deutlich abnehmen kann, daß ihre Gesinnungen gegen mich die sind, die sie ehmals waren. Aus allen diesen Umständen kann ich für mich eben nichts vortheilhaftes schließen, und diese Dinge befremden mich um so mehr, je weniger ich mir etwas vorzuwerfen habe, dadurch ich eine Kaltsinnigkeit verdienet hätte. Da Sie mir nun niemals verbothen haben, Ihre Jungfer Tochter zu lieben, so mache ich daraus den sichern Schluß, daß ich hierzu Ihre Einwilligung erhalten habe, denn qui tacet, consentire videtur, ja Sie haben mich einmal öffentlich auf dem Schlosse allhier, da Sie den Wein mit ausproben halfen, den die fremden Truppen bei ihrer Retirade im Stiche gelassen, mit dem Namen eines Sohnes beehret. Sie werden sich noch zu erinnern belieben, daß Sie einmal sagten: Herr Sohn, wir thun des guten zu viel, ein andermal ein mehreres; ich habe zur Gnüge, lieber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/250
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/250>, abgerufen am 06.05.2024.