Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.Neigung zum kuriren besitzen sie auch noch die, alles auswendig und innwendig zu begucken, von der Mücke bis zum Elephanten ist alles ihrem anatomischen Messer unterworfen. Alles was Leben und Othem hat und in die Gewalt eines nachforschenden Medici fällt, muß seiner unersättlichen Neugierde zum Opfer dienen, und ist dem Schicksal unterworfen, das die Fliegen haben, wenn sie sich in eine Spinnewebe verwickeln, nur mit dem Unterschiede, daß die Spinnen nicht so erfindungsreich an Martern sind, ihre Feinde umzubringen, als die Aerzte, allerlei Thiere hinzurichten. Was sollte sich nun wohl ein Frauenzimmer zu einem Manne zu versehen haben, der sich ein Vergnügen daraus macht, Menschen und Vieh zu martern? In der That, es gehöret eine große Entschließung dazu, einen Arzt zu lieben, nicht zu gedenken, daß er bei dem geringsten Zwist, oder wenn er es nur sonst rathsam findet, durch ein kleines requiescat in pace sich von seiner Gattin losmachen kann; wenn es ihm nur beliebet, Neigung zum kuriren besitzen sie auch noch die, alles auswendig und innwendig zu begucken, von der Mücke bis zum Elephanten ist alles ihrem anatomischen Messer unterworfen. Alles was Leben und Othem hat und in die Gewalt eines nachforschenden Medici fällt, muß seiner unersättlichen Neugierde zum Opfer dienen, und ist dem Schicksal unterworfen, das die Fliegen haben, wenn sie sich in eine Spinnewebe verwickeln, nur mit dem Unterschiede, daß die Spinnen nicht so erfindungsreich an Martern sind, ihre Feinde umzubringen, als die Aerzte, allerlei Thiere hinzurichten. Was sollte sich nun wohl ein Frauenzimmer zu einem Manne zu versehen haben, der sich ein Vergnügen daraus macht, Menschen und Vieh zu martern? In der That, es gehöret eine große Entschließung dazu, einen Arzt zu lieben, nicht zu gedenken, daß er bei dem geringsten Zwist, oder wenn er es nur sonst rathsam findet, durch ein kleines requiescat in pace sich von seiner Gattin losmachen kann; wenn es ihm nur beliebet, <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0276" n="274"/> Neigung zum kuriren besitzen sie auch noch die, alles auswendig und innwendig zu begucken, von der Mücke bis zum Elephanten ist alles ihrem anatomischen Messer unterworfen. Alles was Leben und Othem hat und in die Gewalt eines nachforschenden Medici fällt, muß seiner unersättlichen Neugierde zum Opfer dienen, und ist dem Schicksal unterworfen, das die Fliegen haben, wenn sie sich in eine Spinnewebe verwickeln, nur mit dem Unterschiede, daß die Spinnen nicht so erfindungsreich an Martern sind, ihre Feinde umzubringen, als die Aerzte, allerlei Thiere hinzurichten. Was sollte sich nun wohl ein Frauenzimmer zu einem Manne zu versehen haben, der sich ein Vergnügen daraus macht, Menschen und Vieh zu martern? In der That, es gehöret eine große Entschließung dazu, einen Arzt zu lieben, nicht zu gedenken, daß er bei dem geringsten Zwist, oder wenn er es nur sonst rathsam findet, durch ein kleines <hi rendition="#aq">requiescat in pace</hi> sich von seiner Gattin losmachen kann; wenn es ihm nur beliebet, </p> </div> </body> </text> </TEI> [274/0276]
Neigung zum kuriren besitzen sie auch noch die, alles auswendig und innwendig zu begucken, von der Mücke bis zum Elephanten ist alles ihrem anatomischen Messer unterworfen. Alles was Leben und Othem hat und in die Gewalt eines nachforschenden Medici fällt, muß seiner unersättlichen Neugierde zum Opfer dienen, und ist dem Schicksal unterworfen, das die Fliegen haben, wenn sie sich in eine Spinnewebe verwickeln, nur mit dem Unterschiede, daß die Spinnen nicht so erfindungsreich an Martern sind, ihre Feinde umzubringen, als die Aerzte, allerlei Thiere hinzurichten. Was sollte sich nun wohl ein Frauenzimmer zu einem Manne zu versehen haben, der sich ein Vergnügen daraus macht, Menschen und Vieh zu martern? In der That, es gehöret eine große Entschließung dazu, einen Arzt zu lieben, nicht zu gedenken, daß er bei dem geringsten Zwist, oder wenn er es nur sonst rathsam findet, durch ein kleines requiescat in pace sich von seiner Gattin losmachen kann; wenn es ihm nur beliebet,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |